Der Vorstandssprecher der Volksbank Kraichgau, Matthias Zander (l.), mit seinen Kollegen Klaus Bieler und Thomas Geier (v.l.). Foto: privat
Von Timo Teufert
Wiesloch. Vier Tage lang hatte die Volksbank Kraichgau Ende November ihr Portal im Internet geöffnet, um die erste volldigitale Vertreterversammlung ihrer Geschichte abzuhalten. Von Montag bis Mittwoch hatten die Vertreter Gelegenheit, zu den einzelnen Tagesordnungspunkten Fragen zu stellen, am Donnerstag wurde dann schließlich abgestimmt. Neben der Wahl von 16 neuen Aufsichtsratsmitgliedern stimmten die Vertreter mehrheitlich auch dem Beschluss zu, 2020 vorerst keine Dividende auszuschütten. Auf Empfehlung der deutschen Bankenaufsicht soll die Entscheidung erst im kommenden Jahr getroffen werden, wenn die Auswirkungen der Corona-Pandemie besser beurteilt werden können. Insgesamt waren 1,15 Millionen Euro für die Dividende vorgesehen.
"Trotz Coronakrise konnten wir bis dato unseren Wachstumskurs der letzten Jahre erfolgreich fortsetzen", berichtete Vorstandssprecher Matthias Zander. Grund dafür sei eine gute Ausgangssituation: "Wir leben in einer Region mit gesunder Kaufkraft und wenig Risikobranchen und sind über unser Kreditportfolio gut aufgestellt", sagte Zander im Gespräch mit der RNZ. Trotz abflachender Wachstumsraten bleibe auch der Immobilienmarkt stabil.
Vor dem Hintergrund der haushaltspolitischen Maßnahmen der Regierung im Rahmen der Corona-Pandemie sei aber auch klar, dass das Zinsniveau niedrig bleibe. "Sparen im klassischen Sinne bleibt weiterhin unattraktiv", sagte Zander. Die Frage sei, welche Anlagen Kunden mit einer langfristigen Strategie wählen. Starker Anker seien dabei die Lebensversicherungen mit Garantiezins. "Wer nicht in Aktien investieren möchte, greift zu Bausparverträgen und Lebensversicherungen." Allein in diesem Jahr habe man deutlich über 60 Millionen Euro mit Lebensversicherungen eingenommen, in den Vorjahren waren es rund 50 Millionen Euro.
Die letzten Monate hat die Genossenschaftsbank zudem genutzt, ihre digitale Infrastruktur massiv auszubauen. Denn: "Wir konnten feststellen, dass mehr Kunden die digitalen Kanäle nutzen und weniger die Filialen Besuchen", so Zander. Die Frequenz in den Zweigstellen habe deutlich abgenommen, vor allem bei den einfachen Bankgeschäften verzeichne man eine abnehmende Tendenz. "Die Nachfrage nach Online-Banking und Karten dagegen hat deutlich zugenommen", berichtete der Vorstandssprecher. Trotzdem bekennt sich Zander zur regionalen Flächenbank mit hoher Filialdichte: "Wir überprüfen jedes Jahr unser Filialnetz nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Unseren Versorgungsauftrag in der Fläche werden wir aber nicht vergessen und behalten auch die älteren Menschen im Blick", versicherte er. Auch wenn man sich nicht aus der Fläche zurückziehen werde: "Tendenziell wird auch unser Filialnetz kleiner werden", so Zander.
Wie die Kunden mit der Bank in Kontakt treten wollen, überlasse man den Wünschen der Kunden. "Videoberatung gab es bislang nur für ein gehobenes Kundensegment", so Zander. Doch mit der Marke "Voba free" richte man sich an alle Kunden und bündle in diesem Bereich die digitale Kompetenz der Genossenschaftsbank. "Die meisten nutzen die Online-Beratung für das Alltägliche, wenn es schnell gehen muss", hat Zander beobachtet. Doch er glaube fest daran, dass dieses Segment noch deutlich gewinnen werde. "Wir öffnen unsere Strukturen Zug um Zug ins Digitale", erläuterte er. Der weitere strategische Aufbau der Digitalsparte beruhe auf den Rückmeldungen, die man von Kunden und Mitarbeitern einhole. Doch nach wie vor bleibt die Regulatorik in diesem Bereich eine Herausforderung.
Etwas einfacher war dies bei der Vertreterversammlung: "Über die Technik hatten wir positive Rückmeldungen von anderen Genossenschaftsbanken bekommen", erklärte Zander. Bei einem so großen Geschäftsgebiet biete eine Online-Vertreterversammlung auch Vorteile. "Aber das persönliche Zusammentreffen passt besser zu einer Genossenschaftsbank." Allerdings gehe der Schutz der Vertreter vor, deshalb habe man sich gegen eine Präsenzversammlung für die 500 Personen entschieden. "Wir hoffen aber, dass wir es nächstes Jahr wieder im persönlichen Kontakt machen können", so Zander.
Dann wird es auch um die Fusion mit der Volksbank Bruhrain-Kraich-Hardt gehen, die zum 1. Januar vollzogen werden und der die Vertreterversammlungen im Mai zustimmen sollen. Bislang laufe der Prozess reibungslos, in den Projektteams sei man schon sehr weit. "Ich gehe davon aus, dass wir den Verschmelzungsvertrag bis Anfang März ausverhandelt haben", sagte Zander. Seit September seien die Arbeitsgruppen dabei, eine neue Organisationsstruktur zu schaffen und über Raumkonzepte nachzudenken. "Ziel ist, die Strukturen und Prozesse beider Häuser auf einen Standard zu bringen." So müssen etwa Preise angeglichen und Übergangslösungen geschaffen werden. "Im Lenkungskreis waren bislang alle Rückmeldungen positiv", berichtete Zander.