Jeder ist bei sich zu Hause und doch gehen alle durch den gleichen Lernprozess: beim Online-Medienworkshop mit Medienpädagogin Janina Wiegand (links oben). Foto: privat
Von Sophia Stoye
Wiesloch. Mal einen eigenen Trickfilm produzieren oder programmieren lernen, ist nichts, was Kinder im Regelfall in der Schule lernen. Weil dahinter aber mehr steckt, als nur vor einem Bildschirm zu sitzen, haben elf Kinder in ihren Faschingsferien genau dazu die Möglichkeit bekommen: von Montag bis zum heutigen Donnerstag bei einem Online-Medienworkshop der Stadtbücherei Wiesloch.
Schon seit mehreren Jahren arbeitet Kursleiterin Janina Wiegand mit der Wieslocher Stadtbibliothek zusammen und organisiert – normalerweise – die Veranstaltungen "Buchheld trifft Ipad", die als Ferienprogramm für Kinder angeboten werden. Coronabedingt kann das dreitägige Präsenz-Angebot diese Ferien nicht stattfinden, weshalb Wiegand nun eine Alternative auf die Beine gestellt hat: ein Online-Mediencamp, in dem Kinder im Alter von zehn bis 13 Jahren vier Tage lang in unterschiedliche Themen reinschnuppern können. Und genau darin liegt auch der Unterschied zur sonst angebotenen Veranstaltung.
Während sich die Kinder bisher bei "Buchreihe trifft Ipad" die ganze Zeit über einer Buchreihe, beispielsweise Harry Potter, widmeten und passend dazu ein gemeinsames digitales Projekt auf die Beine stellten, geht das Online-Mediencamp weniger in die Tiefe – deckt dafür aber mehr Themen ab. Fotografie, Trickfilm und das Programmieren von einem Geschicklichkeitsspiel sowie einem interaktiven Leseabenteuer, bei dem die Kinder den Verlauf der Geschichte selbst bestimmen können, standen in dieser Woche auf dem Plan. "Jeden Tag fangen wir mit einem Theorieteil an und machen dann Schritt für Schritt Übungen", erklärt die Medienpädagogin. So gehen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch den gleichen Prozess – nur eben jeder für sich zu Hause.
"Die Idee ist, dass die Kinder mal selbst in die Rolle von Medienproduzenten schlüpfen", schildert Wiegand. Dafür hat die Medienpädagogin bereits in der Woche vor dem Workshop den Kindern die notwendigen Informationen zukommen lassen und auch während der Veranstaltungswoche erreichen sie freiwillige Aufgaben, die über den Workshop hinausgehen. Denn das Programm ist nur der Grundstart, darüber hinaus können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann für sich weiter experimentieren.
"Zum Beispiel habe ich ein interaktives Leseabenteuer geschrieben, davon bekommen die Kinder täglich ein Kapitel", erzählt die Medienpädagogin, "sozusagen als Vorbereitung für ihr eigenes Leseabenteuer." Das Programmieren sie nämlich heute, an ihrem letzten Tag. Darüber hinaus hat Wiegand die vergangenen Tage auch Knobelaufgaben oder vertiefende Übungsaufgaben zum bereits Gelernten zur Verfügung gestellt – und das alles kostenfrei.
Denn das Online-Mediencamp wird finanziert vom Bundesprogramm "Kultur macht stark", der deutsche Bibliotheksverband schüttet die Fördergelder wiederum an Projekte aus, die das digitale Lesen unterstützen. Ziel dabei ist, Kinder zu erreichen, die sonst keinen Zugang zu Bildung oder kulturellen Angeboten haben. Deshalb kooperiert die Wieslocher Stadtbücherei für solche Angebote mit der Maria-Sibylla-Merian-Grundschule und der Bürgerstiftung Wiesloch, die dabei helfen, bei solchen Kindern das Angebot bekannt zu machen.
Zwar sitzen die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Veranstaltung wie beim Online-Schulunterricht ebenfalls vor ihren Bildschirmen, aber dennoch ist es eine gute Abwechslung, ist die Medienpädagogin überzeugt. "Es ist etwas anderes, ob die Kinder die Medien passiv konsumieren oder aktiv etwas damit lernen." Und das ist nämlich einiges: Neben Kompetenzen zum Bedienen der Medien erreichen die Kinder durch ihr eigenes Tun auch schnell sichtbare Erfolge, was sie in ihrem Selbstbewusstsein stärkt, so Wiegand. "Außerdem lernen sie nicht nur mit der Technik umzugehen, sondern auch die Tricks und Manipulationen von Medien zu entlarven", ergänzt sie. Das führe zu einem bewussteren Umgang mit Medien.