Der Walldorfer Verein „Hilfe zur Selbsthilfe“ hatte die namibische Fußballerin „Mamie“ Kasaona zu Gast, von links: Vereinsvorsitzende Barbara Diehm, Mamie, Annika von Redwitz und Christina Hümmler. Foto: privat
Walldorf. (Kaz) Was hat Fußballspielen mit Frauenrechten zu tun? Eine ganze Menge! Seit 2006 gibt es das Netzwerk "Discover Football", das schon viele internationale Projekte startete und insbesondere Frauen aus Entwicklungsländern darin bestärkt, die Ausübung des ehemaligen "Männersports" als Tor zur Gleichberechtigung zu begreifen. Das weiß auch "Mamie" Kasaona, ehemalige Spielerin in der Fußballfrauennationalmannschaft von Namibia. Sie war kürzlich bei einer Veranstaltung der Organisation in Berlin zu Gast und nutzte den Aufenthalt in Deutschland, um einen Abstecher zum Verein "Hilfe zur Selbsthilfe Walldorf" zu machen. Der Verein unterstützte ihre Fußballschule in Windhoek bereits mit einer Spende in Höhe von 6000 Euro und will künftig Gelder in ähnlicher Höhe locker machen.
Doch der Reihe nach: "Mamie" ist Anfang 30 und kam als Uerikondjera Kasaona in einem kleinen Dorf in Namibia zur Welt. Sie spielte gern mit ihren Brüdern Fußball, doch eigentlich war das für Mädchen tabu. Aus dem Stamm der "Himba" stammend hätte sie schon mit zwölf Jahren verheiratet werden können. Das wollte sie nicht und riss von zu Hause aus.
Sportlich ist sie ihren Weg gegangen, hat ihre Fußballkarriere mithilfe des DFB, des Deutschen Olympischen Sportbunds und des Namibischen Fußballverbands vorangetrieben, nahm an Förderprojekten teil und "kickte" vor einigen Jahren auch mal für die TSG Wilhelmsfeld. Auf die "Hilfe zur Selbsthilfe" oder besser gesagt auf Annika von Redwitz als "Verbindungsfrau" stieß sie über eine Internet-Plattform – und hat damit genau die Richtige getroffen.
Die gebürtige Schwedin musste in ihrer Jugend in den 1970er Jahren selbst noch darum kämpfen, dass Mädchen in Vereinen Fußball spielen konnten. Dann avancierte sie immerhin zur Stürmerin und zur Torschützenkönigin in der Schulmannschaft. "Wir haben uns jetzt das erste Mal gesehen, aber es war gleich eine Seelenverwandtschaft spürbar", so Annika von Redwitz. Von "Mamie" und ihrer natürlichen, witzigen Art und davon, wie sie Geschichten aus ihrer Heimat erzählt, ist sie ganz begeistert. Man muss sich vorstellen: In dem kleinen Dorf in Namibia kickten die Kinder barfuß, besaßen auch keinen Ball aus Leder, sondern bastelten sich einen aus Plastiktüten. Fußballschuhe trug Mamie demnach erstmals, als sie als künftiger Profi entdeckt worden und im Leistungszentrum in Windhoek angekommen war.
Beim Treffen im evangelischen Gemeindesaal in Walldorf erzählt die Fußballerin von ihrer Kindheit und unter anderem davon, dass ihre Mutter sie stets unterstützt hat. Das könnte daran gelegen haben, dass diese früh Witwe wurde und deshalb ein relativ selbstbestimmtes Leben führen konnte. Von Mamie, die ihren Vater schon als Dreijährige verlor, erfahren die Gäste einiges über ihr Dorf in Namibia, warum die Frauen dort Textilien aus "Ziege" tragen und was ihre Perlenketten mit ihrer Kinderschar zu tun haben.
Die Fußballerin ist inzwischen als Lehrerin für Sport und Englisch an einer Schule in Windhoek tätig. Mit ihrer Fußballschule will sie Mädchen und Jungen "von der Straße holen", ihnen eine Perspektive geben und auch für Wettkämpfe fit machen. Momentan kutschiert sie den Nachwuchs noch auf einem offenen "Pick-up" zu den Veranstaltungsorten und träumt von einem Mini-Bus.
Seit über 20 Jahren unterstützt der Verein "Hilfe zur Selbsthilfe" Projekte in rund 30 Ländern. Mehr Infos findet man unter www.hilfe-zur-selbsthilfe-walldorf.de.