Ein Knochenjob, der aber Spaß macht: Natascha Heinzmann und Anna Frey (v.li.) haben mit ihren Familien einige Spargelreihen des Albertushofs in St. Leon-Rot gemietet und stechen ihr königliches Gemüse nun selbst. Foto: Agnieszka Dorn
Von Agnieszka Dorn
St. Leon-Rot/Walldorf. Eigentlich sollten in den letzten Tagen Erntehelfer aus Rumänien auf dem Albertushof in St. Leon-Rot zum Spargelstechen eintreffen. Doch aufgrund der Corona-Pandemie gibt es Probleme mit dem Flug, mehrmals wurde er schon verschoben.
"Die Erntehelfer sollen am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden ankommen", erklärt Erwin-Peter Albert vom Albertushof. Dort erwartet die Arbeitskräfte zunächst ein medizinischer Gesundheitscheck, natürlich vordringlich auf das Corona-Virus. Damit landwirtschaftliche Betriebe die Spargel- beziehungsweise auch die Erdbeerernte nicht verlieren, für die sie Erntehelfer aus osteuropäischen Ländern dringend benötigen, hatte die Bundesregierung das Einreiseverbot aufgehoben. Doch die Umsetzung scheint alles andere als einfach zu sein.
"Wir mussten schon zuvor umdenken", erzählt Erwin-Peter Albert, daher habe man einige Spargelreihen an Privatkunden vermietet. Auf dem Albertushof wird seit Ostern daher Spargel selbst gestochen. Wer eine Reihe gemietet hat, kann den Spargel nach einer kleinen Einweisung vom Albertushof herausholen und so viel mitnehmen, wie vorhanden ist – und wie man schafft. Denn, das wird den Kunden schnell deutlich: Das ist keine einfache Arbeit.
Erwin-Peter Albert. Foto: Agnieszka DornDie Idee kommt gut an, wie Albert berichtet. Mit einiger Erleichterung, denn mit dem Einreisestopp wegen der Corona-Pandemie stand er wie viele andere landwirtschaftliche Betriebe auch vor der Herausforderung, Arbeitskräfte zu finden – für manche Betriebe gilt das nach wie vor. Und die Zeit drängte, die Spargelsaison startete schon Ende März und dauert in der Regel bis Mitte Juni.
Der Albertushof hat aus der Not eine Tugend gemacht und 20 Spargelreihen à 230 Meter an Menschen vermietet, die Lust haben, ihren Spargel selbst zu stechen. "Das macht sehr viel Spaß, aber am Anfang taten alle Knochen weh", erzählt Natascha Heinzmann aus St. Leon-Rot mit einem Augenzwinkern. Das letzte Mal habe sie als Kind mit ihrem Opa Spargel gestochen. Das liege schon eine ganze Weile zurück. Aller Anfang sei bekanntlich schwer, aber sie sei schnell wieder reingekommen und habe die nötige Routine entwickelt.
Foto: Agnieszka DornÄhnlich geht es der St. Leon-Roterin Anna Frey, die ebenfalls als Kind selbst schon den Spargel herausgeholt hat. "Aus dem Spargel entstehen Suppen oder Salate", erzählt sie von ihren Plänen. Und natürlich wird der Spargel auch ganz traditionell verputzt. Beide ernten am Tag um die drei Kilo und wechseln sich dabei mit ihren Familienmitgliedern ab. Ob der Albertushof nach der Corona-Pandemie das "Do-it-Yourself-Spargelstechen" beibehält, steht noch nicht fest.
Ganz anders als in den vergangenen Jahren läuft die Spargelernte auch beim Schinken-, Spargel- und Straußenhof Nauert in Walldorf. Anstatt Arbeitskräfte aus der Slowakei arbeiten nun Deutsche und einige Asylbewerber auf dem Feld. Das Einreisestopp wurde laut Inhaber Lars Krüger nur für Erntehelfer aus Rumänien, aber nicht für die Slowakei aufgehoben. Via dem sozialen Netzwerk Facebook startete Lars Krüger einen Aufruf nach Spargelhelfern, der bis dato 128.690 Mal geteilt wurde und 14.803 Kommentare erhielt.
Er habe letztendlich von 30 ausgesuchten Bewerbungen zwölf Spargelhelfer aus der Region angestellt, so Krüger, von denen allerdings zwei nach einigen Tagen das Handtuch geworfen hätten. Denn Spargelstechen sei eben keine einfache Arbeit, erfordere viel Kraft und werde oftmals unterschätzt. Zu seiner Unterstützung habe die Stadt Walldorf ihm überdies Asylbewerber vermittelt.
Lars Krüger. Foto: Agnieszka DornDie Arbeit startet auf dem Feld nach einer täglichen Besprechung in aller Früh um 6 Uhr und dauert bis 14 Uhr. Trotz frischer Temperaturen um diese Zeit kommen die Erntehelfer mächtig ins Schwitzen. Sie sei eine Weltenbummlerin und es mache ihr unheimlich Spaß, fremde Kulturen und Menschen kennenzulernen, erzählt Carolin Schiller, die bis kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie unter anderem als Yogalehrerin in Asien gearbeitet hat. Weil sie gerade aufgrund der Reisebeschränkungen nicht reisen kann, hat sie den Job auf dem Feld angekommen. "Es ist harte Arbeit und danach fällt man einfach nur auf das Sofa", erzählt sie schmunzelnd. Als eine Art "Test" sieht der 59-jährige Hans-Peter das Spargelstechen.
Er möchte einen Bauernhof kaufen und sehen, ob er dem Kraftaufwand gewachsen ist. Das Spargelstechen sei zwar anstrengend, aber es laufe besser als er dachte, sagt er.
Mit den Erntehelfern zeigte Lars Krüger sich zufrieden, wenngleich sie (noch) nicht die Routine der osteuropäischen Arbeitskräfte hätten, die seit bis zu 20 Jahren für ihn arbeiteten.