Das SAP-Sinfonieorchester begeisterte mit einem magischen Auftritt auf der Walldorfer Seebühne rund 600 Zuhörer mit einer bunten Mischung aus Klassik, Filmmusik und Popsongs. Foto: Pfeifer
Von Kerstin von Splényi
Walldorf. Ein unglaublich tintenblauer Abendhimmel, ein Mond, der aussieht wie ein extra für diesen Anlass platzierter Lampion, Vogelschwärme auf dem Weg zu ihren Schlafbäumen, ein See, dessen Verdunstungskühle die Schwüle erträglicher macht - das sind die Elemente für ein wahrlich magisches Konzerterlebnis.
Unter dem Titel "Magic Sound of Summer Night" hatte das SAP-Sinfonieorchester unter der Leitung von Chefdirigentin Johanna Weitkamp zum Benefizkonzert für das Hospiz Agape eingeladen. Und mehr als 600 Gäste wollten trotz der Rekordtemperaturen im Aqwa in Walldorf dabei sein.
Zu einem perfekten Sommerabend begrüßte Bürgermeisterin Christiane Staab die Gäste. Sie wies darauf hin, dass das Hospiz Agape die Unterstützung vieler Menschen brauche, die bereit sind, etwas zu tun. Für den neuen Aqwa-Leiter Stefan Gottschalk war der Konzertabend ein wunderbarer Einstand, erklärte er selbst in seiner kurzen Vorstellung.
Mit den einleitenden Takten der sinfonischen Dichtung "Also sprach Zarathustra" des Nietzsche-begeisterten Richard Strauss, die schon als Soundtrack zu Stanley Kubricks Film "2001: Odyssee im Weltraum" dienten, eröffnete das auf der Seebühne platzierte SAP-Sinfonieorchester den Abend klanggewaltig. Jedem Cineasten kamen dabei die Bilder von der Weite des Weltraums des bahnbrechenden Science-Fiction-Films aus dem Jahr 1968 in den Sinn.
Mit einem weiteren Kinoklassiker zauberten die Musiker eine monumentale Stimmung an den Badesee. "Conquest of Paradise" aus dem Soundtrack von Ridley Scotts Epos "1492 - Die Eroberung des Paradieses" erlangte erst als Einmarschmusik von Henry Maske bei der Box-WM 1994 Berühmtheit. Bis heute ist die Melodie ein Garant für Gänsehautfeeling.
Mit dem Evergreen "Non ti scordar di me" des neapolitanischen Komponisten Ernesto de Curtis bereicherte Tenor Thomas Kiessling das Konzert. Der Trierer Tenor, der Oper genauso in seinem Repertoire hat wie Operette und geistliche Musik, ist auf den Bühnen dieser Welt von der Carnegie Hall über die Wiener Staatsoper bis hin zur Bregenzer Seebühne zuhause wie auch aus verschiedenen Funk- und Fernsehproduktionen bekannt.
Dass Klassik gar nicht steif sein muss, bewies er mit seinen Interpretationen verschiedener Opernarien. Beim temperamentvollen Trinklied "Brindisi" aus Guiseppe Verdis Oper "La Traviata" lud Kiessling das Publikum zum Mitsingen ein. Tatsächlich stimmten einige Mutige mit ein. Mit der Arie des Canio aus der Oper "Bajazzo" von Ruggero Leoncavallo wagte sich Kiessling nach eigener Aussage an eine Welturaufführung - er sang die Arie "Lache, Bajazzo!" auf Deutsch.
Um dem Tenor die notwendigen Pausen zu verschaffen, kehrten die Musiker immer wieder zu den großen Filmmusiken zurück. Unvergleichlich die kraftvolle Melodie der "Piraten der Karibik" vom damals noch recht unbekannten Klaus Badelt. Man glaubte, dass im nächsten Augenblick Johnny Depp mit seiner "Black Pearl" über den See kommen müsse.
Eine ganz andere Stimmung erzeugt "Deborahs Lied" aus Ennio Morricones Soundtrack zu "Es war einmal in Amerika", einem der letzten Filme von Sergio Leone. Melancholisch wird hier an die goldenen 20er Jahre erinnert und von einer unglücklichen Liebe erzählt.
Der Reigen neapolitanischer Lieder setzte sich mit "Core ’ngrato" von Salvatore Cardillo und "Mattinata" von Ruggero Leoncavallo fort. Wie immer bei den Neapolitanern, erklärte das ehemalige Mitglied des Gesangstrios "Die jungen Tenöre", gehe es um Liebe, Leidenschaft, Tod, Sodom und Gomorrha.
Steuerte Arien und neapolitanische Lieder bei: Thomas Kiessling. Foto: von Splényi
Den gesanglichen Höhepunkt der Opernarien setzte Kiessling mit "Nessun dorma" aus Giacomo Puccinis "Turandot". Ein Stück, das Luciano Pavarotti durch seine Interpretation adelte und zu seiner ganz persönlichen Hymne machte.
Beim Erklingen der Titelmelodie von Sergio Leones Italowestern "Spiel mir das Lied vom Tod", ebenfalls von Morricone komponiert, ging ein Raunen durchs Publikum. Orchesterleiterin Johanna Weitkamp spielte zünftig ausgestattet mit Cowboyhut die klagende Mundharmonika.
Viel Humor bewies die Dirigentin mit ihren Musikern, als ein wieherndes Pferd, intoniert durch eine Trompete, zum letzten Westernklassiker überleitete, "Die glorreichen Sieben" von 1960. Die Titelmusik von Elmer Bernstein wurde mit einer Oscar-Nominierung geehrt und erzeugt unweigerlich Bilder von galoppierenden Pferden und wilden Schießereien.
Mit einer echten Überraschung verabschiedete sich Thomas Kiessling vom Publikum. Zum letzten Auftritt erschien er per Boot; eine nette Idee, die wunderbare Location samt ihren Möglichkeiten ins Konzertgeschehen einzubauen. "Funiculì, funiculà" ist ein heiteres volkstümlich gehaltenes neapolitanisches Lied aus dem Jahr 1880, das zur Einweihung der Standseilbahn zum Vesuv komponiert wurde, die Zeiten überdauert hat und zum Evergreen avancierte.
Den Showdown des Abends übernahmen Rainer Kraft und Sascha Krebs. Getreu dem Motto, auch ausgefallene Formate zu präsentieren, interpretierte das Sinfonieorchester zusammen mit den beiden Sängern "Eye in the Sky" von Alan Parsons Project, "Amadeus" von Falco und "Music" von John Miles.
Dieser rockige Schlusspunkt wurde vom Publikum mit stehenden Ovationen belohnt und nur noch von der Zugabe "We are the Champions" getoppt, bei der sich wieder Thomas Kiessling zu den Akteuren gesellte. Nach knapp zwei Stunden ging damit ein musikalisches Ereignis zu Ende, das der Ankündigung durch das Stadtoberhaupt in jeder Hinsicht entsprach - "ein atemberaubendes Konzert".