Mund-Nasenschutz tragendes Personal in klinischen Kitteln konfektioniert an einem Packtisch Mund-Nase-Masken. Foto: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim-Eschelbach. Pff-tsch-pff-tsch-pff-tsch-pff-tsch. Immer wieder. Ein monotones, hydraulisches Geräusch aus Abwickeln, Kleben, Pressen und Stanzen liegt über der Halle. Mund-Nasenschutz tragendes Personal in klinischen Kitteln konfektioniert an einem Packtisch Mund-Nase-Masken: "Made in Germany – Produced in Sinsheim" steht auf der Packung.
"Das mit den Masken war fast Zufall", sagt Alexander Nägele. Zu einem Zeitpunkt, als er das Thema eigentlich schon abgehakt hatte. Vergangenen Mai war das, als einer seiner Maschinenbauer aus dem Raum Berlin beiläufig von einem Prototypen einer Produktionsanlage für Mund-Nase-Masken – so genannte OP-Masken der Schutzklasse 1 – erzählte. Kurz darauf habe sich dann eine günstige Konstellation ergeben, und Nägele kaufte die Maschine. Seit kurzem läuft die Produktion.
Simone R. Pohl und Alexander Nägele – die Prokuristin und der Geschäftsführer der „Peka Stanz- und Klebetechnik“. Foto: Tim KegelDer gebürtige Konstanzer, der in Heilbronn lebt, ist Kaufmann. Reichlich Ingenieurwissen hat er sich angeeignet, seit er mit seiner Stiefschwester Simone R. Pohl als Prokuristin die Firma übernahm. Hoch spezialisierte Produkte fertigt die "Peka Stanz- und Klebetechnik" am äußersten Rand von Eschelbach: Ein- und doppelseitige Klebebänder werden mit Spezialmaschinen in den verschiedensten Materialkombinationen verbunden und zu weit über 1000 verschiedenen Rollen oder Formstanzteilen verarbeitet. Bei Messeklebeband sind sie führend. Weltfirmen, die sie nicht nennen dürfen, nutzen Produkte aus Eschelbach. Darunter Speziallösungen wie das Wannendichtband für die neue DIN-Anforderung in der Badewannen- und Duschabdichtung oder ein Alcantara-Lederstanzteil und Filtermedien für die Abdeckung des Kosmetikspiegels im Fond einer Luxuslimousine. Das schier unendliche Feld des Klebens ist ein ziemlich krisenfestes Geschäft. 1985 von Nägeles Vater und einem damaligen Partner gegründet, ernährt die Firma heute 34 meist langjährige Mitarbeiter und 14 Aushilfskräfte. Kurzarbeit anmelden mussten Nägele und Pohl nur "vorübergehend im ersten Lockdown".
So viel zum Betrieb. Zurzeit beschäftigt sich die Geschäftsleitung mit Filterleistungen, Durchatmungsgraden und Spuckundurchlässigkeiten von Mundschutzmasken. Bis März wollen Pohl und Nägele die Zertifizierung in der Tasche haben.
Die Idee, "ins Maskengeschäft einzusteigen", habe Nägele schon kurz vor dem ersten Lockdown gehabt. Damals, erinnert er sich, hatte einer seiner Lieferanten aus China "einen Packen mit 500 Masken mitgeschickt, mit dem Hinweis, wir könnten das bald brauchen". Nägele "wollte zunächst mit Masken handeln", und mehrere Paletten aus Asien ordern. Bis heute ist er froh, sich dagegen entschieden zu haben: Erst war es schwer, einen qualifizierten Lieferanten zu finden, dann war der Markt an Masken leer gefegt, dann jener der Produktionsmaschinen. "Vorkasse, zwölf Wochen Wartezeit" – unter diesen Bedingungen hätte er eine Produktionsanlage in China kaufen können. Eine Katze im Sack, wie man sie "in Asien besser nicht kauft", schildert Nägele.
Das Unternehmen setzt bei seiner Maskenproduktion auf „High-tech-Stoffe“ und deutsche Ingenieurskunst. Foto: Tim KegelEs wurde Mai. Die Firma kaufte die Maschine in Deutschland. "Aber die Ausschreibungen der Bundesregierung waren durch." Und Material für Masken wurde erneut knapp. Eine Lösung fand sich im Partnernetzwerk der Firma, das einerseits Wechselfiltergewebe für die FFP3-Masken des Freiberger Herstellers "Mematec" konfektioniert und die Filtermedien andererseits vom Weinheimer Freudenberg-Konzern bezieht, Deutschlands größtem Hersteller für Filtermedien und sogenannte "Meltblown"-Materialien. Freudenberg beliefert unter anderem die zukünftige Produktion von FFP2-Masken in der Diakonie Weinheim.
So sei ein Verbund entstanden. Der Weltkonzern versorgt die Eschelbacher mit einem speziellen neuartigen Material, das die Verarbeitung zu einer zweilagigen Maske ermöglicht. Die Konkurrenz aus Asien benötige derweil drei Lagen, um die notwendige Filterleistung zu erreichen, schildert Nägele, und hofft auf einen Marktvorteil, weil es sich durch die extrem dünne Eschelbacher Maske "ohne Sicherheitseinbußen wesentlich freier atmen" lasse. Mit Ultraschall werden Stoffe und Bändchen schließlich verschweißt. Stolz sind Pohl und Nägele, "zu den Ersten zu gehören, die dieses Material verarbeiten" können.
Rund 400.000 Euro hat sie das Projekt "Peka Med" gekostet. Ein Onlineshop ist geplant. Das Risiko halten sie für gering, weil diese Art der Produktion zum einen "leicht skalierbar" sei, und weil sie zum anderen von der Notwendigkeit der Masken "abseits von Corona" überzeugt sind. Eine komplett in Deutschland gefertigte Maske, die hohe Anforderungen bei Filterleistung, Tragekomfort, Atemwiderstand und Verarbeitung erfülle, könne nicht in der Preiskategorie einer asiatischen Maske liegen, macht Nägele deutlich. "Aber wir müssen auch nicht die schnelle Mark machen", sagt Nägele, der eher auf ein langfristiges Standbein setzt.