Viel Beifall für ein anspruchsvolles Konzert erhielten das Vokalensemble Sinsheim, der SAP-Chor, die Chorakademie Rhein-Neckar, die Kurpfalzphilharmonie sowie die Solisten. Foto: Berthold Jürriens
Von Berthold Jürriens
Sinsheim. Ruhe, Hoffnung und friedvolles Streben ins Jenseits anstatt Strafgericht oder der Zorn Gottes. Das Requiem von Gabriel Fauré wurde schon in seinen Anfängen als "heidnisch und sinnlich" charakterisiert, weil das Stück in keiner Weise dem regulären Schema des Requiems folgt. Fauré war ein Komponist der leisen Töne. Und die Nuancen dieser zarten Revolution eines Requiems müssen mit Aufmerksamkeit gehört werden, um sie nicht zu überhören. Somit war das Konzert auch für das Publikum in der evangelischen Stadtkirche eine Herausforderung. In der hochkonzentrierten Aufführung des Vokalensembles fand Dirigent Erwin Schaffer mit seinen Sängerinnen und Sängern genau diesen eher kammermusikalischen Gestus, der Fauré vorschwebte.
Das mit dem SAP-Chor aus Walldorf, der Chorakademie Rhein-Neckar, der Kurpfalzphilharmonie sowie Carolin Samuelis-Overmann (Sopran), Claudia Hügel (Alt) und Hans Josef Overmann (Bassbariton) hochkarätig besetzte Konzert begann mit dem Requiem des deutschen Kirchenmusikers Michael Porr.
Die Totenmesse aus dem Jahr 2013 ist Faurés nicht unähnlich. Porr fügte Texte in deutscher Sprache hinzu und lässt sanfte Melodien auf das Paradies verweisen. Die Harfe, wunderbar gespielt von Rachel Kelz, verstärkt diese Wirkung in beiden Requien. Porrs Werk bekommt durch den Chor inhaltliche Tiefe und spätromantischen Wohlklang. Die versöhnliche Stimmung mit lyrisch zarter Empfindung erfassen die Solistinnen Samuelis-Overmann und Hügel gefühlvoll in der Stimmführung. Die Klänge der Streicher und der Harfe stimmen mit ihrer Entrückung in diese Harmonie ein.
Bezirkskantorin Salome Hölzle, die als Organistin versiert die Kompositionen abrundete, bot als "Zwischenspiel" ein außergewöhnliches Orgelstück. "Le banquet de Céleste" von Olivier Messiaen wurde von Hölzle mit Feingefühl umgesetzt. "Sehr langsam, ekstatisch, entfernt" heißt es in der Vortragsbezeichnung der Komposition, die einige Zuhörer überraschte und etwas ratlos zurückließ.
Beim "Wiegenlied des Todes", wie Faurés Requiem gerne betitelt wird, war erneut jede einzelne Stimme gefordert, und die Akteure meisterten unter dem motivierend-präzisen Dirigat von Schaffer diese Aufgabe. Denn das "schmucklose und einfache Werk" lebt von seiner Ausdruckskraft. Man spürt beim Hören eine Art Schwerelosigkeit, die trotz der Gewichtigkeit des Textes musikalisch eine entgegengesetzte Grundstimmung erzeugt. Fauré verzichtete unter anderem auf das "Dies Irae", das himmlische Strafgericht. In diesem Verzicht liegt das eigentlich Revolutionäre dieses Werkes.
Bereits im dritten Satz des Requiems, dem "Sanctus", scheint die Musik zu schweben. Zu den tänzelnden Violinen gesellte sich der lieblich klingende einstimmige Chorgesang und sorgte für eine einzigartige Atmosphäre der Ruhe. Beim "Libera me", das klar gefestigt von Overmanns Stimme kraftvoll eingeleitet wird, fahren unerwartet die Hörner dazwischen. Der Fortissimo-Choreinsatz spricht dabei vom Jüngsten Gericht, es wirkt fast wie ein Zitat eines "Dies Irae". Die Schlichtheit und Schönheit der Melodie des "Pie Jesu" erfassen der Chor und die ökonomische Instrumentierung mit Bravour. Und auch das "Agnus Dei" mit den Tenören, die die Melodie einstimmig über einen Streicherteppich tragen, lässt den fast sphärischen Chorgesang durch das Kirchenrund tönen. Mit Bachs "Jesus bleibet meine Freude" und viel Beifall fand das Konzert seinen Abschluss; es hätte mehr Publikum verdient gehabt.