Zentnerweise Gemüse liegt auf dem Acker. Foto: privat
Sinsheim-Reihen. (tk) Im Ausland erzeugt, von Billig-Arbeitskräften geerntet, energieaufwendig importiert. In Massen aufs Feld zwischen Reihen und Weiler gekippt: Obst und Gemüse, und das gleich kistenweise, hat Kilian Berthold beim Spaziergang mit seiner Familie am Wochenende auf einem Acker entdeckt. Er kam ins Grübeln.
"Es war fast durchweg Importware": Paprika, Zucchini, Tomaten, Erdbeeren, aber auch Gurken, Äpfel, Kartoffeln. Teilweise waren noch Reste von Plastikverpackungen mit dabei. Einzelne Früchte waren mit Aufklebern der Produzenten versehen. Die Ware, sagt der 35-Jährige, "hat frisch und verwertbar gewirkt". Die Produkte lagen in großen Haufen weit verstreut über die gesamte Ackerfläche verteilt, "mehr als ein ganzer Marktstand voll".
Nun wolle der Reihener "niemanden anprangern", sagt der junge Familien-Vater, der sich in dem Gewann unterhalb des Steinsbergs gern die Füße vertritt. Er spricht sich auch dafür aus, "Verständnis für die beiden Seiten zu haben". Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, sagt Berthold, könne er "es nachvollziehen, wenn jemandem das Wasser bis zum Hals steht" und "keine Zeit und keine Nerven mehr bleiben", um Lebensmittel an die Tafel-Läden oder Bedürftige zu spenden.
Ganz davon abgesehen, hat die Sinsheimer Tafel kürzlich ihre Tätigkeit vorübergehend eingestellt: aus Mangel an Lebensmittelspenden, wie es hieß, aber auch aus Sorge, die durchweg älteren Ehrenamtlichen könnten sich mit dem Corona-Virus infizieren. "Aus Großstädten", weiß der 35-Jährige, kenne man inzwischen Hilfspakete, die Bedürftigen an bestimmten Orten – ohne größeres Infektionsrisiko – bereitgestellt werden. Vielleicht, so glaubt er, "kann das auch in Sinsheim installiert werden".
Es wäre wohl befriedigender als die Entsorgung auf dem Feld – das sieht auch Werner Schleifer so, der Leiter des Sinsheimer Ordnungsamts. Er will sich "den Fall gemeinsam mit dem Landwirtschaftsamt ansehen", den man "in dieser Form in Sinsheim noch nicht gehabt" habe. Zurzeit würden seinem Amt "zahlreiche Fälle illegaler Entsorgung" gemeldet, die man verfolge. Ob der Reihener Fall, wenngleich bedauerlich, auch illegal war, müsse man erst prüfen.