Zahlreiche Akteure freuen sich, dass es nun die Frauenfachberatungsstelle „Lida“ gibt. Foto: Christiane Barth
Von Christiane Barth
Sinsheim. Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet. Und jede vierte Frau wird mindestens ein Mal im Leben Opfer von häuslicher oder sexualisierter Gewalt. "Die Zahlen sind wirklich erschreckend hoch", sagt Susanne Vierling, Gleichstellungsbeauftragte im Rhein-Neckar-Kreis. Sie und viele weitere Akteure eröffneten nun die erste Frauenfachberatungsstelle im Landkreis zum Thema häusliche Gewalt. Sie trägt den Namen "Lida". Sie ist ansässig im Diakonischen Werk Rhein-Neckar und tätig in Kooperation mit den Kreisverbänden des DRK Rhein-Neckar-Heidelberg sowie Mannheim, die für die Bereiche Frauenhaus und Schutzwohnungen zuständig sind.
Zwei Jahre Planung gingen "Lida" voraus. Und der Bedarf nach dieser Art von Beratung und Unterstützung ist hoch. Die Folgen der Corona-Pandemie haben die Situation für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder im häuslichen Umfeld zusätzlich verschärft. Von "deutlichen Anzeichen für eine Steigerung der Straftaten in Partnerschaften und im häuslichen Umfeld" spricht man beim Diakonischen Werk. Und auch das Hilfstelefon "Gewalt gegen Frauen" habe im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg bei den Anfragen verzeichnet.
Die neue Frauenfachberatungs- und Interventionsstelle soll Frauen nun die Möglichkeit bieten, in einem geschützten Rahmen neue Perspektiven und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln – kostenfrei und unabhängig von Konfession oder Herkunft.
Jochen Bach, Bezirksleiter der Diakonie-Beratungsstelle im Kraichgau und stellvertretender Verbandsgeschäftsführer, habe das Konzept und die Struktur von "Lida" auf die Beine gestellt, sagte Karl-Heinz Konnerth, Verbandsgeschäftsführer des Diakonischen Werkes im Rhein-Neckar-Kreis. "Das Thema häusliche Gewalt war schon immer präsent, auch im Rhein-Neckar-Kreis, und auch, obwohl es keine Beratungs- und Interventionsstelle gab", verdeutlichte Konnerth. Die Frauen seien trotzdem gekommen, hauptsächlich wegen anderer Probleme. Das Thema häusliche Gewalt sei so bislang eher beiläufig zur Sprache gekommen. Doch man habe gemerkt, dass man sich dieses Themas gesondert und wohnortnah annehmen muss, erläutert Konnerth. Und die Hilfe müsse auf einfachem Wege in Anspruch genommen werden können. Diese Aufgabe habe das Diakonische Werk mit seiner dezentralen Struktur und sechs Standorten im Rhein-Neckar-Kreis nun gerne übernommen.
Die fünf Fachkräfte, die für die Beratung zuständig sind – Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen – haben im vergangenen Jahr eine Fortbildung zum Thema "systemische Beratung bei häuslicher Gewalt" und Weiterbildungen im Bereich der Beratung besucht. Betroffene können sich entweder direkt mit den Mitarbeiterinnen der Frauenfachberatungsstelle in Verbindung setzen, oder die Polizei vermittelt den Kontakt.
Zunächst werde geklärt, was das Anliegen der Frau ist: "Geht es bereits um einen Trennungswunsch oder darum, erst einmal Sicherheit zu schaffen? Oder will sich die Frau erst mal nur informieren?", erläutert Beraterin Elena Seipel. Auch während der Pandemie sollen die Erstgespräche persönlich stattfinden, wenn die Frauen das möchten. Wünscht die Frau beispielsweise ein Kontakt- und Näherungsverbot, wird sie bei der Antragsstellung unterstützt. Auch die psychische Erst-Stabilisierung der Frau gewährleisten die Mitarbeiterinnen. "Wir sind aber keine Psychologinnen", betont Seipel. Doch auch Kooperationen mit dem Trauma-Netzwerk sollen weiterhelfen.
Für die Schutzwohnungen ist das DRK zuständig. Die Erste ist bezugsbereit und bietet Platz für bis zu drei Frauen. Der Ort ist geheim. Sarah Emmerich erklärt: "Wir vom DRK Mannheim kümmern uns um die Planungsbereiche Weinheim, Hockenheim und Sinsheim." Dort entstünden in den nächsten Jahren Schutzwohnungen. Das DRK Rhein-Neckar-Heidelberg sorgt für alle anderen Planungsbereiche des Kreises. In jedem Bereich soll eine Schutzwohnung entstehen, sodass eine flächendeckende Versorgung gewährleistet ist.
"Ich freue mich darüber, dass das Diakonische Werk sein Aufgabengebiet ausweitet und nun besonders etwas für Frauen, die in Not sind, anbieten kann", sagte Dekanin Christiane Glöckner-Lang. Wie sie ist auch Oberbürgermeister Jörg Albrecht froh, dass die Beratungsstelle in Sinsheim ist. "Das Traurige daran ist, dass man so etwas überhaupt braucht", fügte der OB hinzu.
Info: Der Standort der Beratungsstelle ist in Sinsheim. Das Hilfsangebot ist jedoch auch an den anderen Diakonie-Standorten Heidelberg, Weinheim, Eberbach, Schwetzingen und Wiesloch möglich. Erreichbar ist "Lida" zu folgenden Sprechzeiten unter Telefon 07261 / 97580299: Dienstag 15 bis 17 Uhr, Donnerstag 9 bis 12 Uhr; per E-Mail unter frauenberatung@lida-rn.de