Diese Gruppe junger Leute sorgt sich um ihren Lieblingstreff und sprach darüber mit der Redaktion. Foto: privat
Von Tim Kegel
Sinsheim-Weiler. Sie lieben das Leben. Und sie lieben die Burg Steinsberg. Ein gutes Dutzend junger Leute aus dem ganzen Kreis. Die Treffen auf dem Burgparkplatz haben sie – gerade auch in der Corona-Zeit – zusammengeschweißt, schildern sie. Jetzt machen sie sich Sorgen, dass der beliebte Treffpunkt "gesperrt wird": Ruhestörungen, Geprotze mit Autos und Motorrädern und große Mengen an Müll haben in den Sommermonaten zu "massiven Beschwerden" von Anwohnern und Ausflüglern geführt, räumt auch Oberbürgermeister Jörg Albrecht ein. Doch was tun?
Über die Stadt schauen, reden, chillen, Musik hören, ein bisschen tanzen: Die 40 Kilometer aus Reilingen sind Tim Röttger nicht zu weit. Dann trifft er öfter Pascal Kliem aus Elsenz, manchmal auch Max Dieringer aus Grombach, Magdalena Stalder aus Waibstadt, Jil Kukurta aus Eschelbach oder René Karsay aus Sinsheim. Nach der Arbeit unter den Dächern als Schornsteinfeger, nach dem stressigen Tag in der Marketingabteilung, der Schicht in der Küche oder der Vorlesung an der Uni. Oder wenn’s Richtung Wochenende geht.
Nicht erst seit die Clubs und Bars schließen mussten, kommen sie hierher, aber seither öfter. Das Steinsberg-Gefühl kostet weniger, findet unter freiem Himmel statt, "hat was", auch bei Wind und Wetter. "Komme ich hierher, ist es wie in einem Club", sagt Magdalena, die zuvor oft im Sinsheimer "Kinki" anzutreffen war: "Du triffst neue Leute, immer findet sich jemand, den du kennst." Ein, zwei Bier seien okay, sagen Tim und Max, "aber man trifft sich hier nicht zum Saufen", wie es heißt, "weil die meisten sowieso mit dem Auto kommen". Auch ein "Tuning-Treff" für Autoschrauber sei der Steinsberg-Parkplatz nicht, zumindest nicht für die Truppe, die in der Redaktion gerade beisammensitzt. Im Grunde sei der Steinsberg "die perfekte Plattform" für junge Leute mit wenigen Treffmöglichkeiten, "ein Ort, dem alles zustrebt", allein schon, weil man "ihn von überall sieht". Viele Freundschaften seien hier entstanden.
Doch irgendwann – zu Beginn des Lockdowns – war der Parkplatz abgesperrt, häuften sich die Beschwerden der Anwohner. Fast jeden Abend schaut auch die Polizei vorbei. "Wenn hundert Leute da sind, schaukelt es sich schnell mal hoch", räumt Pascal ein. Nicht jeder sei einsichtig, benutze die Mülleimer oder nehme seinen Müll wieder mit. Oft seien es aber auch einige der jungen Leute selbst, die im eigenen Interesse nach dem Rechten schauen: "Lasst uns mal leiser sein", bevor Anwohner das sagen müssen. Manche Nachbarn seien inzwischen empfindlich geworden, holten "sofort und wegen allem die Polizei, anstatt sich selbst ein Bild zu machen oder uns mal zu besuchen". Denn je nach Tag und Stimmung hätten sie auch "schöne Erfahrungen gemacht", etwa mit Wohnmobilisten oder Spaziergängern. Zur Entspannung der Situation schlagen sie "größere Mülleimer" vor oder "Poller auf den Wegen" – manche Autoposer hätten schon gefährliche Manöver zwischen friedlich Feiernden veranstaltet, "das geht gar nicht". Trotzdem sind sie sich sicher, dass sich die Treffen "nach Sinsheim oder an andere Orte verlagern" würden, wenn der Parkplatz gesperrt werden würde.
Das weiß auch Oberbürgermeister Albrecht, der das Thema Sicherheit zur Chefsache gemacht hat – wegen des Steinsberg-Parkplatzes, vor allem aber nach den Vorkommnissen mit Jugendbanden und "Familienstreitigkeiten" im Bahnhofsviertel.
Eine Sperrung des Steinsbergs schließt er aus: "So leicht können wir uns das nicht machen." Besuch auf dem Steinsberg sei erwünscht, deshalb habe man das Areal in den vergangenen Jahren saniert und gestaltet. Und deshalb müsse "der Piccolo mit der Freundin" möglich sein, genauso wie "ein ruhiges Treffen mit Freunden in einer Mondnacht". Allerdings müsse man einen für alle Beteiligten "gangbaren Weg finden", der auch den "massiven Anwohnerbeschwerden Rechnung trägt", weshalb man "Chaoten, Krach und Sauerei" künftig nicht mehr dulden könne.
Der Weisheit letzten Schluss erhofft sich Albrecht von Beratungen mit dem Polizeipräsidium in den kommenden Wochen, bei denen er auch "die Probleme im Bahnhofsviertel erörtern" will. Von den Treffen erhofft er sich "Konzepte", für die er auch bereit ist, "etwas Geld in die Hand zu nehmen", etwa für eine Sicherheitspartnerschaft, wie es sie in Städten wie Freiburg oder Stuttgart gibt. Den Einsatz der jungen Leute für ihren Treff könne er verstehen: "Jetzt hätte ich Interesse, die kennenzulernen. Sie könnten uns vielleicht auch ein Stück weit helfen."