Mehrere Sympathisanten von Dr. Bodo Schiffmann kamen vor seiner Praxis zusammen, während die Räume durchsucht wurden. Foto: Julian Buchner
Sinsheim. (cbe/jubu) "Der Server ist weg", gab Schiffmann am Donnerstagmorgen bekannt – mit Megafon, in Begleitung von etwa 100 Gleichgesinnten sowie Polizisten. Gemeint ist der Server seiner Praxis, "Schwindelambulanz" genannt. Die Polizei hatte die Räume am Mittwochabend und Donnerstagmorgen erneut durchsucht.
Vorgeworfen wird dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt, dass er und seine Frau Mechthild, ebenfalls HNO-Ärztin, Atteste ausgestellt haben, ohne die Patienten in manchen Fällen vorher untersucht zu haben. Konkret geht es um 24 Atteste, die vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreien. Und die Patienten lebten mehrere hundert Kilometer von Sinsheim entfernt, teilt die Polizei mit.
Schiffmann räumt im Gespräch mit der RNZ ein, dass er mit einigen Patienten diesbezüglich nur am Telefon gesprochen hat. Seiner Meinung nach reicht dies in manchen Fällen. Wenn beispielsweise jemand erzählt, dass er Panik bekommt, wenn er eine Maske trägt, könne er das auch in seiner Praxis nicht untersuchen. Er müsse dem Patienten schlicht glauben. Er habe aber nicht jedem, der keine Maske tragen möchte, ein Befreiungs-Attest ausgestellt. Es gebe zwei Leitz-Ordner voll mit Ablehnungen. Dies habe er einem Polizisten bei beiden Durchsuchungen mitgeteilt.
Neben dem Server wurden laut Schiffmann unter anderem ein Laptop und zwei Handys beschlagnahmt. Ende Oktober 2020 waren seine Praxisräume schon einmal durchsucht worden. Er habe damit gerechnet, dass dies erneut geschieht, sagte er am Donnerstag. Aus diesem Grund habe er die Patientendaten mit Hilfe von Freunden an einen sicheren Ort bringen lassen. Auf den Computern, die die Polizei mitgenommen hat, befänden sich diese Daten nicht. Wo sich die Patientendaten befinden, wisse er selbst nicht, teilte er in einem Video mit. In zahlreichen Kommentaren wurde ihm daraufhin vorgeworfen, den Schutz sensibler Daten nicht zu wahren – schließlich könne er nun nicht garantieren, dass sich jemand anderes Zugang zu den Patientenakten verschafft.
Maskenfreie Versammlung vor der Praxis
Die Nachricht von den Durchsuchungen hatte in Sozialen Medien schnell die Runde gemacht. Laut Polizei meldete am Mittwochabend eine Unterstützerin des Arztes beim Polizeirevier Sinsheim eine Versammlung für Donnerstagmorgen an. Ab 8 Uhr sind nach Angaben der Polizei in der Spitze rund 100 Personen vor der Praxis zusammengekommen. Masken wurden dabei nicht getragen, der Mindestabstand wurde teilweise unterschritten. Manche übten Kritik an der Zusammenkunft: Als widerwärtig bezeichnete ein Leser den Umstand, dass sich Personen in dieser Form vor dem Krankenhaus treffen, während darin am Corona-Virus erkrankte Personen um ihr Leben kämpfen.
Schiffmann praktiziert eigenen Angaben zufolge seit Wochen nicht mehr und verdiene dementsprechend mit der Praxis auch kein Geld. Seine Angestellten würden sich deshalb bei anderen Arbeitgebern bewerben. Die GRN, der Vermieter seiner Praxisräume, hat ihm gekündigt und klagt eigenen Angaben nach auf Räumung. Diese Klage sei bei ihm noch nicht eingegangen, erklärte Schiffmann am Donnerstagmorgen. Des Weiteren hat sich die Approbationsbehörde bei dem HNO-Arzt gemeldet. Schiffmann hält es für möglich, dass er künftig nicht mehr behandeln darf. Gegen alle Vorwürfe will er sich juristisch zur Wehr setzen.