Haben ein Herz für Biotope: Förster Dietmar Weiland (rechts) und Ex-Oberbürgermeister Rolf Geinert. Foto: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim-Weiler. Gute Nachrichten für Bergmolche, Wasserlilien und Waldschnepfen: Eine Biotop-Offensive, wie es sie im Stadtwald noch nicht gegeben hat, ist in den vergangenen Wochen angelaufen. Neun Tümpel und Teiche wurden neu angelegt oder umfangreich erweitert. Auftakt für eine Aktion, die Schule machen soll, nur nützlich ist – und kaum etwas kostet. Die Macher wünschen sich, dass der "Kraichgau zum Teichgau" wird.
Eine Urzeitlandschaft erstreckt sich rechts der Hammerau in Richtung Buchenauerhof: Ein kleiner Waldsee wurde ausgebaggert, der Blick geht in eine grüne, weite Waldaue. In den Tümpel münden natürliche Rinnen, entstanden über Jahrzehnte. Am Kohlplattenweg liegt das "Modell Skandinavien": ein von Birken und Gräsern gesäumter Teich im Niederwald. Versteckt am Fritzweg, zwei weitere Teiche. Forstrevierleiter Dietmar Weiland kann sich vorstellen, dass sich Enten hier wohlfühlen. Die Tour geht über den Lisensteinplan- und Ruchwiesenweg zum Jagdhütten-, Lochwiesen- und Ringweg. Sechs neue Biotope sind entstanden, drei weitere wurden stark erweitert. Weitere sind angedacht.
17 Prozent weniger Regen hat Weiland im Jahr 2020 gemessen, da sei es wichtig, "das Wasser im Wald zu halten". Dies nützt der Waldluft, dem Klima, wirkt der Trockenheit entgegen und hilft vor allem Waldvögeln, Amphibien und der typischen Vegetation rund um die Waldteiche. Tiere wie die rund zehn Lurcharten, die im Kraichgau vorkommen, aber auch die Pflanzen stellten sich an den zurzeit noch kahlen Tümpeln "ganz von selbst ein". Hierzu müsse man "fast nichts tun, nur ein bisschen die Brombeeren zurückschneiden". Schon jetzt hat Weiland Nutria an einem der Teiche beobachtet: Das Nagetier, das im städtischen Umfeld oft Schäden anrichtet, kann hier schalten und walten. Rehe, Sauen, Vögel und Füchse können die Biotope als Tränke nutzen.
"Fantastisches Projekt", sagt auch Rolf Geinert, Sinsheimer Ex-Oberbürgermeister, heute Videoblogger und Netzwerker. Er glaubt ans riesige Potenzial einfacher Biotop-Anlagen auch in anderen Städten und Gemeinden, weil diese schnell umsetzbar, unumstritten, nützlich, schön anzusehen und noch dazu günstig zu verwirklichen sind. "Rund 5000 Euro" haben die neun Maßnahmen im Stadtwald gekostet. Auch in Zuzenhausen, Hoffenheim und Daisbach wurden Biotope angelegt oder ausgebaut. Teils nutzte man Synergien: Das Technische Hilfswerk Sinsheim half bei Biotopanlagen in Reihen mit.
Finanziell und ideell unterstützt wurden die Maßnahmen von der "Grünen Schelle", einem Stammtisch von Sinsheimer Unternehmern im Ruhestand, den es seit Jahrzehnten gibt und dessen Name immer mal wieder in Verbindung mit sozialen und Umwelt-Projekten auftaucht. In der Gruppe, die Geinert "als jüngstes Mitglied" vertritt, reifte die Idee vom "Teichgau im Kraichgau".
Groß überzeugen mussten sie Dietmar Weiland nicht; er pflegt zahlreiche weitere Biotope im Großen Wald, darunter eins der größten Gelbbauchunken-Habitate bei Weiler. "Aber das hat mich noch einmal angeschuckt", sagt er. Manchmal brauche es "eben solche Anschucker".
Nun hoffen Geinert und Weiland, dass das Projekt Schule macht, wollen Maßnahmen "anschucken", Gemeinden, Förster und Privatleute zusammenbringen. "Die Kollegen sind da sehr affin", sagt Weiland. Geinert will sein weites Netzwerk und seine kommunale Erfahrung bereitstellen. Oft brauche es "nicht viel mehr als die passende Stelle – "idealerweise Tonböden" – und einen Bagger.