Von Tim Kegel
Sinsheim. Die großen Themen in Sinsheim im jungen Jahr heißen Heimattage 2020, Badewelt-Ausbau, Stadt- und Verkehrsentwicklung sowie Bauland. Einen Ausblick gab Oberbürgermeister Jörg Albrecht am Sonntagabend beim Neujahrsempfang der Stadtverwaltung. Rund 500 Gäste in der proppenvollen Sporthalle der Carl-Orff-Schule ließen sich auf den neuen Stand bringen und genossen außerdem Flöten- und Percussionmusik der Musikschule, eine Show des Mentalisten Uwe Hofstätter, ein Büffet der Metzgerinnung und Livemusik der Gruppe "Flugrost".
Erweiterung der Badewelt: Es bleibe bei den Ausbauplänen, sagte Albrecht. Der Bauantrag für ein Rutschenparadies und zunächst eine Hotelanlage liege im Rathaus vor. Realistischerweise, so Albrecht, werde sich durch den Tod von Betreiber Josef Wund die Geschwindigkeit bei der Umsetzung "zumindest vorübergehend verringern". Bis Mitte Mai wolle man die Baugenehmigung erteilen. Die Erweiterung sei Wunds "Vermächtnis ".
Heimattage 2020: Erstmals präsentierte sich Sinsheim beim Neujahrsempfang als Austragungsort der Landesheimattage. Am Infostand der eigens eingerichteten Geschäftsstelle im Foyer der Halle wurde erstes Werbematerial verteilt. "Etwa 100 Veranstaltungen haben wir fix", sagte Albrecht; von dem Großevent werde man "bis 2020 und danach in allen Belangen profitieren", so der OB.
SNH-Kennzeichen: Als "nicht zielführend" betrachtete Jörg Albrecht den von den Befürwortern der Wunsch-Autonummer eingeschlagenen Weg "mit teils massiven, unwahren Angriffen". Hier wären "Diplomatie und Geschick im Umgang mit dem Landrat" gefragt gewesen. Stefan Dallingers Haltung zu dem Thema sei seit 2012 bekannt. Als nostalgisch denkender Mensch hege Albrecht gewisses Verständnis für die SNH-Nummer. Er lobte die Kreis-Investitionen in den Standort, darunter 40 Millionen ins Kreiskrankenhaus, den Zweckverband Fibernet, aber auch in die Kulturarbeit.
Stadtentwicklung: Ausführlich ging Albrecht auf einzelne Positionen der für 2018 geplanten knapp 29 Millionen Euro Investitionen ein, darunter die Sanierung der Ortsdurchfahrt von Waldangelloch. Der Sportpark im Wiesental werde zur Jahresmitte fertig. Restflächen im Freibadviertel würden bebaut, etwa bei der Erweiterung des Katharinenstifts auf dem Areal "Gärtnerei Kaufmann" und in Form eines Wohn- und Geschäftshauses mit Kinderkrippe, Tagespflege und Notariat eingangs des Duttengässchens. "Innen- und Nachverdichtung vor Außenentwicklung" laute das Credo; man plane ein Wohnbaugebiet zwischen Rohrbach und Sinsheim-Ost.
Baugebiet Bühl/Wanne Eschelbach: Ginge es nach dem Rathaus, würde auf dem ehemaligen Zimmereigelände im Ortskern bereits ein gutes Dutzend Bauplätze entstehen. Anwohner gingen gerichtlich dagegen vor, führten unter anderem Altlasten ins Feld. Wie lange das Normenkontrollverfahren dauert? Keiner könne das genau sagen. "Bedauerlich" nannte der OB diese Entwicklung.
Krematorium: Bringt das neunte Jahr nach dem Baustopp die Entscheidung in der "Hängepartie"? Vermutlich. Und man erkenne jetzt schon, dass die Verwaltung "wenn überhaupt, dann nur in geringem Umfang" schadenersatzpflichtig gegenüber Investor Claus Wiesenauer sei.
Vandalismus: Das Wilhelmi-Gymnasium verwüstet und an der "alla hopp!"-Anlage im Postgarten gehaust haben Jugendliche. Rund 150.000 Euro beträgt der Schaden an der Schule - inzwischen instand gesetzt. "Die Taten sind aufgeklärt", sagte der OB, allein die Begleichung des Schadens müsse man sich "erstreiten". Wie die RNZ erfuhr, sind Anwälte eingeschaltet. Auf Nachfrage zeigte sich Albrecht "enttäuscht": Weder die beschuldigten Jugendlichen, noch deren Erziehungsberechtigte hätten versucht, mit Albrecht in Kontakt zu kommen: "Jeder hat schon mal Mist gebaut", sagte Albrecht. Nicht dazu zu stehen oder gar die Schuld anderen zuzuschieben, sei für ihn "das eigentlich Schlimme".
Perspektiven: Der Erwerb der früheren Autobahnmeisterei soll die Neuland- über die Gutenbergstraße an die L 550 anbinden. Bei Projekten wie der Bahnunterführung im Schwimmbadweg, Osttangente und Nordanbindung denke man für Generationen: "Irgend jemand muss anfangen", findet Jörg Albrecht. Bei letzteren müsse der Grunderwerb durch Vorkaufsrecht gelingen. Beim Internetausbau rechnet Albrecht damit, dass dieser 20 bis 23 Millionen Euro kosten wird.
Stadthalle: Projektkritikern, die einen Abriss befürworten, entgegnet Albrecht, "dass alle Zuschüsse eine Sanierung zur Bedingung" hätten. "Viele schlaflose Nächte" habe der Bau ihm im vergangenen Jahr abgenötigt.
Nachdenkliche Töne und Sehnsucht nach einer "guten alten Zeit" schwangen in Albrechts Rede mit. Er übte Kritik an dem, "was die Informationsgesellschaft vorbetet", an Vorteilsdenken, Werteverfall und mangelndem Respekt. "Ausufernde Bürokratisierungs- und Regelungswut von Parlamenten und Regierungen" nähmen "einem die Luft zum Atmen", drückten auf Kreativität und Lebensfreude. Als Beispiele nannte Albrecht Vereinsfeste, die nicht mehr stattfinden, "dass es Antragsverfahren für Anträge gibt", die "Bedeutungslosigkeit des Worts Rettungsgasse", aber auch "Eltern, die ihre Kinder rausklopfen, wenn sie mit dem Gesetz in Konflikt sind."