Bruno MassellLon, Witwer von Blues-Sängerin Joy Fleming, im Hilsbacher Garten. Foto: Christiane Barth
Von Christiane Barth
Sinsheim-Hilsbach. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Der 71-Jährige hat viele musikalische Projekte am Laufen und handelt damit ganz im Sinne seiner verstorbenen Frau. "Sie wollte immer, dass ich weitermache", sagt der Musiker Bruno Massellon, Witwer vom Joy Fleming. Gerade hat er mit Bernd Peter Fleming, Sohn der vor fast zwei Jahren verstorbenen Sängerin aus Hilsbach, eine schöne ordentliche Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, um den zahlreichen musikalischen Projekten ein stabiles Fundament zu bieten.
"Denn der Beruf ist sehr schwer und wir machen alles selbst", sagt der gebürtige Franzose, der in der Nähe von Pirmasens lebte, bevor er vor 21 Jahren nach Hilsbach zog, und auf dem Anwesen Joy Flemings in einem eigenen Studio Musik komponiert, textet, vertont, aufnimmt - und dabei auch gerade dem Grand-Prix-Titel seiner verstorbenen Frau "Ein Lied kann eine Brücke sein" zu einem Revival verhilft: Sänger ist nun der Sohn; das Video, das bislang noch nicht veröffentlicht wurde, weil es noch nicht über die "Gema" geschützt ist, spielt an den zahlreichen Brücken Mannheims. Die Veröffentlichung ist für den zweiten Todestag am 27. September geplant.
Auch in Frankreich macht Bruno noch Musik. "Aber nur so zum Spaß", wie er sagt. Der Bruder lebt dort, auch der Sohn. Das Künstlerleben auf der Bühne, "on the road", würde er selbst dann nicht missen wollen, wenn er Joy nicht das Versprechen gegeben hätte, weiterzumachen sogar dann, wenn er alleine übrig bliebe. Nach ihrem Tod lag er lange im Krankenhaus und dachte, er würde nicht überleben. Jetzt sind schon wieder fast zwei Jahre vergangen, sein Gewicht pendelt sich gerade wieder auf ein Normalmaß ein. "Morbus Crohn", lautete die Diagnose der Ärzte. Damit komme er inzwischen gut klar, spüre kaum mehr was davon.
Als Joy Fleming vor mehr als 21 Jahren einen Arrangeur für ihr Kinderlieder-Album "Butzekrampel" suchte, kreuzten sich die Wege der beiden. Jeden Montag und Dienstag verbrachte Bruno fortan in Hilsbach und arbeitete mit der Sängerin. "Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden", erinnert er sich.
Und als der schmal gebaute Bruno zum ersten Mal auf den Hof in Hilsbach kam, entfuhr seiner späteren Frau ein Satz, an den er heute noch mit einem Schmunzeln denkt: "Der Mann muss etwas essen." Sie sagte es, und bereitete ihm etwas zu.
Der aus einer bäuerlichen Familie stammende Bruno habe immer davon geträumt, wieder in eine ländliche Gegend zu ziehen: "Mir gefällt es im Kraichgau, und jetzt bin ich schon einen großen Teil meines Lebens da." Sein Sohn lebt in Grenoble, ist dort ein renommierter Physiker. "Aber ich bin ein Träumer ein Idealist", sagt Bruno, der schon mit 19 Jahren seinen Lebensunterhalt mit Musik verdiente und heute immer noch weiß: "Ich will spielen."
In Paris studierte er Musik und spielte in Bands, um sich sein Studium zu finanzieren. Es gab auch eine Zeit, in der der Chansonnier Gilbert Bécaud zu seinen Weggefährten zählte, und in der Frank Fabian, der Produzent von "Boney M.", mit der Band Brunos, den "Falcons", arbeitete. Aber es habe "nicht so gut geklappt" wie bei "Boney M."; trotzdem sei alles gut verlaufen, berichtet der heutige Hilsbacher, dessen Erinnerungen noch so manche filmreife Geschichte bergen.
Etwa die: Es war damals in den 1970ern, als sein zweieinhalbjähriger Sohn aus dem fünften Stock fiel, 23 Meter tief. Dass er überlebte, muss an einem Schutzengel gelegen haben - und an diesem Mann, der gerade unten auf der Straße entlanggegangen sei, geistesgegenwärtig die Arme ausgebreitet habe, "während alle anderen Passanten nur nach oben starrten". Er fing das Kind auf, und sollte vom damaligen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing mit einer Medaille ausgezeichnet werden. Doch der Mann lehnte ab.
Dazu passt auch die Komposition des neuen Lieds, das er gerade geschrieben hat: "Es muss ein Wunder sein." Joy Flemings Stimme klingt im Hintergrund.