Sulzfelds Bürgermeisterin Sarina Pfründer, Manager Karlheinz Hörstling von der Unternehmensgruppe E.G.O., Erster Landesbeamter Knut Bühler und Landrat Christoph Schnaudigel (v.l.) inspizierten am Mittwoch die ehemalige Produktionshalle, in der bis Mitte Januar eines der fünf Impfzentren im Landkreis in Betrieb gehen soll. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy
Sulzfeld/Eppingen. Das Corona-Virus hat in vielen Fällen die ohnehin oft starren Landkreisgrenzen zementiert, manchmal aber reißt es sie aber auch ein. Diesem Neu-Denken auf höchster Ebene ist es zu verdanken, dass sich im geplanten Impfzentrum in Sulzfeld (Landkreis Karlsruhe) beispielsweise auch Bürger aus dem nahen, aber im Landkreis Heilbronn gelegenen Eppingen gegen das Virus impfen lassen können. An diesem Donnerstag beginnt dazu der Umbau der Halle IV auf dem ehemaligen E.G.O.-Werksgelände in der Ochsenburger Straße. Voraussichtlich ab Mitte Januar werden hier die ersten Impfstoff-Dosen verabreicht, und zwar täglich 800, und das an sieben Tagen in der Woche.
Platz bietet die Halle mehr als genügend. Hier haben bis zum Umzug von E.G.O. nach Oberderdingen vor acht Jahren bis zu 1500 Arbeiter Thermostate und Schalter zusammengebaut. Und nun sollen hier Trennwände eingezogen, Bereiche abgeteilt und ein Einbahnstraßensystem eingerichtet werden. Der logistische Aufwand ist enorm, der Zeitdruck ebenfalls, aber beides ist laut Landrat Christoph Schnaudigel zu stemmen. Deutlich mehr Kopfzerbrechen machten sich Schnaudigel und der Erste Landesbeamte Knut Bühler bei einem Ortstermin am Mittwoch, woher das fürs Impfen erforderliche medizinische Personal kommen soll. 14 Ärzte werden für den täglichen Zwei-Schicht-Betrieb von 7 bis 21 Uhr benötigt, außerdem Dutzende Fachkräfte und weiteres Personal für Sicherheit, Datenerfassung und Reinigung.
Vor allem die Zahl der Ärzte ist ein ungelöstes Problem, zumal weitere vier Mediziner für die beiden mobilen Impfteams benötigt werden, die vor allem in Seniorenheime gehen sollen und dort die Bewohner direkt vor Ort impfen sollen. Man hofft nun auf die Hilfe von Ärzten, die bereits im Ruhestand sind, denn verabreichen darf die Spritze zwar auch eine Krankenschwester, das Vorab-Gespräch mit einem Arzt ist aber unabdingbar. Zumal der Impfstoff von Biontech in der Handhabung komplexer ist als beispielsweise ein Grippeimpfstoff und zudem zweimal mit zeitlichem Abstand verabreicht werden muss.
"Alles ist mit heißer Nadel gestrickt", räumte Bühler ein, und Landrat Schnaudigel befand das Vorgehen – in diesem Fall durchaus nicht unerfreut – als "sehr undeutsch", weil man mit dem landesweiten Aufbau von 50 Kreis-Impfzentren etwas beginnt, das noch nicht bis ins letzte Detail geplant ist. Trotz mancher Unklarheiten bekräftigte Schnaudigel aber auf Nachfrage: "Es wird keine Kreisgrenzen geben. Definitiv!"
Eines der wichtigen, noch nicht abschließend geklärten Details ist, welche Personengruppen zuerst geimpft werden, beziehungsweise in welcher Reihenfolge. Das Prozedere steht indes bereits weitgehend fest. Wer einer Risikogruppe angehört, kann unter der Telefonnummer 116117 oder über die entsprechende App einen Impftermin vereinbaren. Über die Zuordnung zu einem Impfzentrum entscheidet dann zunächst die Postleitzahl der Wohnadresse. Aber auch hier will man sich flexibel zeigen. Wer sich den Piks beispielsweise lieber in einem Zentrum in der Nähe seines Arbeitsplatzes geben lassen will, kann dies ebenfalls terminieren. Ab dem Ende des zweiten Quartals 2021 sollen dann auch niedergelassene Ärzte in ihren Praxen impfen. Bis Juli will man auf diese Weise etwa die Hälfte der rund 750.000 Menschen im Landkreis Karlsruhe geimpft haben – vorausgesetzt, es lassen sich so viele impfen. Denn auch das ist längst noch nicht klar.
Organisatorisch betreut werden die Impfzentren vom jeweiligen Landkreis, Träger ist aber das Land Baden-Württemberg, von dem nun auch Vorgaben hinsichtlich des Ärzteeinsatzes erwartet werden. Denn eigenes Personal kann das Kreisgesundheitsamt wohl nicht stellen: Dessen Mediziner seien allesamt mit der Bekämpfung der Pandemie befasst, sagte Schnaudigel.
Dass die Wahl für eines der insgesamt fünf Impfzentren im Landkreis auf das nahe der nordöstlichen Kreisgrenze gelegene Sulzfeld gefallen ist, ist auch der Initiative der Kommune zu verdanken, die die freie Kapazität in der früheren E.G.O.-Halle an die Landkreisverwaltung gemeldet hatte; entschieden hat letztendlich das Sozialministerium in Stuttgart.
Die Entscheidung sei in der Gemeinde sehr sachlich aufgenommen worden, berichtete Bürgermeisterin Sarina Pfründer. Der Gemeinderat habe die Pläne begrüßt, auf "Facebook" sei aber auch Kritik laut geworden, weil manche durch die täglich 800 zu Impfenden eine deutliche Zunahme der Verkehrsbelastung im Ort befürchten. Pfründer sieht das bislang entspannt und erinnert auf Großveranstaltungen wie die "Regio-Schau", die 2014 mit weitaus mehr Menschen in derselben Halle stattgefunden hat. Es gäbe ausreichend Parkplätze nahe der Halle. Außerdem werden voraussichtlich auch viele Menschen mit der Stadtbahn anreisen: Der Bahnhof ist etwa einen Kilometer vom Impfzentrum entfernt, die Bushaltestelle nur wenige Meter, und außerdem soll ein Shuttle-Verkehr mit Bussen eingerichtet werden, sobald das Impfzentrum seinen Betrieb aufnimmt. Bis dahin ist aber noch viel zu tun. "Uns wird über die Feiertage nicht langweilig werden", ist sich Landrat Schnaudigel sicher.