Figurenspieler Martin Fuchs überraschte am Jubiläumsabend die Gäste mit seinem Auftritt durch das Fenster und später mit einer Lesung aus seinem neuen Buch. Foto: B. Jürriens
Von Berthold Jürriens
Helmstadt-Bargen. Es hätte ein großes Jubiläumswochenende werden sollen. Schließlich feiern Martin Fuchs und sein Figurentheater-Fex in diesem Jahr 25-jähriges Bestehen. Auch der dazugehörige Verein Puppe und Kunst, PUK, besteht seit 20 Jahren, und der Verlag Ute Fuchs kann auf zehn Jahre zurückblicken. Aus der geplanten zweitägigen "Geburtstagsfeier" mit zahlreichen Programmpunkten für das "Triple" wurde ein "Theater-Bücher-Geschichten-Abend" mit Jubiläums-Buffet und glücklichen Besuchern, die aufgrund der begrenzten Plätze bei zwei verschiedenen Einlasszeiten teilnehmen konnten.
"Endlich wieder Kleinkunst, Literatur und Abwechslung", konnte man hören. Und somit war der Tag besonders, denn das Figurentheater war wohl eines der ersten kleinen Theater, das seine Tore für das Publikum in Zeiten der Corona-Krise öffneten. "Trotz des enormen Aufwands zur Erstellung des Hygienekonzepts und aller Sicherheitsmaßnahmen sind wir froh, dass wir einen Teil unseres geplanten Jubiläumsprogramms zeigen können", sagten Ute und Martin Fuchs bei ihrer Begrüßung und strahlten um die Wette.
Der Figurenspieler betrat die Bühne in dem kleinen Theater durch das Fenster "mit richtigem Corona-Abstand" zu den Gästen. Untermalt von passenden Gitarrenklängen von Ute Fuchs, las der "Wortakrobat" aus seinem neuen und reichlich bebilderten Buch "Verwortungen und andere Unverantwortlichkeiten", natürlich erschienen im Verlag seiner Frau, die seit zehn Jahren neben weniger bekannten Autoren auch international bekannten Schriftstellern und Illustratoren eine Heimat bietet. "Grafic-Lyric", so nennt Fuchs seine "Wortwirrungen, Buchbilder-Theater und Hirnverspinstungen" in seinem Buch, die man bei Unverständnis nochmals vorbeiziehen lassen sollte – so lautete sein Tipp fürs Publikum. Eigentlich sei er ein "Teilzeitnomade", der mit seinem Theaterbus unterwegs sei. "Wegen Corona wurde ich zu einem Vollzeit-Eremiten."
Die Texte handeln vom "Trommelfeuer der Zeit", "Schrumpfung" und "Gefallenen Segeln". Fuchs versteht es mit Worten zu verwirren, zum Nachdenken anzuregen und gleichzeitig klare Aussagen zu treffen. Es sind Gedanken, Szenen, Zeichnungen und Figuren, die ihn auf seinen zahlreichen Theaterfahrten, während seines Aufenthalts in Bogotá oder im Banspach-Haus zu dieser ganz eigenen "Fuchs-Lyrik" inspiriert haben. Und sie zeigen: Auch auf der kleinsten "Wort-Bühne" ist Platz für die ganze Welt: Hörens- und somit lesenswert, wie man dem Beifall der Gäste entnehmen konnte.
Anschließend interviewte der Rezitator seine eigene Frau zu ihrem Verlag, in dem alleine in den letzten fünf Jahren 16 Bücher erschienen. Ihre Bücher seien vielgestaltig wie das Leben, sagt Ute Fuchs. "Weiterhin ist es schade, dass kaum regionale Buchhandlungen die Bücher aus meinem Verlag auslegen. Dabei bieten wir auch Lesungen an." Ein echter Verkaufsschlager sei das kleine illustrierte Kinderbuch "Der rote Max" von Eric Battut, das von Martin Fuchs auch erfolgreich als Theaterstück aufgeführt wird.
Aber auch die spannende Lebensgeschichte von Hosein Zaeri-Esfahani und seiner Familie mit dem Titel "Wer weiß, wofür das gut war …", stößt auf großes Interesse. Zaeri-Esfahani floh 1985 aus dem Iran. Er galt als einer der besten Chirurgen seines Landes und absolvierte in Deutschland zunächst eine Ausbildung als Altenpfleger. "Leider ist kurz vor der Lesung in Heidelberg, bei der sich auch das Fernsehen angemeldet hatte, Corona dazwischen gekommen."
Zum Ende zeigte Martin Fuchs die unterschiedlichsten Figuren wie eine Kopfstab- und Tuchmarionette oder wie man einen Handschuh und einen Kopf zum Sprechen bringen kann. Gleichzeitig wagte das Künstler-Ehepaar einen Ausblick: "Ein Halbjahresprogramm wie bisher wird es aufgrund der Unsicherheiten bezüglich Corona nicht geben. Wir müssen spontan agieren." Ein Theaterstück für Kinder und eines für Erwachsene seien in Planung und könnten wahrscheinlich im Herbst Premiere feiern. Gespannt seien sie auf einen Auftritt in Dortmund im August im Westfalenpark. "Das wäre seit dem März das erste Mal." Zum Abschluss konnten die Gäste im "Theaterhof" etwas essen und den neuen "corona-geeigneten Flaschenöffner eines Puppenspielers" bewundern.