Egal, ob die Sonne scheint, es regnet, stürmt oder schneit: Die Kinder im Waldkindergarten „Buntspechte“ spielen das ganze Jahr im Freien und bekommen von Corona nur wenig mit. Foto: Falk-Stéphane Dezort
Von Falk-Stéphane Dezort
Bad Rappenau. Seit neun Monaten beherrscht die Corona-Pandemie das gesellschaftliche Leben. Veranstaltungen werden reihenweise abgesagt, Restaurants mussten schließen und inzwischen folgt eine Ausgangssperre der nächsten. Doch von alldem bekommen die Kinder und Erzieherinnen im Waldkindergarten "Buntspechte" nur wenig mit. "Wir sind ein stückweit auf der Insel der Seligen", sagt Brigitte Erb.
Während andernorts Einrichtungen nach positiven Testergebnissen in Quarantäne geschickt werden mussten, blieben die Naturkinder bis dato von solchen Maßnahmen verschont. "Aber wir merken die Pandemie schon", betont die Erzieherin. Ein Kind dessen Bruder aufgrund eines Falls an der Schule zu Hause bleiben musste, blieb dann auch dem Kindergarten fern, erklärt Erb.
"Die Kinder sind aber auch abgehärtet. Auch in anderen Wintern haben wir wenig kranke Kinder, weil wir ständig draußen sind." Egal, ob die Sonne scheint, es regnet, stürmt oder schneit: Die Kinder des Waldkindergartens spielen täglich an der frischen Luft und lassen dabei ihrer Fantasie freien Lauf. Mit einem Morgenkreis beginnt der Tag – anschließend tollen die Kleinen durch das nasse Laub bis es beispielsweise am Dienstag auf die gemeinsame wöchentliche Wanderung geht. Wenig Zeit verbringe man hingegen momentan im Bauwagen, in dem die Kinder eng beieinander sitzen und die Erzieher eine Mund-Nasen-Maske tragen müssen. "Das irritiert die Kinder schon", sagt die Pädagogin. "Aber wir sind so gut wie gar nicht drin. Die Kinder finden immer etwas zu tun." Und bei Regen müsse man sich nur wasserfest anziehen.
Gerade in Corona-Zeiten hat ein solches Betreuungskonzept viele Vorteile, findet Erb. So gebe es im Vergleich zu herkömmlichen Einrichtungen keine Möbel oder Spielzeuge, die fortlaufend desinfiziert werden müssten. "Im Winter ist das auch noch so eine Sache, da die Kinder die meiste Zeit Handschuhe anhaben", erklärt die Pädagogin. Berührungspunkte gebe es beispielsweise beim Bollerwagen oder der Schubkarre. "Stöcke sind für jedes Kind genügend da", sagt Erb mit Blick auf die natürlichen Spielgeräte des Nachwuchses. Einzig die Ausflüge zu Spielplätzen in der Umgebung bleiben coronabedingt aus. Darüber hinaus sind die "Buntspechte" nur eine Gruppe mit 17 Kindern, sodass es ohnehin keine Vermischung geben kann.
Aufgrund der Pandemie achte man aber auch im Wald nun verstärkt auf die Hygiene. So werden sich die Hände nicht mehr wie bisher nur nach einem Toilettengang oder vor dem Essen gewaschen, sondern auch dann, wenn die Kleinsten von ihren Eltern abgeholt werden und den Kindergarten verlassen. Zudem dürfen die Kinder nicht mehr ihr Frühstück untereinander teilen. "Das ist jetzt untersagt. Da passen wir schon auf", betont Erb.
Auch die Besuche von Lehrern im Rahmen der Kooperation mit der Grundschule für Kinder im letzten Kindergartenjahr wurden seit Pandemiebeginn deutlich reduziert. Statt alle zwei Wochen finden die Treffen, bei denen der Nachwuchs auf die Schulzeit hingeführt werden soll, nur noch einmal im Monat statt. Normalerweise besuchen die Kinder auch die Schule. Ob das in Corona-Zeiten auch der Fall ist, ist unklar, sagt Erb.
Seit dreieinhalb Jahren gibt es inzwischen in Bad Rappenau das Angebot eines Waldkindergartens. Angedacht war auch die Kapazität auf zwei Gruppen zu erweitern. Doch das geben die aktuellen Anmeldezahlen nicht her, erklärt die Erzieherin. Deshalb haben die Verantwortlichen "den Plan zunächst einmal zurückgestellt".