Ist in einem Aquarium - wie hier auf Fehmarn - die artgerechte Haltung von Haien möglich? Tierschützer bezweifeln dies. Foto: dpa
Von Tim Kegel
Sinsheim. Es klingt ein bisschen nach Dubai: Echte Haifische - bis zu 40 Arten - die in einem 7,5-Millionen-Liter-Aquarium ihre Kreise drehen. Beim Sinsheimer Bundesligastadion und bei der Badewelt, neben Fastfood- und Möbelketten und Überschalljets. Mächtig Wellen schlägt momentan die Planung eines Haifisch-Observatoriums in Sinsheim. Im kommenden Jahr soll die Sache konkret werden.
Im Spätjahr 2015 wurden die Pläne öffentlich - und nicht überall stößt das Vorhaben auf Begeisterung. Zunächst war da die Petition "Nein zum Haifisch-Observatorium" auf einer Homepage für derartige Anliegen: Diese fand vor etwa einem Jahr - vom 22. Oktober bis zum 18. November - genau 1398 Unterzeichner, davon allerdings nur 89 aus Sinsheim.
Die Gegner der Planung beriefen sich auf die Tierrechtsorganisation PETA und deren Meeresbiologin Tanja Breining: Enge Becken, kaum Versteckmöglichkeiten, Blitzlicht und klopfende Besucher bedeuteten "enormen Stress für die sensiblen Meeresbewohner". Die Beschaffung von Haien und Rochen für Aquarien geschehe darüber hinaus häufig durch Wildfänge, "bei denen viele Fische schon beim Fang und Transport sterben" würden. Jährlich, heißt es in der an Sinsheims Oberbürgermeister Jörg Albrecht gerichteten Petitionsbegründung, würden etwa 5000 Haie in deutsche Aquarien importiert, "darunter auch Babys, die den Müttern lebend aus dem Bauch geschnitten werden."
Eine artgerechte Haltung von Fischen sei nur in Freiheit möglich. Inzwischen will PETA sogar Informanten haben, die bereits vom Ankauf von Haien durch die künftigen Betreiber wissen - ohne dass das Vorhaben in trockenen Tüchern sei. Das klingt verwerflich, ginge aber auf legalem Weg. Ohnehin, sagt das städtische Baurechtsamt, müsse die Genehmigungsfähigkeit eines Bauantrags hergestellt werden, wenn sich dieser in gesetzeskonformem Rahmen bewege. Kontrolliert werde ohnehin - allerdings hinterher.
Stadtvater Albrecht lässt verlauten, dass allenfalls "Fragmente eines Bauantrags" dem Rathaus vorlägen. Selbst wenn man das inzwischen "Shark City" getaufte Vorhaben "grundsätzlich als Bereicherung des Tourismusangebots" begrüße und ein waches Auge aufs geltende Recht habe, stünden im aufwändigen Genehmigungsverfahren "noch etliche Fragezeichen", sagt Albrecht.
Und außerdem: Das Grundstück nah der Messe Sinsheim ist in Privatbesitz, gehört der "Layher GmbH" und damit dem Konsortium der eher spektakelaffinen Betreiber des Auto- und Technik-Museums Sinsheim. Relativ weit gediehen wirken indessen die Unterlagen, auf deren Grundlage "The Seven Seas GmbH", so der Name des Betreibers - ein Aquarienfachhandel im pfälzischen Grünstadt - das Ozeanarium nach Sinsheim bringen will: Die Kopie des Bauantrags, die der Redaktion vorliegt, ging laut Stempel früher als gedacht, nämlich bereits am 29. Juli 2015 in der Baurechtsabteilung der Stadtverwaltung ein. Hierbei handelt es sich um ein 26-seitiges Papier mit genauen Angaben zur technischen und baulichen Ausstattung des Elf-Millionen-Euro-Projekts, zu dessen räumlicher Aufteilung und Planern. Beim Personal ist die Rede von um die 30 Angestellten. Nur wenig Konkretes ist dem Papier über die Haltungsbedingungen der Haifische zu entnehmen. Mittlerweile ging die "Seven Seas" in die Öffentlichkeitsoffensive für ihre Haifisch-Stadt, verspricht auf einer makellosen Homepage kühn die Eröffnung im Jahr 2017. Und trumpft auf: Mit an Bord der zweigeschossigen "Reise durch die Welt der sieben Meere", die auch den Verkauf von Meerestieren und Aquaristik, ein Film- und Dokumentationszentrum, sowie Erlebnisgastronomie im Angebot hat, sei Dr. Erich Ritter, Hai-Verhaltensforscher und Aktivist.
Als zoologischer Leiter der Einrichtung wurde kürzlich Alexander Dressel genannt, Aquarist beim Konstanzer "Sea Life", einer ähnlichen Einrichtung für Meeres-Events. Die steife Brise, die dem Projekt bisweilen entgegen weht, könne das Vorhaben auch befruchten, meint Boris Udina vom Unternehmensmarketing: Schutz und Pflege der Tiere hätten größten Stellenwert, Beckengrößen seien "opulenter" geplant als anderswo.
Laut Bauantrag sind unter anderem ein Lagunenbecken, ein Überkopfbecken, ein Tiefseebecken, ein Atlantik-, ein Mittel-, ein Rotmeer- sowie ein Südafrikabecken geplant, sowie Insel und Lagune. Die Flächen der Becken sind zwischen 3,5 Quadratmetern und 380 Quadratmetern angegeben.