Von Barbara Klauß
Heidelberg/Leimen. 1896, vor mehr als 120 Jahren, wurde das Zementwerk in Leimen in Betrieb genommen. Zeitweise waren dort bis zu 1000 Menschen beschäftigt. Seit über 100 Jahren wird es mit einer Materialseilbahn – einer der letzten ihrer Art – aus dem Steinbruch in Nußloch mit Schotter beliefert.
Doch diese traditionsreiche Geschichte geht nun zu Ende: HeidelbergCement stellt die Klinikerproduktion im Zementwerk in Leimen ein, wie der Baustoffkonzern am Dienstag mitgeteilt hat. Bis Ende 2022, spätestens Anfang 2023 werden beide Ofenanlagen stillgelegt. Auch die Materialseilbahn braucht das Unternehmen dann nicht mehr.
HeidelbergCement gibt das Werk damit allerdings nicht vollständig auf, sondern führt es als Mahlwerk weiter. Das heißt, dass in Leimen kein Zementklinker mehr hergestellt, sondern angelieferter Klinker aus benachbarten Werken des Konzerns zu Zement vermahlen wird (s. Hintergrund). Allerdings mit wesentlich weniger Mitarbeitern: 90 von derzeit rund 120 Stellen fallen weg. Am Dienstag wurden die Mitarbeiter bei einer Betriebsversammlung darüber informiert.
Für die betroffenen Kollegen werde nun in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ein Interessenausgleich und Sozialplan ausgearbeitet, teilte eine Unternehmenssprecherin mit. Derzeit würden Gespräche mit dem Betriebsrat geführt. Aufgrund der Altersstruktur am Standort geht man davon aus, dass "etlichen Betroffenen" eine Ruhestandsregelung angeboten werden könne. Zudem würden konzerninterne Versetzungen geprüft, so die Sprecherin. Doch schloss sie betriebsbedingte Kündigungen nicht aus.
Dass HeidelbergCement die Klinikerproduktion in Leimen einstellt, kommt für Gewerkschaftssekretär Christos Kirizakis von der IG Bau nicht überraschend. Der Zeitpunkt hingegen schon. Bislang sei immer ein Zeitraum von sieben bis acht Jahren genannt worden, so Kirizakis. Davon seien auch die Kollegen im Werk ausgegangen. Dass HeidelbergCement es schaffe, in höchstens zweieinhalb Jahren 90 Stellen ohne betriebsbedingte Kündigungen abzubauen, hält er nicht für sehr wahrscheinlich.
Als Grund für die Umstellung führt HeidelbergCement an, dass sich die Rohstoffvorräte im Steinbruch in Nußloch, in dem der Kalkstein für das Werk abgebaut wird, dem Ende zuneigen. Zwischenzeitlich hätten bereits Rohstoffe von anderen Abbaustätten zugeliefert werden müssen. Zudem seien die Ofenanlagen in die Jahre gekommen. In nächster Zeit wären laut Mitteilung "Investitionen im zweistelligen Millionenbereich in die Technik und in die Umweltschutzanlagen des Werkes notwendig geworden". Vor dem Hintergrund "des überschaubaren Rohstoffhorizonts im Steinbruch" sei das "keine wirtschaftlich darstellbare Option".
Der Großteil des Klinkers soll künftig mit der Bahn über einen bestehenden Gleisanschluss nach Leimen geliefert werden. Für den Bau einer Klinkerentladung würden Investitionen getätigt, so die Sprecherin. Die Technik für den Betrieb als Mahlwerk sei jedoch bereits vorhanden. Zu den voraussichtlichen Kosten für die geplante Umstellung und den Einsparungen, die der Konzern dadurch erwartet, machte sie keine Angaben.
Was mit dem Steinbruch in Nußloch geschieht, wird der Sprecherin zufolge noch geprüft. Die künftige Nutzung des Werksgeländes und der Seilbahn würden mit den zuständigen Behörden, der Stadt Leimen, der Stadt Heidelberg und der Gemeinde Nußloch besprochen.
Auch ohne Klinkerproduktion betonte sie den Stellenwert des Standortes für den Konzern: Das Werk habe für HeidelbergCement als Heimat- und Stammwerk schon immer eine besondere Bedeutung, erklärte sie. "Leimen ist nach wie vor ein strategisch wichtiger Standort für uns, von dem aus wir weiterhin die umliegende Rhein-Neckar-Region mit Zement versorgen werden." Zudem befinde sich dort neben dem Werk auch das Forschungszentrum, die deutsche Abteilung Entwicklung und Innovation sowie das Shared Service Center.
In diesem Dienstleistungszentrum sind Funktionen aus den Bereichen Personal und Rechnungswesen für mehrere Standorte zusammengefasst. Zuletzt sollen Stellen von dort verlagert worden sein. Wie viele – und wie viele Mitarbeiter das Shared Service Center in Leimen derzeit noch hat, dazu machte das Unternehmen auf Anfrage keine Angaben.
Zuletzt hatte dem Baustoffkonzern mit rund 53.900 Mitarbeitern weltweit und rund 1300 in der Region (800 davon in der Hauptverwaltung in Heidelberg) die pandemie-bedingte Nachfrageschwäche in vielen Teilen der Welt zu schaffen gemacht. Bereits zuvor hatte HeidelbergCement den Fokus auf Kosteneinsparungen gelegt: Seit Februar läuft ein Sparprogramm. Unter anderem mit weniger Personalaufwendungen, freiwilligen Gehaltskürzungen des Managements und Beschränkungen von Investitionen sollen die Ausgaben gesenkt werden.
Die Ofenanlagen sollen bis Anfang 2023 stillgelegt, das Werk als Zementmahlwerk weiter genutzt werden.
Von Barbara Klauß
Leimen. Heidelberg Cement stellt die Klinkerproduktion im traditionsreichen Zementwerk in Leimen ein und legt beide Ofenanlagen bis spätestens Anfang 2023 still. Das teilte der Baustoffkonzern am Dienstag mit. Das Werk soll demnach künftig als Mahlwerk betrieben werden. Rund ein Viertel der derzeit rund 120 Mitarbeiter soll im Mahlwerk weiter beschäftigt bleiben.
Rund 90 Stellen fallen der Mitteilung zufolge weg. Für den Stellenabbau sollen – wenn möglich – Ruhestandsregelungen oder konzerninterne Versetzungen genutzt werden. Für die übrigen betroffenen Mitarbeiter sollen gemeinsam mit dem Betriebsrat sozialverträgliche Lösungen gefunden werden.
HeidelbergCement begründet die Einstellung der Klinkerproduktion mit den Rohstoff-Vorräten im Steinbruch in Nußloch, die sich dem Ende zuneigten. Zudem sei die Ofenanlage in die Jahre gekommen. In der nächsten Zeit wären erhebliche Investitionen im zweistelligen Millionenbereich notwendig geworden, heißt es in der Mitteilung. "Vor dem Hintergrund des überschaubaren Rohstoffhorizonts im Steinbruch ist dies keine wirtschaftlich darstellbare Option."
Mögliche Nachfolgenutzungen für den Steinbruch in Nußloch würden derzeit geprüft, teilte der Konzern weiter mit. Die Materialseilbahn aber, die das Werk seit mehr als 100 Jahren mit dem Steinbruch verbindet, werde nicht mehr benötigt.