A5-Lärm Schriesheim

Der neue Beton ist doch nicht lauter als der alte Asphalt (Update)

Die Autobahngesellschaft legte ihre Messungen vor. Ein schwerer Schlag für die lärmgeplagten Anwohner.

26.07.2021 UPDATE: 26.07.2021 17:16 Uhr 3 Minuten, 9 Sekunden

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Der neue Betonbelag auf der A 5 zwischen Dossenheim und Schriesheim ist nicht lauter als der alte Asphalt, der im Zuge der Straßendeckensanierung 2019/2020 ersetzt wurde. Das ist, knapp zusammengefasst, das Ergebnis der Messungen der Autobahngesellschaft des Bundes, die Mitte April gemacht wurden. Damals war nicht nur ein Messwagen über die A 5 gefahren, an zwei Stellen wurden auch Mikrofone aufgestellt, um die Geräusche der Reifen zu erfassen.

Seitdem im Juni 2020 der letzte Bauabschnitt, die zwei Fahrstreifen in Richtung Heidelberg, eröffnet wurden, hatten sich die Beschwerden von A 5-Anwohnern, insbesondere aus Schriesheim, gehäuft: Sie klagten, dass der Lärm seit der Sanierung deutlich stärker sei, im Grunde sei ein Aufenthalt im Freien gar nicht mehr möglich.

Nach der Berichterstattung beschwerten sich auch Ladenburger, die eine ähnliche Beobachtung gemacht hatten; und in Hirschberg fürchtete man ähnliche Probleme, wenn dort ab August die A 5-Sanierung ansteht. Als Reaktion darauf hatte die Autobahngesellschaft erstmals an einem Abschnitt konkrete Messungen vorgenommen, sonst wird der Lärm nur berechnet – was wiederum die Anwohner kritisiert hatten.

Matthias Milesi von der Autobahngesellschaft erklärte auch, warum: Die Messungen könnten durch irgendwelche tagesaktuellen Einflüsse verzerrt sein; zudem seien "die Werte bei Berechnungen tendenziell höher als bei Messungen", so Milesi, "es gibt da eine Art Puffer für die Lärmbetroffenen".

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Robert Zimmermann von der Autobahngesellschaft-Niederlassung in Heidelberg berichtete davon, dass der neue Betonbelag die in ihn gesetzten Hoffnungen auf Lärmminderung erfüllt habe. Nach der Richtlinie sollte er zwei Dezibel leiser sein als der alte Belag – wobei man Veränderungen ab drei Dezibel erst bemerken kann.

Tatsächlich ist der von den Anwohnern besonders kritisierte Fahrstreifen nach Süden (Heidelberg) mit 2,8 Dezibel Lärmminderung sogar leiser als der in Richtung Norden (Weinheim) mit 1,3 Dezibel; der Mittelwert beider Fahrstreifen liegt also bei 2,05.

Besonders überraschend: Bei den Lastwagen, die neuerdings so sehr dröhnen sollen, liegt die Lärmminderung sogar bei 4,1 (Norden) und 4,2 Dezibel (Süden). Zimmermanns Fazit: "Der Eindruck, dass es in Richtung Süden deutlich lauter sein soll als in Richtung Norden, deckt sich mit unseren Messungen nicht – im Gegenteil."

Zusätzlich nahmen an zwei Standorten Mikrofone noch die Frequenzen der Rollgeräusche auf. Aber auch hier gab es "keine Auffälligkeiten", es gibt keine Unterschiede zwischen den Fahrbahnen.

Eher zufällig wurde – obwohl gar nicht in Auftrag gegeben – auch noch gemessen, ob es in Sachen Lärm Unterschiede zwischen dem alten Asphalt und dem neuen Beton gibt, was die Anwohner gefordert hatten. Denn sie vermuteten, dass der Asphalt leiser wäre. Auch hier zeigte sich, dass der Asphalt lauter war als der neue Beton. "Wäre etwas anderes herausgekommen, dann hätten wir die Daten genauso veröffentlicht", so Zimmermann.

Wenn dem so ist, wieso beklagen sich dann die Anwohner? Zimmermann versuchte zumindest diese Erklärung: "Für das Ohr war es ein Jahr lang ziemlich ruhig gewesen, und dann kam der ganze Verkehr mit Macht." Denn während der Bauzeit galt Tempo 80, und als der zweite Abschnitt in Richtung Süden saniert wurde, kam auch noch der Lockdown, auf den Autobahnen herrschte deutlich weniger Verkehr.

Als dann im Juni 2020 die A 5 wieder ganz freigegeben wurde, waren auf einmal alle Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgehoben, und auch die Zahl der Fahrzeuge war wieder auf dem Stand vor der Pandemie. Fast wahrscheinlicher ist aber etwas, was Zimmermann nicht messen konnte: "Asphalt hört sich anders an als Beton, das ist ein anderer Ton." Gut möglich also, dass die Anwohner sich am Dröhnen und Brummen stören, weil Rollgeräusche auf Beton wahrscheinlich einen tieferen Ton erzeugen als auf Asphalt.

Zimmermann beteuerte, dass "alle Ansätze herangezogen seien", um den Klagen der Anwohner auf den Grund zu gehen, aber es gebe nun einmal diese klare Datenlage. Und auch Wolfgang Grandjean, der Leiter der Unternehmenskommunikation der Autobahngesellschaft, sagte in Richtung der A 5-Nachbarn: "Es ist so, dass nicht das herausgekommen ist, was man sich vielleicht bei den Betroffenen gewünscht hat."

Schriesheims Bürgermeister Hansjörg Höfer brachte eine Geschwindigkeitsbegrenzung für die A 5 zwischen Heidelberg und Weinheim ins Spiel. Dafür stehen die Chancen allerdings schlecht: "Für uns stellt sich diese Frage nicht – nach dem heutigen Stand und mit diesen Ergebnissen", so Zimmermann. Auch Milesi meinte: "Für eine solche Maßnahme sind die Hürden sehr hoch. Aber ein Tempolimit macht bei Strecken mit einem hohen Lkw-Anteil wenig Sinn." Denn für die gelten ja sowieso maximal 80 km/h auf den Autobahnen.

Und doch könnte es einen kleinen Hoffnungsschimmer für eine Lärmschutzwand geben: Denn in Zukunft – unklar ist nur, wann – soll bei hohem Verkehrsaufkommen der Seitenstreifen der A 5 zwischen Weinheim und Heidelberg befahrbar sein. Dann würde es garantiert mehr Lärm geben, die Grenzwerte von 64 Dezibel am Tag und 59 Dezibel in der Nacht könnten schnell erreicht sein – und erst in diesem Fall hätten die Anwohner das Recht auf eine Lärmschutzwand.

Immerhin: Für insgesamt 29 Häuser ermittelte die Autobahngesellschaft dann doch mehr Lärm als vorher. Doch ob sie nun das Recht auf Schallschutzfenster haben, steht auf einem anderen Blatt, denn dabei handelt es sich, so Zimmermann "um keinen Anspruch".

Update: Montag, 26. Juli 2021, 19.27 Uhr