"Waldschutzgebiet für Mensch und Natur" heißt es auf dem Schild zur Schwetzinger Hardt. Ob die Waldfläche bald um 2,5 Hektar kleiner wird, steht noch nicht fest. Foto: Hebbelmann
Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. Bei der geplanten Rodung von rund 2,5 Hektar Wald für die Erweiterung des Geländes beim Fußballzweitligisten SV Sandhausen (SVS) gehört das Kreisforstamt des Rhein-Neckar-Kreises zu den sogenannten Trägern öffentlicher Belange. Neben Naturschutzverbänden und weiteren Behörden bewertet auch das Forstamt die Pläne zum "Sportzentrum Süd" aus seiner Sicht. Sebastian Eick ist als Leiter des Forstbezirks Rheintal-Bergstraße unter anderem für das Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt zuständig.
Herr Eick, ist man als Verantwortlicher für einen Forstbezirk nicht gegen jede Waldrodung, insbesondere wenn sie den eigenen Zuständigkeitsbereich betrifft?
Unabhängig vom Zuständigkeitsbereich sind die Walderhaltung und die Waldvermehrung die wichtigsten Aufgaben für unsere Behörde. Und in so einem Verfahren müssen wir darauf hinweisen, welche Bedeutung dieser Wald hat. Beim Projekt "Sportzentrum Süd" handelt es sich um eine erhebliche Inanspruchnahme des Waldes. Dass wir als Behörde das erst einmal als bedenklich ansehen, ist unser Job.
Der schlechte Zustand der Wälder ist ja derzeit in aller Munde - wie geht es speziell dem Teil des Hardtwaldes, der gerodet werden soll?
Man muss da differenzieren: Der Kiefernwaldbestand ist bezüglich der Standortgüte und Struktur eigentlich ziemlich durchschnittlich für die Schwetzinger Hardt. Generell sind die Hardtwälder in Nordbaden der Waldbereich in Baden-Württemberg, der die größten Schäden überhaupt aufweist. Das ist ein absoluter Problembereich. Hier beobachten wir besonders die Entwicklung der letzten Jahre, dass Hitze und Trockenheit zu sehr starken Waldschäden führen.
Die Schwetzinger Hardt wird als Schutzgebiet mit Erholungsfunktion bezeichnet. Welche Kriterien muss ein Wald dafür erfüllen?
Dieser Bereich ist ein gesetzlicher Erholungswald. Dabei ist nicht entscheidend, wie er aussieht, sondern welche Besucherfrequenz er hat. Diese Kategorie kommt also allein durch die Lage zustande, die Nähe zur Wohnbebauung ist entscheidend. Für Waldbesitzer - insbesondere wenn das Gebiet wie hier in öffentlicher Hand ist - bedeutet das, dass die Naherholungsfunktion die vorrangige Zielsetzung ist und nicht die rein wirtschaftliche Nutzung, etwa für die Holzernte.
Was zeichnet das betreffende Waldstück als sogenanntes Klima- und Immissionsschutzgebiet aus?
Die Forstliche Versuchsanstalt des Landes kartiert immer wieder neu, welche Funktionen eines Waldes besonders zu erwähnen sind. Bei den Hardtwäldern zählen dazu vor allem die Kiesböden als wichtige Grundwasserleiter, sie haben also auch eine Grundwasserschutzfunktion. In einem Verdichtungsraum wie der Rheinebene kühlt der Wald außerdem die Luft ab, durch Verdunstung und Schatten trägt er zu einem besseren lokalen Klima bei. Außerdem gilt das Gebiet als Immissionsschutzwald wegen der vielen Verkehrswege in der Nähe. Zum Beispiel filtert das Astwerk Feinstaub aus der Luft.
Forstbezirksleiter Sebastian Eick. Foto: zg
Nun hat die Schwetzinger Hardt aber eine Fläche von insgesamt 3500 Hektar. Bleibt nach einer Rodung von gerade einmal 2,5 Hektar nicht noch genug Platz für Erholungs- und Schutzfunktionen?
Genau diese Abwägung muss letztlich in dem Verfahren getroffen werden. Die Entscheidung trifft die höhere Forstbehörde mit Sitz in Freiburg, die solche Argumente natürlich beachtet. Wir als untere Forstbehörde müssen die rein fachliche Sicht aufzeigen und ganz sachlich auf die Belange hinweisen, die für eine Walderhaltung sprechen.
Viel diskutiert werden ja die Aussichten auf den Erfolg der verpflichtenden Wiederaufforstung der gerodeten Fläche an anderer Stelle - kann diese Maßnahme adäquaten Ersatz schaffen?
Dazu gibt es bestimmte Regeln, ein neuer Wald muss ja erst mal wieder in diese Funktionen hereinwachsen, was einige Jahrzehnte dauert. Das forstliche Gebot des Flächenausgleichs sieht es etwas anders: Der Wald ist im gegebenen Flächenumfang innerhalb eines Gebiets mindestens zu erhalten, er muss aber nicht sofort wieder die gleichen Funktionen haben wie vorher. Aus forstrechtlicher Sicht ist das Argument des Ausgleichs daher in Ordnung, wir sehen da nicht den 1:1-Vergleich. Am Ende muss die Aufforstung auch fachlich gelingen, zum Beispiel müssen geeignete Baumarten für den Standort gepflanzt werden, wozu auch das Forstamt gefragt wird. Heutzutage muss man für die Wiederaufforstung gegebenenfalls wässern. Aber das ist leistbar, sonst würden wir nicht von Wiederaufforstung reden. Man muss es nur fachlich richtig machen, damit neuer Wald entsteht.
Was können die Bedenken Ihrer Behörde gegen das Projekt "Sportzentrum Süd" am Ende bewirken?
Das kann ich nicht beurteilen, in so einem Verfahren ist es Normalität, dass wir unsere Bedenken einbringen. Landwirte werden wahrscheinlich Bedenken haben, weil ihnen durch die Wiederaufforstung Flächen verloren gehen und die Wasserrechtsbehörde hat vielleicht Bedenken, weil weniger Wald da ist, der das Grundwasser schont. Es gibt in diesem Verfahren hohe fachliche Hürden, die sind der Gemeinde und dem SVS aber bekannt.