Von Christoph Moll
Spechbach. Seit Anfang des Monats ist Werner Braun (Freie Wähler) neuer Bürgermeister der 1700-Seelen-Gemeinde. Der 46-Jährige trat die Nachfolge von Guntram Zimmermann (SPD) an, der nach 24 Jahren im Amt in den Ruhestand wechselte. Am Donnerstag wird Zimmermann verabschiedet und Braun ins Amt eingeführt. Im RNZ-Interview berichtet der neue Rathauschef von seinen ersten Tagen, seinen Zielen und fehlender "Bodenhaftung".
Herr Braun, wie waren die ersten Tage als Bürgermeister?
Werner Braun: Für mich gilt es nun erst einmal anzukommen und mich mit den Strukturen vertraut zu machen. Es sind Gespräche mit den Mitarbeitern zu führen und zu schauen, was jeden Tag anliegt. Ich denke, dass ich recht gut reinkomme. Ich sehe mich als Lehrling. Die Kollegen unterstützen mich sehr und arbeiten mich ein. Für mich ist viel neu, aber ich bringe auch viel von außen ein. Als Gemeinderat habe ich schon viele Themen kennengelernt.
Haben Sie schon einen Einstand bei den Mitarbeitern der Gemeinde gegeben?
Nein, der folgt noch. Die Mitarbeiter waren zu meinem Amtsantritt alle da, was mich sehr gefreut hat.
Was haben Sie zum Amtsantritt geschenkt bekommen?
Eine Pflanze fürs Büro, einen sogenannten Drachenbaum. Er ist noch nicht allzu groß, aber er hat ja Zeit zum Wachsen. Acht Jahre auf jeden Fall, vielleicht auch länger. Von meiner Frau bekomme ich noch Bilder fürs Büro.
Apropos: Hat sich im Dienstzimmer des Bürgermeisters etwas verändert?
Es wurde frisch gestrichen und der Boden wurde frisch aufgearbeitet. Die Möbel sind noch in einem guten Zustand. Schreibtisch und Stuhl musste ich etwas tiefer einstellen. Als ich mich zum ersten Mal hingesetzt habe, hingen meine Beine in der Luft. Mein Vorgänger ist ja etwas größer als ich. Jetzt komme ich wieder auf den Boden. Der Tisch war zum Glück höhenverstellbar. Ich habe keine großen Ansprüche. Wichtig ist, dass alles funktionell ist und ich mich wohlfühle. Und das tue ich.
Wie haben Sie sich in den vergangenen Wochen auf das Amt vorbereitet?
Guntram Zimmermann hat mich zu vielen Terminen eingeladen. Da ging es zum Beispiel um Baumaßnahmen und um Personal. Außerdem hat er sich viel Zeit genommen, um mich durch die Räume zu führen und mir alle Ablagen zu zeigen. Mir wurde die Stelle gut hinterlassen, aber ich muss mich nun selbst in den Akten und Unterlagen zurechtfinden. Das wird mich noch eine ganze Zeit begleiten, ist aber ganz normal.
Da Sie bisher nicht in der Verwaltung tätig waren: Machen Sie eigentlich einen Kurs für Bürgermeister-Neulinge?
Ja, Anfang Oktober. Vieles werde ich mir im Tagesgeschäft aneignen.
Sie haben bisher ein eigenes Bauunternehmen geführt. Wie geht es mit diesem weiter?
Wir hatten zuletzt eine größere gewerbliche Baustelle in Epfenbach, um die ich mich die vergangenen sechs Wochen gekümmert haben. Alle kleineren Baustellen hat ein Mitarbeiter betreut, der künftig in der Verantwortung stehen soll. Er hat ein gutes Gefühl für den Betrieb bekommen. Das läuft ganz gut. Es ist aber selbstverständlich und klar, dass die Firma keine Aufträge mehr für die Gemeinde Spechbach ausführen wird.
Wie groß ist denn die Umstellung für Sie persönlich?
Die größte Veränderung ist, dass ich mehr am Schreibtisch sitze und nicht mehr so viel draußen bin. Meine Arbeitskleidung ist jetzt nicht mehr Arbeitshose und Sicherheitsschuhe, sondern eher Anzug und Krawatte. Aber als Kirchengemeinderat ist das Tragen eines Anzugs mit Krawatte nichts Ungewöhnliches für mich. Da hatte ich noch nie ein Problem mit. Ich fühle mich in T-Shirt und Arbeitshose, aber auch im Anzug wohl. Den Sommer habe ich noch gut genutzt, um Bräune einzusammeln – inklusive Sonnenbrand auf der Nasenspitze. Zukünftig werde ich wohl nur noch im Urlaub braun.
Hatten Sie nach dem Wahlkampf Gelegenheit zu einem Urlaub?
Ja, meine Frau und ich haben ein verlängertes Wochenende im Schwarzwald verbracht. Wir hatten eine Ferienwohnung, das war recht entspannt. Wir machen auch sonst keine größeren Urlaube, lieber mehrere Kurzurlaube.
Ist es vielleicht sogar ein Vorteil, während der Corona-Krise anzufangen? Schließlich hat ein Bürgermeister derzeit weniger Termine.
Ja, auf der einen Seite ist es gut. Auf der anderen Seite macht Corona auch viel Arbeit. Die Vereinsversammlungen am Abend fallen weg. Es ist deshalb einfacher reinzukommen, aber es gibt dennoch viele Termine.
Welche Termine standen und stehen denn an?
Wichtige Themen sind der Aufbau eines Glasfasernetzes durch ein privates Unternehmen und unser digitales Nahversorgungsprojekt. Außerdem gab es schon eine Videokonferenz mit meinen Bürgermeisterkollegen und ich habe schon einen Jubilar zum 90. Geburtstag besucht – mit Abstand und im Freien geht das auch derzeit.
Was wird sich denn unter Bürgermeister Werner Braun im Rathaus ändern?
Eine wichtige Veränderung ergibt sich von alleine. Unser Kämmerer verlässt die Gemeindeverwaltung Ende Oktober. Wir stehen unter dem Druck, schnell einen geeigneten Nachfolger zu finden. Das wird nicht einfach. Es wird wahrscheinlich eine Übergangszeit geben, in der andere Mitarbeiter Aufgaben übernehmen müssen. Dazu gab es schon die ersten Gespräche. Ich kann mir vorstellen, dass ich Aufgaben des Bauamtes übernehme. Da kenne ich mich ja etwas aus. Außerdem möchte ich die Öffnungszeiten des Rathauses angehen. Donnerstags ist bisher bis 18 Uhr geöffnet. Vielleicht können wir das noch verlängern, um Berufstätigen entgegenzukommen. Zudem sollen die Büros mit einem Wegweisesystem leichter zu finden sein.
Abschließend: Welche Ziele haben Sie sich für die ersten 100 Tage gesteckt?
Das Allerwichtigste ist, dass begonnene Vorhaben weitergeführt werden. Wir wollen beim Aufbau des Glasfasernetzes weiterkommen und dies auch beim Neubaugebiet Taubenbaum. Hier läuft derzeit die Ausschreibung für die Erschließung, die Anfang Januar beginnen soll. Der Umbau des Feuerwehrhauses bereitet Sorgen, hier ist Druck da. Wir sind den Ehrenamtlichen eine bessere Ausstattung schuldig. Für den Bauhof muss schnellstmöglich ein neues Fahrzeug her, weil ein Schlepper einen Totalschaden hat. Das ist ganz wichtig. Und wir müssen bis dahin einen neuen Kämmerer gefunden haben. Das ist wichtig für die Gemeinde.