Neckargemünd. (cm) "Wenn wir das beschließen, wären wir neben der Stadt Heidelberg sowie Wiesloch und Leimen die dritte Kommune im Rhein-Neckar-Kreis", sagte Bürgermeister Frank Volk in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gremiums. Und der Gemeinderat stimmte bei einer Enthaltung zu. Die Rede war von der Selbstverpflichtung "Pestizidfreie Kommune", mit der die Lebensbedingungen für Insekten, aber auch Menschen verbessert werden sollen.
Klimaschutzmanagerin Nicola Lender erklärte, worum es bei der Selbstverpflichtung geht. Die Kommune erlegt sich auf, bei der Bekämpfung von Schädlingen auf chemisch-synthetische Pestizide, sogenannte Pflanzenschutzmittel, zu verzichten. "Die Stadtgärtnerei benutzt schon länger keine Pestizide mehr, ebenso wie der Bauhof und die Hausmeister der städtischen Gebäude", so Lender.
Auch von der Stadt beauftragte Firmen werden künftig dazu verpflichtet. Eine Ausnahme sei zum Beispiel ein Befall mit Eichenprozessionsspinnern vor zwei Jahren gewesen, bei deren Bekämpfung Pestizide eingesetzt wurden, so Lender. "Wir wollen aber, dass dies die Ausnahme bleibt."
Giuseppe Fritsch (Freie Wähler) wollte wissen, ob von der Verpflichtung auch Landwirte betroffen seien. "Es geht nur um kommunale Grundstücke", stellte Lender klar und Bürgermeister Volk ergänzte: "Es geht darum, dass wir als Stadt auf unseren Flächen keine Pestizide einsetzen."
Doch was ist mit Flächen, die die Stadt an Landwirte verpachtet? Auch ihnen soll per Pachtvertrag die Benutzung von Pestiziden verboten werden. In den Standardpachtverträgen ist dieser Passus bereits seit zwei Jahren enthalten. Damit war Fritsch nicht einverstanden: Landwirte hätten heutzutage schon so viele Auflagen zu erfüllen und würden umfangreich kontrolliert. Zudem müsse man zwischen Pestiziden und Fungiziden sowie Herbiziden unterscheiden, die der Bekämpfung von Pilzen und Unkraut dienen.
Fritschs Fraktionskollege Steffen Wachert hingegen fand die Initiative "super" und wünschte sich sogar eine Ausweitung auf Privatgrundstücke: "Wir haben dazu vielleicht zwar keine Handhabe, aber wir können als Stadt einen Wunsch und einen Appell äußern."
Jens Hertel (SPD) meinte, dass die Stadt in ein paar Jahren kontrollieren müsse, ob das Pestizid-Verbot auf verpachteten Flächen von Landwirten eingehalten wurde. Er lobte die Stadtgärtnerei, die viele Frühblüher gepflanzt habe. Dazu berichtete Frank Volk, dass es auch Beschwerden gab, warum die Stadt zum Beispiel die Blumenfelder in der Julius-Menzer-Straße nicht abmäht. "Wir brauchen offenbar ein Schild, auf dem steht, dass hier absichtlich nicht gemäht wird", so Volk.
Thomas Schmitz (Grüne) regte ein Verbot von Bioziden als Oberbegriff für Pestizide, Fungizide und Herbizide an. Damit sei dann auch Fassadenfarbe mit entsprechenden Inhaltsstoffen gegen Algenbefall enthalten. "Aber wer soll das alles kontrollieren?", fragte Schmitz.
Eine Überwachung sei bei über 300 verpachteten Grundstücken unmöglich, meinte Rathauschef Volk. Bodenproben seien notwendig. "Aber wenn uns etwas auffällt, haben wir zumindest eine Handhabe", so der Bürgermeister. "Wichtig ist, dass die Stadt selbst keine Pesitzide verwendet und damit in die Öffentlichkeit geht."
Petra Groesser (Grüne) wollte wissen, was mit verpachteten Kleingärten sei. Auch hier sei das Pestizid-Verbot in neueren Pachtverträgen enthalten, erklärte Fachbereichsleiter Franz-Georg Scheffczyk. Groesser regte an, die Pächter mit alten Verträgen anzuschreiben und zu bitten, keine Pestizide mehr zu benutzen. Dies sei einfacher als alle alten Pachtverträge neu zu fassen.