Nach Zwangspause wieder im Geschäft: Vilja Haritz im Radsportladen Haritz. Foto: A. Dorn
Von Agnieszka Dorn
Sandhausen/Nußloch/Leimen. Das Juweliergeschäft Maier war gerade einmal zehn Minuten geöffnet, als um 8.40 Uhr der erste Kunde hereinkam. In der folgenden Stunde schlugen drei weitere Kunden auf. Einer von ihnen kaufte seiner Liebsten zum gestrigen Weltfrauentag Ohrringe. Seit Montag ist der Einzelhandel unter Corona-Auflagen wieder geöffnet. Weil die Inzidenzzahl im Rhein-Neckar-Kreis momentan unter 50 liegt, ist das Betreten von Ladengeschäften ohne Terminvereinbarung erlaubt. Steigt die Inzidenz jedoch mehrere Tage hintereinander, ist das Einkaufen nur mit Anmeldung möglich.
Die RNZ besuchte anlässlich des ersten möglichen "Shopping-Tags" seit dem Lockdown in Sandhausen, Nußloch und Leimen verschiedene Einzelhändler. Ausnahmslos in jedem Geschäft riefen die Kunden zuvor an und fragten, ob tatsächlich geöffnet sei. Zudem waren einige über die Öffnung sichtlich erstaunt, aufmerksam wurden sie durch Hinweisschilder vor den Läden.
Uwe Maier mit seinem Juweliergeschäft Maier. Foto: A. DornBeim Juwelier Maier in Sandhausen herrschte in den ersten eineinhalb Stunden nach der Öffnung reges Interesse. Die meisten Kunden am Vormittag gaben Reparaturen in Auftrag. Mal musste die Uhrenbatterie ausgetauscht werden, mal Verschlüsse von Ohrringen. "Wir sind grundsätzlich froh, wieder öffnen zu dürfen", sagt Inhaber Uwe Maier – jedoch mit einem zwiespältigen Gefühl.
Die Befürchtung sei groß, dass durch die eventuell steigende Inzidenzzahl das Geschäft wieder schließen muss. "Die Impfungen kommen nicht schnell genug voran", so Maier. Zwar hatte das Geschäft während des Lockdowns die Reparaturannahme geöffnet, doch das war nicht zu allen Kunden durchgedrungen.
Hülya Sönmez (r.) mit der „R&L“ Boutique. Foto: A. DornWährend beim Juwelier Maier Ohrringe über die Ladentheke gingen, probierten die ersten Modebegeisterten in der Nußlocher "R&L" Boutique verschiedene Kleidungsstücke an. In der Tasche landeten Hosenanzug und Sommerhose. Sie sei froh, dass die Geschäfte wieder geöffnet sind, sagte eine Kundin. Es sei schön, der Seele etwas Gutes zu tun. Währenddessen steckte jemand den Kopf kurz in das Ladengeschäft und fragte verdutzt, ob denn geöffnet sei. Der draußen stehende Kleidungsständer habe sie darauf hingewiesen. "Wir haben sehr treue Kunden", sagt Hülya Sönmez, Inhaberin der Boutique, dankbar. Ohne diese Treue hätte sie die vergangenen Monate nicht überstanden, meint sie.
Jutta Kempf in der gleichnamigen Buchhandlung. Foto: A. Dorn"Auf nach Yellowstone" heißt das erste Buch, das am Montag in der Buchhandlung Jutta Kempf in Nußloch verkauft wurde. "Wir hatten einen guten Andrang", sagt Inhaberin Kempf. Weil wie in allen Geschäften nur eine begrenzte Personenanzahl herein darf, standen die Kunden vor dem Laden geordnet Schlange. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels habe übrigens mitgeteilt, dass Buchhandlungen zukünftig systemrelevant seien und bei künftigen Lockdowns nicht schließen müssten, berichtet Kempf.
Nicht ganz so sicher war man sich indes im Radsportgeschäft Günter Haritz in Leimen, ob man nun öffnen darf oder nicht. "Die Verordnungen kommen immer kurz vor knapp", sagt Vilja Haritz, die Ehefrau des Inhabers Günter Haritz. Die Werkstatt des Radsportgeschäfts hatte auch in den vergangenen Monaten geöffnet. Seit dem ersten Lockdown rufen Kunden ohnehin an, ob und zu welchen Zeiten das Geschäft geöffnet sei, berichtet Haritz. Daher würden etwaige Einschränkungen wie das Vorbeikommen nur nach Terminvereinbarung ab einer höheren Inzidenzzahl das Geschäft nicht unbedingt aus der Bahn werfen.
Sie sei sich nicht ganz sicher gewesen, ob sie denn überhaupt öffnen darf, sagt auch Andrea Honig, Inhaberin von "Andreas Wollboutique" in Sandhausen – und sie habe erst nach einem Blick auf die anderen Geschäfte die Pforten geöffnet. Die Verordnungen seien kompliziert. Und aufgrund der vielen Ausnahme-Öffnungen der vergangenen Monate sei man verunsichert gewesen, ob der normale Einzelhandel nun auch endlich öffnen durfte.