Rainbach-Entscheid

Wie geht es nun weiter?

Die Bürger votierten eindeutig gegen "Rainbach 2.0" und kippten den Ratsbeschluss. Der Investor will nun Bauantrag beim Landratsamt einreichen.

27.09.2021 UPDATE: 28.09.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden
Bürgermeister Frank Volk verkündete das Ergebnis: Die Bürgerinitiative, die gegen die geplante Neubebauung in Rainbach (Visualisierung: Busch) Sturm gelaufen war, hatte die Abstimmung klar für sich entschieden. Foto: Moll/Grafik: RNZ-Repro/S. Frenzel

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Um 22.53 Uhr betrat Mario Horvath am Sonntag den großen Sitzungssaal des Neckargemünder Rathauses. In der Hand hatte der bei der Stadt für die Wahlen zuständige Fachbereichsleiter ein Blatt Papier. "Wir haben ein vorläufiges amtliches Endergebnis", erklärte Bürgermeister Frank Volk und eröffnete die Sitzung des Wahlausschusses für den Bürgerentscheid zum umstrittenen Bauvorhaben "Rainbach 2.0". Und dieses Ergebnis hatte es in sich: Mit einer klaren Mehrheit kippten die Neckargemünder, wie schon gemeldet, den Aufstellungsbeschluss des Gemeinderates vom Februar für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan im Ortsteil Rainbach.

Die Vorgeschichte des Entscheids

Das ehemalige Gasthaus "Zur Rainbach" hatte zwar viele prominente Gäste – darunter Altkanzler Helmut Kohl – gesehen, steht aber schon seit vielen Jahren leer. Die zur Onigkeit-Gruppe gehörende "Red Real Estate Development GmbH" als neue Eigentümerin möchte den Gebäudekomplex größtenteils abreißen und mehrere Mehrfamilienhäuser sowie ein neues Restaurant errichten. Eine Bürgerinitiative sammelte knapp 1900 Unterschriften gegen das Vorhaben, das ihr zu massiv für den Ortsteil erschien. Außerdem wehrte sie sich gegen die Form einiger geplanter Gebäude, die an Schiffsrümpfe erinnern. Sie erwirkte einen Bürgerentscheid über die Frage, ob der Aufstellungsbeschluss des Gemeinderates für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufgehoben werden soll.

Das Ergebnis der Abstimmung

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Es war der erste Entscheid in der Stadtgeschichte. Dessen Ergebnis verkündete Bürgermeister Frank Volk vor den Mitgliedern des Wahlausschusses: Von den 10.687 Stimmberechtigten setzten 7687 ihr Kreuzchen, was einer Beteiligung von 71,93 Prozent entsprach. Von den 7371 gültigen Stimmen entfielen 4798 und somit 65,1 Prozent auf "Ja". 2573 Bürger stimmten mit "Nein", was einem Anteil von 34,9 Prozent entsprach. "Damit ist das notwendige Quorum von 20 Prozent der Stimmberechtigten für Ja-Stimmen erreicht", betonte Volk. "Der Gemeinderatsbeschluss vom 23. Februar 2021 ist somit aufgehoben." Der Gemeinderat sei nun drei Jahre an dieses Votum gebunden, so Volk. Ein gleicher Beschluss dürfe nicht mehr erfolgen, sehr wohl aber ein anderer. Die Mitglieder des Wahlausschusses sahen ein "eindeutiges Ergebnis", wie es Hermino Katzenstein (Grüne) formulierte. Dietmar Keller (SPD) freute sich über die hohe Wahlbeteiligung, wobei Bürgermeister Frank Volk zu bedenken gab, dass diese über zehn Prozent niedriger als bei der Bundestagswahl lag. Freie Wähler und SPD hatten sich im Vorfeld für eine Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses ausgesprochen, Grüne und CDU waren dagegen.

Die Sicht des Bürgermeisters

Frank Volk wertete das Ergebnis als nachteilig für die Stadt. "Ich wollte, dass die Entscheidung beim Gemeinderat bleibt", erklärte der Rathauschef. "In einem Bebauungsplanverfahren hätten wir mehr Mitspracherecht gehabt." Der Investor hatte bereits angekündigt, bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid den Weg über Paragraf 34 Baugesetzbuch zu gehen. Dieser schreibt vor, dass sich eine Bebauung an der Umgebung orientieren muss. Die Stadt wird in diesem Verfahren zwar angehört, die finale Entscheidung liegt aber beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Und dieses hatte deutlich gemacht, dass weniger die Form, sondern vielmehr die Dimension das entscheidende Kriterium sei. "Die Schiffchen werden kommen", zeigte sich Volk deshalb überzeugt. "Die Aussage des Landratsamtes hierzu ist eindeutig."

Die Hoffnung der Bürgerinitiative

Die Bürgerinitiative wertete das Ergebnis hingegen als Erfolg. Sie hatte eine Mehrheit für das Vorhaben im Gemeinderat gesehen und deshalb für "Ja" geworben. "Es war ein sehr guter Tag, wir haben die erste Hürde geschafft", sagte Edith Mayer von der Initiative. Die Zwei-Drittel-Mehrheit zeige eine breite Unterstützung in der Bevölkerung. Mayer gab zu bedenken, dass bisher noch kein Bauantrag des Investors beim Landratsamt vorliege. Ein solcher müsse zunächst vom Ortschaftsrat und dann vom Bauausschuss der Stadt behandelt werden. Die Initiative hofft nun darauf, dass der Gemeinderat eine Gestaltungssatzung für den Ortsteil beschließt. Zum ersten Mal wird sich das Gremium bereits am heutigen Dienstag, 28. September, bei seiner öffentlichen Sitzung ab 19 Uhr in der Aula des Schulzentrums mit diesem Thema befassen. "Mit einer Gestaltungssatzung könnte nicht mehr alles geplant und gebaut werden", so Mayer. Und selbst wenn diese nicht komme, habe man "massive Zweifel", dass das Bauvorhaben wie geplant umgesetzt werden dürfe. "Die Schiffchen würden das Ortsbild zu sehr verändern", so Mayer.

Der Plan des Investors

"Wir bedanken uns bei den Bürgern und Gemeinderäten, die eine geordnete Planung im Rahmen eines Bebauungsplans unterstützt haben, auch wenn die Mehrheit nicht erreicht wurde", teilten Onigkeit-Projektentwickler Fatos Rukiqi und der Anwalt des Investors, Frank Maaß, mit. "Wir bedanken uns insbesondere bei den Gemeinderäten für die Zusammenarbeit und den kritischen Austausch." Der Bürgerentscheid habe gezeigt, dass eine Ja-oder-Nein-Frage nicht geeignet sei, der Komplexität von Stadtplanung auch nur annähernd gerecht zu werden und dass die Meinungsbildung auch im Rahmen von Bürgerentscheiden nicht vor der Beeinflussung durch Falschinformation sicher sei. "Wir sind jedoch überzeugt, dass es auch ohne Bebauungsplan gelingen wird, ein weiteres tolles Projekt in Neckargemünd zu realisieren, das am Ende auch die Kritiker überzeugen wird." Gemeint ist damit eine Bebauung nach Paragraf 34 Baugesetzbuch. Auf RNZ-Nachfrage bestätigte Rukiqi, dass ein entsprechender Bauantrag vorbereitet sei und zeitnah beim Landratsamt eingereicht werde. "Wir hätten das Bebauungsplanverfahren gerne weitergeführt", betonte er. "Wir fügen uns aber der demokratischen Entscheidung." Man sei den Gegnern des Vorhabens mit mehreren Änderungen an der Planung sehr entgegen gekommen, so Rukiqi. An den "Schiffchen" als architektonischer Höhepunkt wolle man aber nicht rütteln. Der Projektentwickler ist überzeugt, dass eine Gestaltungssatzung vor Gericht nicht stand halten würde, weil sie sich nur gegen das Bauvorhaben richten würde.

Bürgermeister Frank Volk verkündete das Ergebnis: Die Bürgerinitiative, die gegen die geplante Neubebauung in Rainbach (Visualisierung: Busch) Sturm gelaufen war, hatte die Abstimmung klar für sich entschieden. Foto: Moll/Grafik: RNZ-Repro/S. Frenzel
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