Die Olympiahalle ist inzwischen der neue Ratssaal des Nußlocher Gemeinderats. Foto: Werschak
Von Alexander Werschak
Nußloch. Stück um Stück trieb die Corona-Pandemie den Gemeinderat auseinander. Nicht inhaltlich, sondern räumlich. Zuerst verlegte das Gremium seine Sitzungen in die Festhalle, jetzt treffen sich die Bürgervertreter in der Olympiahalle. Mehr Platz geht nicht in Nußloch. Außer man weicht ins Virtuelle aus, wofür der Gemeinderat in seiner jüngsten Zusammenkunft mehrheitlich die Weichen stellte: mit einer Ergänzung der Hauptsatzung, die künftig auch Rats- und Ausschusssitzungen ohne persönliche Anwesenheit gestattet.
Im Mai 2020 war der Paragraf 37a in die baden-württembergische Gemeindeordnung eingefügt worden, um für Videokonferenzen eines Räterunds die rechtliche Tür zu öffnen. Möglich sind diese demnach bei "Gegenständen einfacher Art", für die auch das elektronische Umlaufverfahren in Frage kommt. Oder wenn "schwerwiegende Gründe" einer Präsenzsitzung im Wege stehen – wie etwa die Covid-19-Seuche.
Bis Ende vergangenen Jahres konnten Gemeinden von dieser Möglichkeit auch ohne eine Änderung ihrer Hauptsatzung Gebrauch machen; nunmehr muss dies aber offiziell in dem kommunalen Regelwerk fixiert sein. Wahlen allerdings sind in einer Videozusammenkunft aus naheliegenden Gründen nicht rechtskonform. Und die Öffentlichkeit muss auch zu einer am Bildschirm übertragenen Ratsversammlung Zugang haben.
Hybridsitzungen wiederum sind bekanntlich eine Mischform aus physischer und virtueller Präsenz. Hier jedoch ist genau der elektronische Stolperdraht gespannt: Es ist nicht möglich, dass einzelne Ratsmitglieder – aus welchen Gründen auch immer – auf Anwesenheit verzichten und sich stattdessen zuschalten. Diese "Zuschalter" wären dann nämlich weder stimmberechtigt, noch dürften sie sich zur Sache äußern.
Vielmehr muss explizit zu einer virtuellen oder teilvirtuellen Zusammenkunft eingeladen werden. Beispielsweise könnten neun verbindlich angemeldete Bürgervertreter im Nußlocher Ratssaal tagen, die andere Hälfte würde per Video dazugeschaltet – und die Versammlung würde in Bild und Ton für die Allgemeinheit in einen separaten Raum übertragen. So skizzierte Verwaltungschef Joachim Förster ein denkbares Szenario.
Was aber passiert, wenn ein nicht angemeldeter Gemeinderat trotzdem leibhaftig zur Hybridsitzung erscheint? Diese Frage warf Michael Molitor (SPD) auf, der die praktische Umsetzung nicht nur aus technischen Gründen problematisch fand; schlussendlich votierte die gesamte SPD, ferner Bernhard Schuster (CDU), auch gegen die Satzungsänderung. Rathauschef Förster machte zur Fragestellung deutlich, dass er einen gewählten Mandatsträger nicht nach Hause schicke könne und dürfe. Also bliebe ihm in diesem Falle nur, die Gremiensitzung wegen am Ratstisch nicht einzuhaltender Mindestabstände abzusagen.
Digitales Dilemma hin oder her: Es sei gut, sich die virtuelle, wenn auch wenig wahrscheinliche Option offenzuhalten. Dies betonten unisono Rouven Röser (CDU), Uwe Kleinert (Grüne) und Ralf Baumeister (FDP/BfN). Letzterer wirkte von der Vorstellung eines Ratsabends mit Kamera und Mikrofon eher wenig elektrisiert; vor allem störte er sich an der angesprochenen Deckelung der physisch präsenten Räte. Yannick Veits (Grüne) hingegen suchte durchaus eine Lanze für die modernisierte Mandatsausübung zu brechen.
Die Bürgerschaft jedenfalls muss einer öffentlichen Ratsversammlung immer beiwohnen können – und sei es vor der Mattscheibe in einer für die Allgemeinheit zugänglichen Räumlichkeit. Wer sich dann grundsätzlich wegen etwaiger nächtlich verschärfter Ausgangssperren Sorgen macht, kann ganz beruhigt sein: In Nußloch wird jeder Besucher mit einer "Bestätigung der Teilnahme an der Gemeinderatssitzung" ausgestattet, ganz formell auf Gemeindepapier mit Wappen und Unterschrift von Hauptamtsleiter Christian Laier. Denn die Teilnahme an einer Ratssitzung gilt als triftiger Grund, trotz Beschränkung draußen zu sein. Darauf weist die Kommune auch auf ihrer Internetseite hin.
Apropos: Kürzlich hatten die Bürgervertreter die Bekanntmachungssatzung dahingehend novelliert, dass offizielle Veröffentlichungen auf der kommunalen Homepage von Nußloch kundgetan werden – sowie ebenfalls im Amtsblatt der Gemeinde. Auf Anraten des Kommunalrechtsamtes wurde dieser Passus jetzt dergestalt präzisiert, dass eine Bekanntmachung in der Rathaus-Rundschau als "Verkündigungsblatt" keine Wahlmöglichkeit darstellt, sondern stets nur zusätzlich erfolgt.