Auch für den Parkplatz direkt am Rathaus sind künftig Zehner-Parkkarten für fünf Euro erhältlich. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Neckargemünd. Als Corona noch nicht über die Region und Neckargemünd hereingebrochen war, gab es in der Stadt am Neckar vor ziemlich genau einem Jahr einen großen Aufreger: Während einer Sitzung des Bauausschusses verteilte der Vollzugsdienst der Stadt Strafzettel an Stadträte, die verbotenerweise im Innenhof des Rathauses ihre Autos abgestellt hatten – obwohl es nur ein paar Meter weiter kostenlose Parkplätze gegeben hätte. Im Hof dürfen nämlich nur Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit einem Monatsparkschein ihr Auto abstellen.
So hatten es die Stadträte zuvor selbst beschlossen. SPD-Stadtrat Joachim Bergsträsser hatte sich damals massiv darüber aufgeregt und daraufhin Zehner-Parkkarten beantragt. Zweimal wurde das Thema aus Zeitgründen vertagt, doch in der zurückliegenden öffentlichen Sitzung stimmte der Gemeinderat ab – mit einem überraschenden Ergebnis.
Zur Erinnerung: Bergsträsser hatte die Knöllchen seinerzeit scharf kritisiert und einen "Racheakt" der städtischen Mitarbeiter an den Stadträten wegen der kostenpflichtigen Parkplätze gewittert. Er vermisste "Fingerspitzengefühl" der Stadt im Umgang mit den ehrenamtlich tätigen Stadträten. Bergsträsser kündigte an, das Knöllchen zunächst nicht zu zahlen, damit die "Zettelverteiler des Ordnungsamts in die Röhre schauen", wie er sagte. Er tat es dann aber doch und entschuldigte sich später für sein Verhalten.
In seinem Antrag schlug Bergsträsser nun Zehner-Parkkarten zum Preis von 5 Euro für den Innenhof des Rathauses und andere Parkplätze wie jenen an der Grundschule, am Schulzentrum und an der Menzervilla vor. "Es gibt Personengruppen, die diese Parkplätze nicht unberechtigt nutzen wollen, der Preis einer Monatskarte aber nicht im Verhältnis zur Zeit der Nutzung steht", begründete er. "Mit der Ausstellung von Zehner-Karten wäre gewährleistet, dass eine rechtmäßige Nutzung der Abstellplätze erfolgen kann."
Auf der Parkkarte soll der Nutzer das Datum der Nutzung eintragen. Im Hof des Rathauses seien Parkplätze zu Zeiten von Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse in der überwiegenden Zahl frei. Auch Lehrer von Grund- und Realschule sowie Gymnasium, die in Teilzeit arbeiten und nur an wenigen Tagen in der Woche Dienst haben, sollten "mit gerechten Gebühren" parken können. Es handelte sich schließlich um einen "interfraktionellen Antrag", da dieser auch von Dirk Wagner, Brigitte Oppelt und Klaus Rupp (alle CDU) sowie von Lilliane Linier, Winfried Schimpf, Dietmar Keller und Anna-Magdalena Oehne-Marquard (alle SPD) unterzeichnet wurde.
Als "absolut unnötig" bezeichnete Bürgermeister Frank Volk den Antrag – zumindest auf die Parkplätze am Rathaus bezogen. Nur wenige Meter entfernt gebe es entlang der Falltorstraße Parkplätze, die abends während der Sitzungen frei seien. Volk sah einen "Riesenaufwand" für die Stadtverwaltung. "Es er keinen Sinn", meinte er. "Und es schafft eine Lex Gemeinderat, die ich für bedenklich halte." Bergsträsser erwiderte, dass auch andere Personengruppen von den Parkkarten profitieren.
Petra Groesser (Grüne) lehnte den Antrag ab. "Wir sollten keine Parkausweise für 50 Cent pro Tag anbieten", meinte sie. Da sei die Brühe teurer als die Brocken, die Nebenkosten durch den Verwaltungsaufwand also größer als die Einnahmen. "Drei Schritte und das Problem ist gelöst", sagte sie angesichts der nahen öffentlichen Parkplätze beim Rathaus. Auch an der Menzervilla sah Groesser keinen Handlungsbedarf. Die dortige Fläche sei eigentlich gar nicht als Parkplatz ausgewiesen und es auch noch nie gewesen. "Es hieß mal vor vielen Jahren, dass dort die Mitarbeiter des nahen Bauhofes parken dürfen, die Mitglied der Feuerwehr sind und im Einsatzfall schnell bei ihrem Auto sein müssen", erinnerte sich Groesser.
Steffen Wachert berichtete, dass sich die Freien Wähler nicht einig seien. Er plädierte jedenfalls für zehn statt fünf Euro. "Das wird schwierig zu überwachen", ahnte er und sah den Verwaltungsaufwand kritisch. Es gebe vielleicht noch eine andere Lösung.
Es folgte eine – angesichts der kritischen Wortmeldungen – denkwürdige Abstimmung, bei der Bürgermeister Volk lieber mehrmals nachzählte. Eine zuvor schweigende Mehrheit von elf Stadträten votierte für den Antrag und zehn dagegen – bei vier Enthaltungen. Einige Stadträte freuten sich sichtbar, andere konnten das Ergebnis nicht fassen. "Damit ist der Antrag angenommen und die Verwaltung wird Parktickets ausgeben", sagte Volk und fügte hörbar angesäuert hinzu: "Vielen Dank für die Mehrheit."