Die rot-weißen Metallpfosten sollen den Schleichverkehr an der Bahnlinie verhindern. Foto: Alex
Neckargemünd/Heidelberg. (cm) Seit einigen Monaten sorgen rot-weiße Pfosten dafür, dass niemand mehr die Abkürzung zwischen der Kümmelbachstraße und der Bahnunterführung am Stadtausgang Richtung Schlierbach nehmen kann. Diese Pfosten haben vor Kurzem aber auch verhindert, dass ein Krankenwagen das ehemalige Bahnwärterhäuschen unterhalb des Kümmelbacherhofes anfahren konnte. Dort benötigte der 81-jährige Bewohner dringend medizinische Hilfe. Doch der Krankenwagen passte nicht durch die Unterführung – und der Umweg über die Kümmelbachstraße wurde von den Pfosten blockiert. Einige Tage später verstarb der Mann.
Das ehemalige Bahnwärterhäuschen zwischen der Bahnlinie und der Bundesstraße B37 liegt bereits auf Heidelberger Gemarkung. Von der Schlierbacher Orthopädie führt ein Weg an der Bahnlinie entlang zu dem Haus. Dennoch konnte es bis vor wenigen Monaten nicht nur durch die nahe Bahnunterführung, sondern auch über die Kümmelbachstraße auf Neckargemünder Gemarkung angefahren werden. Dieser Umweg war zum Beispiel sinnvoll für Anlieferungen durch größere Fahrzeuge.
Doch weil diese Strecke auch gerne als Schleichweg genutzt wurde, handelte die Stadt Neckargemünd. "Erst lagen Steine da, dann wurden Pfosten installiert", erzählt die Bewohnerin des Bahnwärterhäuschens, die ihren Namen nicht publik machen möchte.
Mitarbeiter des Forsts und Jäger hätten "Schlüssel" bekommen, um den Pfosten umzulegen und somit für freie Fahrt zu sorgen. Solche wollte auch das Ehepaar. Die 77-Jährige erzählt, dass ihr Mann mehrfach im Rathaus gewesen sei und nach Schlüsseln gefragt habe. So sei bei dem vergangenen Hochwasser die Unterführung überflutet und nicht befahrbar gewesen. Da hätte man den Umweg nutzen wollen. "Die Stadt hatte zugesagt, dass wir einen Schlüssel bekommen", berichtet die Frau. "Es ist aber nichts passiert."
Vor wenigen Wochen trat dann der Ernstfall ein: "Mein Mann war Rheuma-Patient und musste ins Krankenhaus, weil er vor Schmerzen geschrien hat", erzählt die Frau. Ein Krankenwagen wurde gerufen. "Der stand dann vor der Unterführung und kam nicht durch", berichtet die Seniorin. Der Weg über die Kümmelbachstraße war durch die Pfosten versperrt. Und der Mann konnte nicht mehr selbst die etwa 150 Meter lange Strecke zum Krankenwagen laufen. "Zum Glück war unser Sohn zufällig da und konnte ihn mit seinem Auto runterfahren", berichtet die Frau. "Es ist also keine Zeit verloren gegangen."
Doch im Krankenhaus trat keine Besserung ein. Die Schmerzen wurden nicht besser. Vor etwa zwei Wochen erlitt der 81-Jährige auch noch einen Herzinfarkt und starb an dessen Folgen. "Er ist also nicht wegen der Pfosten gestorben", betont seine Frau. "Aber es wäre mit dem Krankenwagen viel einfacher gewesen."
Doch warum bekam das Ehepaar keinen Schlüssel für die Pfosten? "Das Bahnwärterhäuschen befindet sich nicht auf Neckargemünder, sondern auf Heidelberger Gemarkung", erklärt Stadtsprecherin Petra Polte zunächst. "Uns ist keine Anfrage bei der Stadt Neckargemünd bekannt, was einen Schlüssel für die Pfosten zur Begrenzung der Zufahrt von der Kümmelbachstraße betrifft."
Laut Stadtverwaltung sei das Bahnwärterhäuschen von der Schlierbacher Orthopädie her problemlos anfahrbar. "Für Ortskundige beziehungsweise schon länger im Rettungsdienst Tätige hätte die Anfahrt daher kein Problem darstellen dürfen", so Polte. "Man hätte nicht über die Kümmelbachstraße fahren müssen."