Hermino Katzenstein (r.) bereitete Giuseppe Fritsch eine verspätete, dafür aber umso würdevollere Ehrung. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Neckargemünd. Wenn ein Stadtrat für seine langjährige Tätigkeit geehrt wird, ist das ein feierlicher Moment. Normalerweise. Im September war es in Neckargemünd allerdings zu einem Eklat gekommen. Giuseppe Fritsch, damals noch Fraktionsmitglied der Freien Wähler, lehnte die Auszeichnung für sein 20-jähriges Wirken durch Bürgermeister Frank Volk ab. Das Verhältnis der beiden gilt als zerrüttet – erst recht seit Fritsch einen Brief von Volk an ihn an die Gegner des Neubaus des Feuerwehrhauses auf dem Dilsberg weitergeleitet hat, weshalb die Freien Wähler Fritsch aus der Fraktion warfen.
Auch mit dem Ersten Bürgermeisterstellvertreter Jürgen Rehberger (Freie Wähler) hat sich Fritsch überworfen. Und so war es der Zweite Stellvertreter Hermino Katzenstein (Grüne), der in der zurückliegenden öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die Ehrung doch noch vornahm.
Katzenstein sprach dann auch von einer "etwas ungewöhnlichen Situation". "Aber angesichts der jüngsten Ereignisse ist es sicher für alle verständlich, dass ich als Zweiter stellvertretender Bürgermeister die Ehrung durchführe", meinte er und fügte hinzu: "Was ich sehr gerne mache!" Katzenstein blickte auf das Leben von Fritsch zurück, der im italienischen Bessica nord-westlich von Venedig geboren wurde und seit 1978 in Neckargemünd lebt. Dort trat er 1999 den Freien Wählern bei und rückte 2000 in den Gemeinderat nach. Katzenstein sprach von einem "Ausnahmestadtrat". "Er ist ein Unikum – ein liebenswertes Unikum – und wurde schnell stadt- und kreisweit bekannt", würdigte er Fritsch. "Als starker Demokrat bleibt er stets sich selbst und seinen Prinzipien treu, lässt sich in keine Schubladen pressen und handelt stets nach seiner Überzeugung."
Fritsch liebe seine Stadt, er wisse viel über die Menschen, die darin leben – und über die Natur, die sie umgibt. Er kenne das Geflecht der Verbindungen zwischen Bürgern, Behörden sowie Betrieben und er setze dieses Wissen ein, um "seine" Stadt voranzubringen. Schwerpunkte seines Engagements seien Gewerbeförderung, Verkehr, Stadtentwicklung und Naturschutz. "Viele von uns kennen noch die Fritsch-Brezel, seinen Vorschlag für die Verkehrsführung in der Altstadt, der sich zum Glück nicht durchgesetzt hat", sagte Katzenstein mit einem Augenzwinkern.
Nicht nur seiner Frau und den drei Kindern, sondern auch der Natur und ihrem Schutz gelte seine Liebe. "Ich vermute, er weiß nicht nur, welche Pflanzen- und Tierarten hier vorkommen, was hier bei uns am Fluss, im Wald und auf den Wiesen so kreucht und fleucht, sondern er kennt die einzelnen Individuen sogar persönlich", meinte der Grüne. "Er ist ein echter Naturbursche." Fritsch habe sich deshalb auch außerhalb des Gemeinderats für den Naturschutz engagiert. Als Mitglied des Sportangelvereins und dessen Vorstandes habe er in der Region und sogar bundesweit die Jugend im Umgang mit Fischarten und deren Schutz unterrichtet.
Katzenstein erinnerte daran, dass Fritsch seine Streuobstwiese in Kleingemünd freiwillig als Naturschutzgebiet ausweisen ließ – was sehr ungewöhnlich sei. Fritsch sei immer noch unermüdlich jeden Tag im "Städtel" unterwegs als Ansprechpartner für die Bürger. "Wenn alle Wege nach Rom führen, so führen in Neckargemünd zumindest viele Wege zu und über Giuseppe Fritsch", so Katzenstein. Um 20 Jahre in einem ehrenamtlichen Gremium aktiv zu sein, brauche es viel Enthusiasmus und den Willen, Verantwortung für seine Gemeinde zu übernehmen. Und man müsse mit dem Herzen dabei sein, so wie Fritsch. "Kein Wunder, dass er bei den Neckargemündern ein so beliebter Stadtrat ist, bei der vorletzten Wahl sogar Stimmenkönig, und auch bei der letzten Wahl mit beachtlichem Ergebnis", meinte Katzenstein.
Ohne Fritsch wäre es in den Sitzungen auch viel langweiliger. Katzenstein überreichte schließlich das Verdienstabzeichen des Städtetages in Silber und die Ehrennadel des Gemeindetages jeweils samt Ehrenurkunde. Fritsch wiederum dankte seinerseits für die "sehr schönen Worte" und zeigte sich gerührt: "Ich danke auch meinen Kollegen, dass sie es 20 Jahre mit mir ausgehalten haben", meinte der Jubilar und kündigte an: "Ich werde noch etliche Zeit zur Verfügung stehen." Bürgermeister Volk dankte Katzenstein für die Ehrung und Fritsch für sein Wirken: "Das war sehr schön."