Behelfs-Schutzmasken aus Bettwäsche in Eigenregie nähen
Kreative Gruppen in der Region ergreifen wegen erhöhter Nachfrage die Initiative.

Von Agnieszka Dorn
Bammental/Leimen/Nußloch/Mauer. Die Nachfrage ist enorm: Altenheime, Pflegedienste, Privatpersonen. "Es kommen immer mehr Institutionen und Menschen auf uns zu, die gerne eine Mundbedeckung haben möchten", sagt Katharina Richter vom Bammentaler Familienzentrum. Mittlerweile sehe man auch immer mehr Menschen in der Öffentlichkeit, etwa beim Einkaufen, mit Mundbedeckungen herumlaufen. Die Kreativ-Werkstatt des Familienzentrums hat – wie verschiedene andere Kreise in der Region rund um Heidelberg auch – angefangen, solche Behelfs-Mund-Nasen-Masken zu nähen. Selbstverständlich jeder für sich alleine zu Hause.
Es seien keine Mund- oder Atemschutzmasken, betont Katharina Richter, denn so dürfen ausschließlich nur Masken genannt werden, die klinisch bewertet wurden und die eine CE-Kennzeichnung haben. Wer den Begriff falsch verwende, könne sogar eine Abmahnung erhalten, erzählt die 45-jährige gelernte Buchhändlerin. Ins Rollen sei das Ganze gekommen, weil der Pflegedienst in Bammental nachgefragt habe, ob die Kreativ-Werkstatt für das Personal des Dienstes solche Masken anfertigen könne. Der Pflegedienst sei an medizinische Masken nicht mehr drangekommen, da alles ausverkauft ist.
Man sei, so Richter, sofort von der Idee begeistert gewesen: Sieben Frauen zwischen 25 und 80 Jahren machten sich an die Arbeit. "Der Pflegedienst weiß natürlich, dass es keine medizischen Schutzmasken sind", betont die 45-Jährige, aber auch diese Masken würden verhindern, dass beim Sprechen, Niesen oder Husten Viren ausgestoßen werden. In kürzester Zeit habe sich die Idee zu einem Selbstläufer entwickelt, inzwischen habe man Anfragen von Pflegeheimen, Hilfskräften oder Privatpersonen. Und das nicht nur aus Bammental, sondern zum Beispiel auch aus Neckargemünd, erzählt Richter. Mitarbeiter aus dem Bammentaler Rathaus hätten ebenfalls nachgefragt.
Der Alltag der 45-Jährigen sieht momentan so aus: Nachdem am Automaten ein Kaffee bereitet wurde, setzt sie sich an die Nähmaschine und legt los. Das Nähen geht recht schnell, pro Maske braucht sie etwa zwölf Minuten. Die Masken entstehen aus Bettwäsche, die vorher bei 95 Grad Celsius in der Waschmaschine gewaschen wurde. An die Maske kommt dann ein Gummizug oder ein Schrägband. Mittlerweile habe man sogar Probleme, an Gummilitzen oder Schrägbänder zu bekommen, weil die Nachfrage enorm gestiegen sei, erzählt Richter. Die fertigen Behelfs-Mund-Nasen-Masken werden dann nochmals im Wasser auf dem Herd fünf Minuten abgekocht und gehen dann nach dem Trocknen an den Mann oder an die Frau.
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Ähnlich läuft es in Leimen bei der "Lokalen Agenda", bei den Landfrauen und der Mittwochsgruppe ab. Gudula Weigel-Riemann und Agathe Schott-Dussel starteten mit einigen Frauen – jede für sich – die Behelfs-Mund-Nasen-Masken zu nähen, die ersten 55 Stück wurden bereits an das Seniorenheim Dr.Ulla-Schirmer Haus übergeben. Oberbürgermeister Hans D. Reinwald zeigte sich vom Engagement und der Solidarität begeistert; weitere Masken sind für die Sozialstation und andere Institutionen in Arbeit. Auch sie entstehen aus Bettwäsche, schlicht in Weiß oder bunt, die zuvor in der Waschmaschine gewaschen und später nochmals auf dem Herd abgekocht wurde.
Masken stellt auch der Kreativ-Kreis der katholischen Seelsorgeeinheit Leimen-Nußloch-Sandhausen für das Pflegeheim Haus Rheinblick in Nußloch her. "Mittlerweile haben wir sogar Anfragen von Arztpraxen, die die Masken für ihr Personal brauchen" erzählt Silvia Sych, die den Nußlocher Kreis leitet.
In Mauer sind die Damen des Nähtreffs und weitere Freiwillige aktiv. Auch sie fertigen Mundschutzmasken ehrenamtlich aus hübschen Stoffen. Wie die RNZ erfuhr, hat die Kommune bereits 60 Masken für ihre Gemeindemitarbeiter bestellt.