Neckarsteinach-Neckarhausen. (cm) Gibt es doch noch eine Zukunft für die Feuerwehr Stadtteil Neckarhausen? Bekanntlich waren vor Kurzem alle Feuerwehrleute geschlossen zurückgetreten – ein bisher nie da gewesener Vorgang. Nun könnte ein Gespräch mit mehreren Stadtverordneten eine Wende gebracht haben.
Die Feuerwehrleute des Stadtteils hatten wie berichtet nach einem Streit mit der Stadtverwaltung über die Zukunft der Wehr ihren Dienst quittiert. In seiner Sitzung der Stadtverordnetenversammlung stellte Wehrführer Stefan Koch eine Kiste mit den Kündigungen und den Funkmeldern seiner Kameraden auf den Tisch und erklärte: "Die Feuerwehr Neckarhausen ist Geschichte." Koch hatte schwere Vorwürfe gegen Bürgermeister Herold Pfeifer erhoben, der seit Monaten Gespräche blockiere und nie zurückrufe. Im vergangenen Herbst war festgestellt worden, dass die Feuerwehr nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben des Landes Hessen entspricht. Es gibt zu wenige Mitglieder und Atemschutzgeräteträger.
"Aufgrund einer Anfrage aus den Reihen der Stadtverordneten", wie es in einer Mitteilung heißt, haben sich nun vier namentlich nicht bekannte Vertreter der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung im kleinen Kreis mit Koch, dem bisherigen Neckarhäuser Wehrführer, zu einem Austausch getroffen. Demnach habe Koch aus Sicht der Betroffenen insbesondere dargelegt, was zu dem geschlossenen Rücktritt der Feuerwehrkameraden aus Neckarhausen führte.
"In dem von allen Beteiligten sehr offenen und konstruktiv geführten Gespräch wurde schnell klar, dass man sich auf beiden Seiten eine bessere Kommunikation durch die Verwaltung gewünscht hätte, um die jetzt eingetretene Eskalation im Vorfeld vielleicht noch hätte verhindern zu können", heißt es. "Alle anwesenden Mitglieder der politischen Gremien waren sichtlich betroffen über die jetzt eingetretene Situation."
Seitens der Stadtverordneten habe nie eine Absicht bestanden, die Feuerwehr in Neckarhausen zu schließen. Die Mittel für den geplanten Anbau seien im Haushaltsplanentwurf 2021 im Gegensatz zu den Vorjahren nicht mehr eingestellt worden. Nachdem der Ortsbeirat dies bemerkt hatte, seien auf Drängen der Stadtverordneten sowohl die Mittel für Planung, als auch jene für den erforderlichen Anbau eingestellt worden. Diese Information sei aber vor der Sitzung der Stadtverordneten nicht bei der Feuerwehr und dem Ortsbeirat angekommen. Parteiübergreifend wolle man deshalb versuchen, der Wehr wieder eine Zukunftsperspektive zu geben.
Auf städtischer Seite müsse alles dafür getan werden, dass den Feuerwehrleuten weiterhin die gebotene Wertschätzung für ihre oft physisch und psychisch belastende Tätigkeit entgegengebracht wird, so das Ergebnis des Gesprächs. "Dafür müssen neben der erforderlichen Ausstattung auch die baulichen Gegebenheiten in Neckarhausen verbessert werden – wofür nun endlich erste Mittel für den erforderlichen Umbau des Feuerwehrgerätehauses im Haushalt 2021 vorgesehen sind", heißt es weiter.
Man sei sich einig darüber gewesen, dass die Fraktionen unmittelbar in der konstituierenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung nach der Kommunalwahl einen gemeinsamen Antrag einbringen wollen, um den "Feuerwehrbedarfs- und Entwicklungsplan" kurzfristig mit externer Hilfe überarbeiten zu lassen. Weiterhin solle die Feuerwehr zukünftig zu den Haushaltsberatungen die Möglichkeit bekommen, jeweilige Bedarfe für die kommenden Jahre zu erläutern, aber auch die aktuellen Nöte und Zwänge dem Parlament darzulegen. Den Brandschutz für den Stadtteil Neckarhausen stellt nun übrigens die Neckarsteinacher Feuerwehr sicher.
Update: Mittwoch, 17. März 2021, 20.30 Uhr
So reagiert das Landratsamt auf den Feuerwehr-Rücktritt
Nach dem Rücktritt der Feuerwehr im Neckarsteinacher Stadtteil Neckarhausen, schaltet sich der Kreis Bergstraße ein und zeigt sich "über den Vorgang überrascht".
Neckarsteinach-Neckarhausen. (cm) Der geschlossene Rücktritt der Feuerwehr im Neckarsteinacher Stadtteil Neckarhausen (siehe unten) löst auch in Heppenheim Alarm aus. Dort beschäftigt sich nun das Landratsamt mit dem bemerkenswerten Vorgang, der nicht nur in der Vierburgenstadt für Aufregung sorgt, sondern auch bei Feuerwehren in der gesamten Region.
Bekanntlich hatten die Feuerwehrleute des Stadtteils nach einem Streit mit der Stadtverwaltung über die Zukunft der Wehr ihren Dienst quittiert. In seiner Sitzung der Stadtverordnetenversammlung stellte Wehrführer Stefan Koch eine Kiste mit den Kündigungen und den Funkmeldern seiner Kameraden auf den Tisch und erklärte: "Die Feuerwehr Neckarhausen ist Geschichte." Koch hatte schwere Vorwürfe gegen Bürgermeister Herold Pfeifer erhoben, der seit Monaten Gespräche blockiere und nie zurückrufe. Im vergangenen Herbst war festgestellt worden, dass die Feuerwehr nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben des Landes Hessen entspricht. Es gibt zu wenige Mitglieder und Atemschutzgeräteträger.
"Der Kreis Bergstraße war über den Vorgang überrascht, unter anderem weil durch die Stadtverordnetenversammlung im Haushaltsplan 2021 der Stadt Neckarsteinach für die Stadteilfeuerwehr Neckarhausen entsprechende Mittel eingeplant worden waren", teilte Cornelia von Poser, Sprecherin des Landratsamtes in Heppenheim, auf RNZ-Anfrage mit. Es gehe um 5000 Euro Planungskosten und 50.000 Euro Investitionskosten für das Feuerwehrhaus Neckarhausen. "Ein Rücktritt in dieser Form ist bisher nicht bekannt", so von Poser.
Grundsätzlich könnten nur die Feuerwehrangehörigen der Einsatzabteilung ihren Austritt erklären. Ob die ausgesprochenen "Kündigungen" in dieser Form wirksam seien, müsse nun geklärt werden: "Die Wirksamkeit der Austrittserklärung und somit die Form muss durch die Stadt Neckarsteinach geprüft werden." Auf der Grundlage der Feuerwehrsatzung der Stadt Neckarsteinach müsse der Austritt schriftlich gegenüber den Stadtbrandinspektor beziehungsweise dem Wehrführer erklärt werden.
"Der Kreis berät und unterstützt den Magistrat, den Bürgermeister und den Stadtbrandinspektor bei den Maßnahmen zur Sicherstellung des Brandschutzes in der Stadt Neckarsteinach", betont von Poser. "Die Beteiligten stehen in einem intensiven Kontakt." Falls gewünscht, nehme der Kreis Bergstraße jederzeit gerne eine Vermittlerrolle ein. Kreisbrandinspektor Steffen Lutter habe gegenüber dem Bürgermeister und dem Stadtbrandinspektor bereits ein entsprechendes Angebot ausgesprochen. "Wir hoffen als Kreis sehr, dass es hier zu einer Einigung kommt und wirken gern daran mit", so die Behördensprecherin. Der Brandschutz könne grundsätzlich durch die Feuerwehr Neckarsteinach sichergestellt werden. "Dennoch ist es aus Sicht des Kreises wünschenswert, dass auch in Neckarhausen selbst eine Wehr zur Verfügung steht", so von Poser.
Das ist auch das Ziel von Herold Pfeifer, wie er sagt. "Wir werden das in aller Ruhe klären", sagt der Bürgermeister. Stadtbrandinspektor Sven Schmitt habe Kontakt zu den Verantwortlichen in Neckarhausen aufgenommen. "Für mich ist am wichtigsten, dass der Brandschutz sichergestellt ist", sagt Pfeifer.
Wehrführer Stefan Koch bedauert derweil, dass sich Pfeifer nach wie vor nicht persönlich gemeldet habe. Er führe nun "im Hintergrund" zahlreiche Gespräche. Ein Ziel sei auch, die anderen Abteilungen der Feuerwehr vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren.
Die Feuerwehr in Neckarhausen hat eine wichtige Rolle im Dorfleben. Sie wurde 1913 von Heinrich Nollert gegründet, der 40 Jahre lang ihr Kommandant war. Von 1997 bis 2018 übernahm Ulrich Müller dieses Amt und engagiert sich bis heute als Ortsvorsteher des Stadtteils.
Update: Montag, 8. März 2021, 19.44 Uhr
Die Freiwillige Feuerwehr schmeißt hin
Neckarsteinach-Neckarhausen. (iz/cm) Dieser Vorgang sucht seinesgleichen in der Region: Die Feuerwehr Neckarhausen hat am Montagabend geschlossen ihren Dienst quittiert. Damit hat der Neckarsteinacher Stadtteil nun keine eigene Feuerwehr mehr und muss von der Vierburgenstadt aus mitbetreut werden.
Es war ein Eklat am Schluss der letzten Stadtverordnetenversammlung in dieser Legislaturperiode vor der Kommunalwahl am 14. März. Bei der Sitzung am Montagabend im Bürgerhaus "Zum Schwanen" saßen ungewöhnlich viele Zuhörer im großen Saal. Es handelte sich überwiegend um Feuerwehrleute – besonders viele aus Neckarhausen.
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Unter dem letzten Tagesordnungspunkt "Anfragen der Gäste" meldete sich Stefan Koch, Wehrführer der Neckarhausener Feuerwehr. Er stellte einen großen Karton auf einem der Ratstische ab und rief: "Die Freiwillige Feuerwehr Neckarhausen tritt geschlossen zurück und kündigt hiermit ihren Dienst für Neckarsteinach." Koch erhob schwere Vorwürfe gegen Bürgermeister Herold Pfeifer, der seit Monaten alle Gespräche blockiere, nie zurückrufe und offensichtlich die Neckarhausener Wehr in die Neckarsteinacher einbeziehen wolle. "Die Feuerwehr Neckarhausen ist Geschichte", war sein Schlusswort. Da in dem Karton neben den Kündigungen die Funkmelder lagen, mit der die Mitglieder alarmiert werden, ist die Wehr nun nicht mehr erreichbar.
Auf RNZ-Anfrage berichtet Koch, dass eine lange Vorgeschichte zu diesem Schritt führte. Im Herbst sei der Wehr vom Kreisbrandinspektor offenbart worden, dass sie nicht mehr die gesetzlichen Vorgaben des Landes Hessen erfülle. So würden mindestens zwölf Einsatzkräfte gefordert, wovon acht Atemschutzgeräteträger sein müssten. Das ist in Neckarhausen aber nur einer von elf Aktiven. Hinzu kommt: Die meisten Einsatzkräfte sind um die 50. "Wir haben ein Nachwuchsproblem", gibt Koch zu. Deshalb sei vorgeschlagen worden, dass die Aktiven zur Stadtabteilung wechseln. Nur ein Mitglied war aber dazu bereit.
Im Dezember sollte ein Gespräch stattfinden, so der 53-Jährige. Doch ein versprochener Rückruf von Bürgermeister Herold Pfeifer sei nie gekommen. Immer wieder sei die Wehr vertröstet worden – auch bei einem Anbau fürs Feuerwehrhaus. Zuletzt sei man sogar teils nicht mehr alarmiert worden. Bei einem Treffen habe man nun den Rücktritt beschlossen. "Das Thema ist durch", so Koch, der seit 23 Jahren Feuerwehrmann und seit drei Jahren Wehrführer ist. "So geht man nicht mit dem Ehrenamt um."
"Wir wurden immer nur hingehalten", sagt auch Kochs Vorgänger und Ortsvorsteher Ulrich Müller, der noch eine Chance für die Wehr sah. Technische Hilfeleistungen zum Beispiel könne man auch ohne Atemschutzgeräteträger bewältigen. "Mir tut es leid, dass es so weit kam", sagt er: "Mir blutet das Herz."
Bürgermeister Pfeifer betont, dass der Brandschutz im Stadtteil auch nach dem Rückzug der Wehr sichergestellt sei: "Das ist das Wichtigste für mich." Er hofft, dass doch noch ein Gespräch zustande kommt. "Die Feuerwehr liegt mir am Herzen", so Pfeifer. Dass er nicht zurückgerufen habe, tue ihm leid. "Ich finde es schade, was nun passiert ist", sagt er. "Wir haben aber alles gemacht, was möglich war." Stadtbrandinspektor Sven Schmitt betont derweil, dass der Alarmplan nicht geändert wurde. Wegen Corona würden aber nicht mehr alle Abteilungen alarmiert.
Aus dem Feuerwehrhaus in Neckarhausen rückt vorerst kein Fahrzeug mehr aus. Foto: Alex