Neckargemünd. (cm) Ist der Stadt bei der Gestaltungssatzung für die Altstadt ein grober Schnitzer unterlaufen? Vieles deutet darauf hin. Denn am Ende der jüngsten öffentlichen Sitzung des Gemeinderates wies Petra Groesser (Grüne) unter dem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" die Stadtverwaltung auf Paragraf 74 der Landesbauordnung Baden-Württemberg hin. Dort heißt es, dass Anforderungen, "die allein zur Durchführung baugestalterischer Absichten gestellt werden, die Nutzung erneuerbarer Energien nicht ausschließen oder unangemessen beeinträchtigen" dürfen. Doch genau das ist nach Groessers Ansicht bei der Gestaltungssatzung geschehen.
Zur Erinnerung: Im Juli dieses Jahres hatte der Gemeinderat vor allem um eine Frage gerungen: Sollen Fotovoltaikanlagen auf den Altstadt-Dächern aus gestalterischen Gründen verboten werden? "Das geht aus unserer Sicht gar nicht", hatte Groesser schon damals gesagt. "Wir haben ein Klimaschutzkonzept und sollten erneuerbare Energien fördern." Das Verbot sei nicht nachvollziehbar. "Die Zulassung von Fotovoltaikanlagen ist eine politische und grundsätzliche Entscheidung", hatte der beauftragte Architekt Thomas Thiele damals entgegnet. Von der Landesbauordnung war keine Rede. Nur davon, dass man zwischen Optik und Umwelt abwägen müsse. Frank Volk, damals noch Fraktionssprecher der Freien Wähler und heute Bürgermeister, hatte sich ebenfalls gegen Fotovoltaikanlagen in der Altstadt ausgesprochen, da es nur um 200 bis 250 von insgesamt 3700 Gebäuden in der Stadt gehe: "Die Altstadt soll so schön bleiben, wie sie ist." Auch SPD und CDU sprachen sich für ein Verbot aus.
Künftig muss jedes neue Bauvorhaben - auch Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten - bei der Stadt "angezeigt" werden und den Bestimmungen der Satzung entsprechen. Diese regelt im Detail, was erlaubt ist und was nicht - von der Dachneigung bis zur Fassadenfarbe. Wenn diese Vorschriften nicht beachtet werden, droht eine Geldbuße von bis zu 100.000 Euro. Auf diesem Weg sollen der Charakter der Altstadt und das historische Stadtbild geschützt und für die nächsten Jahrzehnte erhalten werden.
Der Gemeinderat hatte im Juli den Entwurf der Gestaltungssatzung sowie deren Offenlage beschlossen. Noch bis zum 21. Oktober kann diese im Stadtbauamt eingesehen werden, Bürger können Kritik äußern und Änderungen anregen, die dann im Gemeinderat diskutiert werden. Wenn es keine gravierenden Änderungen gebe, könne auf eine zweite Offenlage verzichtet und die Satzung verabschiedet werden, hatte der damalige Bürgermeister Horst Althoff gesagt. So war der Plan. Gut möglich, dass das Verfahren nun noch einmal von vorne beginnen muss. "Ich bin mir sicher, dass die Satzung noch einmal geändert werden muss", sagte Petra Groesser.