Lisa Knecht (v.l.), Sarah Müller, Annika Münzenberg und David Rieß sind vier der insgesamt zehn Referendare am Auguste-Pattberg-Gymnasium. Die Coronapandemie stellt sie in ihrer Ausbildung vor neue Herausforderungen. Foto: Caspar Oesterreich
Von Caspar Oesterreich
Mosbach.Wechsel-, Fern- oder doch Präsenzunterricht? Darüber wird seit Monaten immer wieder diskutiert. Die verschleppte Digitalisierung steht in der Kritik und das Bedürfnis der Schüler nach sozialen Kontakten im Fokus. Referendare und ihre in Coronazeiten mit vielen neuen Herausforderungen gespickte Ausbildung geraten eher in den Hintergrund. Die RNZ hat mit vier angehenden Pädagogen am Auguste-Pattberg-Gymasium in Neckarelz gesprochen.
"Ich bin froh, dass ich noch sechs normale Wochen hatte", sagt David Rieß. Im Februar 2020 begann er sein anderthalbjähriges Referendariat. "So hatte ich vor dem ersten Lockdown immerhin noch die Möglichkeit, meine Schüler persönlich kennenzulernen, bevor es in den Fernunterricht ging." Zwar funktionierten die digitalen Schulstunden am APG gut, berichtet der angehende Deutsch- und Geschichtslehrer, "wir werden hier super von allen Kollegen unterstützt". Doch die parallele pädagogisch-didaktische Ausbildung im (Online-)Seminar vermittle "ausschließlich analoge Unterrichtskonzepte", kritisiert Rieß.
Natürlich ließen sich nicht alle für den Präsenzunterricht etablierten Lehrmethoden auch ins Digitale übertragen, ergänzt Annika Münzenberg. Schlimm findet sie das aber nicht: "Im Referendariat lernen wir jeden Tag etwas Neues – da ist der digitale Fernunterricht einfach eine von vielen neuen Herausforderungen, denen man sich stellen muss", sagt sie. Man müsse in Zeiten der Pandemie einfach flexibel sein, "wie es von allen Teilen der Gesellschaft gefordert wird". Das sieht auch Schulleiter Dr. Thomas Pauer so: "In der gegenwärtigen Situation brauchen wir flexible und pragmatische Lösungen, die eine ausgezeichnete Lehrerausbildung sicherstellen und auch unsere Qualitätsansprüche in der Unterrichtsgestaltung erfüllen."
Die Lernplattform "Moodle" biete viele Möglichkeiten, die digitalen Schulstunden abwechslungsreich und pädagogisch wertvoll zu gestalten, finden Münzenberg und Rieß. "Es dauert bloß immer eine Weile, bis auf Fragen reagiert wird – das geht alles etwas langsamer als im Klassenzimmer", sagt Münzenberg. Weil der direkte Austausch mit den Schülern nicht immer einfach sei, "gestaltet sich vor allem die Benotung der mündlichen Leistungen schwierig", sagt Rieß. Natürlich könnten sich die Schüler melden, Fragen stellen und beantworten, die Lehrer nach dem Unterricht auch per E-Mail erreichen. Doch wenn er jemanden aufrufe, komme es hin und wieder auch mal vor, dass er dann plötzlich nicht mehr verstanden werde, die Verbindung beim Empfänger stockt. "Da sind mir dann die Hände gebunden, das muss ich dann einfach glauben und akzeptieren."
Neue Formen des Unterrichts im Referendariat auszuprobieren, sei neben allen Schwierigkeiten aber auch ein Vorteil, den es ohne Corona nicht gegeben hätte. "Weil es keine richtigen Digital-Konzepte gibt, können wir eigene entwickeln, haben Spielraum in der Gestaltung des Unterrichts, machen Erfahrungen, die andere nie machen werden", sagt Münzenberg.
Lisa Knecht und Sarah Müller hatten bisher kaum Gelegenheit, ihre Schüler persönlich kennenzulernen. Sie begannen ihr Referendariat am 1. Februar dieses Jahres, mitten im jüngsten Lockdown. Erst seit Mitte März stehen sie stundenweise auch persönlich vor den Fünft- und Sechstklässlern. Da diese ihre Kamera im Fernunterricht meist aus hatten, "müssen wir den Namen jetzt erst einmal die Gesichter zuordnen", sagt Knecht. Genau wie Müller ist sie aber froh, endlich in Präsenz unterrichten zu können. "An der Tafel können wir viel besser die Anmerkungen der Schüler einarbeiten, als es digital der Fall ist", erklärt Müller.
Alle vier Referendare befürworten eine Rückkehr zum Präsenzunterricht aller Klassen, sobald es das Infektionsgesehen zulässt. "Wann das der Fall ist, können wir nicht entscheiden, Das ist die Aufgabe der Politik", sagt Rieß. Die persönliche Begegnung mit den Schülern, vor allem auch der Kinder und Jugendlichen untereinander, sowie die Gespräche zwischen den Schulstunden sei ungeheuer wichtig in der Bildungsarbeit. Dass sie nun coronabedingt schlechter darauf vorbereitet werden, glauben die angehenden Pädagogen aber nicht. Schließlich stünden die Kollegen am APG bei Ungewissheiten stets unterstützend zur Seite.
Die Lehrproben von Münzenberg und Rieß laufen allerdings anders als normal ab. Statt der Unterrichtsbesuche müssen sie mündliche Prüfungen absolvieren – erst ihr Unterrichtskonzept vorstellen und dazu dann pädagogische wie didaktische Fragen beantworten. "Das hat Vor- und Nachteile zugleich", sagt Rieß. "Störende Schüler gibt es nicht, die einen aus dem Konzept bringen. Anderseits werden die Fragen bestimmt kniffliger", vermutet er. Müller und Knecht hoffen, dass bei ihren Lehrproben im nächsten Jahr längst alles wieder beim Alten ist. Dafür sei es jetzt wichtig, dass sich viele Menschen impfen lassen.