Paula Woreschk wird im Januar die jüngste Kirchenälteste im Kirchenbezirk Mosbach. Foto: Frank Heuß
Von Frank Heuß
Mosbach-Neckarelz. Am ersten Advent wählte die Evangelische Landeskirche in Baden ihre Kirchenältesten. Die traditionelle Bezeichnung ist heute nicht mehr wirklich treffend, wo doch die "Ältesten" schon lange nicht mehr alt sein müssen: Erstmals waren sogar 16-Jährige nicht nur wahlberechtigt, sondern auch selbst wählbar. Wahlen bedeuten oft eine Zäsur. Und so verhält es sich auch in Neckarelz-Diedesheim, der mit rund 2900 Mitgliedern größten Gemeinde im Evangelischen Kirchenbezirk Mosbach. In Person von Leni Endlich kandidierte die langjährige Vorsitzende nicht wieder und mit Paula Woreschk zog eine Jugendliche neu in den Kirchengemeinderat ein.
"Ich habe immer gesagt, dass ich mit 70 aufhöre", betont Leni Endlich. Schon 2015 gab die pensionierte Grund- und Hauptschullehrerin ihre Ämter in der Kommunalpolitik zurück, wo sie für die Freien Wähler elf Jahre als Stadt- und Kreisrätin tätig war. Dass sie die selbst gesteckte Altersgrenze bereits überschritten hat, sieht und merkt man ihr nicht wirklich an. Versuche, sie zum Bleiben zu überreden, hatte es reichlich gegeben. Der Vorsitz eines Kirchengemeinderats ist kein einfaches Geschäft und für ein unbezahltes Ehrenamt sehr zeitaufwendig. Erfahrung ist da umso wichtiger und Leni Endlich schon deshalb schwer zu ersetzen: Seit 15 Jahren steht sie dem Vertretungsorgan vor, dem sie schon seit 1995 angehört.
Im Dezember leitete Leni Endlich (Mitte) nach 15 Jahren als Vorsitzende letztmals eine Sitzung des evangelischen Kirchengemeinderats Neckarelz-Diedesheim. Versuche, sie zum Bleiben zu überreden, hatte es reichlich gegeben. Foto: Frank Heuß
"Ich war mit manchem in der Kirche nicht so zufrieden", erinnert sie sich an ihre erste Kandidatur zurück. Und eben darin habe die Motivation gelegen, selbst aktiv zu werden. Pfarrer Klaus-Eugen Speck, der über 30 Jahre in Neckarelz wirkte, hatte damals noch selbst den Vorsitz im Kirchengemeinderat geführt. "Da bin ich eher so mitgeschwommen", erinnert sie sich schmunzelnd. Unter Pfarrer Thomas Lehmkühler rückte Endlich im Jahr 2004 an die Spitze.
Herzensangelegenheit waren ihr dabei stets die beiden evangelischen Kindergärten in Diedesheim und Neckarelz, wo kurz vor Ende ihrer Amtszeit noch ein millionenschweres Neubauprojekt auf den Weg gebracht werden konnte. "Ich bin stolz auf das Gremium", betont sie rückschauend. Weil es von Bausachen über Finanzen bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit immer mit Fachleuten verschiedener Gebiete besetzt war und man sich intern gut verstand, habe sie "nie alles alleine machen müssen".
Dass nun ein neuer Anfang kommt, nachdem erst kürzlich mit Frithjof Meißner ein junger Pfarrer hier seinen Probedienst angetreten hat (die RNZ berichtete), sieht sie ebenso positiv wie die Herabsetzung des Mindestalters: "Ich finde das gut, weil es eine Bereicherung ist. Die jungen Leute bekennen sich und lernen früh, Verantwortung zu übernehmen", so Leni Endlich. Vor einem ruhigeren Leben hat sie keine Sorge: "Ich habe noch genug Dinge, die ich machen will, ich werde nicht versauern", versichert sie.
Viel zu tun zu haben, gilt auch für Paula Woreschk – die Schülerin in der Kursstufe des Mosbacher Nicolaus-Kistner-Gymnasiums wird zukünftig die jüngste Kirchenälteste im Kirchenbezirk Mosbach sein. In der Landeskirche Baden zählt sie zu insgesamt 19 Jugendlichen, die im neuen Mindestalter von 16 Jahren in einen Kirchengemeinderat gewählt wurden. "Ich war am Anfang unsicher", gibt sie angesichts von nicht mehr weit entfernten Abiturprüfungen und anderen Hobbys zu. Mehrere Ansprachen aus der Gemeinde heraus konnten sie kurz vor Meldeschluss jedoch überzeugen, ihre Kandidatur einzureichen.
Paula hatte sich nach ihrer Konfirmation als "Teamerin" zur unterstützenden Betreuung von nachfolgenden Konfirmand(inn)en engagiert, wo man schnell auf sie aufmerksam wurde. Über ihre Familie ist sie christlich geprägt – ihr Urgroßvater war einst Pfarrer in Neckarburken.
"Ich will mithelfen, die Kirche für junge Menschen attraktiver zu machen", erklärte sie bei ihrer Vorstellung in der Martinskirche. Und dafür erhielt sie reichlich Applaus. Ideen, wie das gelingen könnte, hat sie einige. Eine davon ist mehr Aktivität in den sozialen Medien im Internet, wo die Kirche doch "eine tolle Gemeinschaft" sei, die noch mehr Leute erreichen könnte.
Der persönliche Bezug zu jungen Menschen ihrer Generation ist Paula wichtig: "Meine Freunde wissen, dass ich gläubig bin", bekennt sie gerne. Selbst wenn manche überrascht gewesen seien, dass sie jetzt schon ein solches Amt übernimmt, habe sie nur positive Rückmeldungen erhalten. Wer sie kennt, der wisse, dass sie sich gerne engagiert, wie zuvor etwa auch schon in der Schülervertretung. Das "Leader-Gen", die Dinge mitgestalten zu wollen, ist nicht zu verleugnen: Klare Vorstellungen und eine taffe Art, diese auch gegen Widerstände zu vertreten, gehören eben zur Persönlichkeit.
Die Mission des auf sechs Jahre gewählten Kirchengemeinderats soll am Sonntag, 12. Januar 2020, in der Martinskirche beginnen: In einem Gottesdienst werden ausscheidende Mitglieder des Gremiums verabschiedet und die neu gewählten in ihr Amt eingeführt.