Illegales Schießtraining in Neckarelz

Angeklagter mit Einspruch erfolgreich

Illegales Schießtraining auf ehemaligem Kasernengelände: 29-jähriger Teilnehmer freigesprochen - Zeugen ungehört entlassen

18.01.2021 UPDATE: 19.01.2021 06:00 Uhr 1 Minute, 20 Sekunden

Mosbach. (cao) Gegen den Strafbefehl hatte Julian S. Einspruch eingelegt: 2400 Euro sollte der Stabsunteroffizier ursprünglich wegen fahrlässigen und unerlaubten Führens einer Schusswaffe bezahlen. Nach rund einstündiger Verhandlung vor dem Mosbacher Amtsgericht sprach Strafrichterin Angela Haaß den 29-Jährigen am Montag frei.

Eigentlich waren sieben Zeugen und ein Sachverständiger zur gestrigen Hauptverhandlung geladen. Doch nach der Einlassung des Angeklagten sahen die Richterin, die Staatsanwaltschaft sowie Verteidiger Thomas Maurer deren Aussagen als nicht mehr relevant an. Sie wurden ungehört entlassen. Denn Julian S. gab gleich zu Beginn der Verhandlung zu, im Juni 2018 an einem vom Verein "Uniter" organisierten Schießtraining auf dem Gelände des Trainingscenters Retten und Helfen teilgenommen zu haben . Dabei habe er auch mit einem Softair-Gewehr trainiert und "Plastikkügelchen verschossen", sagte er.

Dass er dafür allerdings eine waffenrechtliche Erlaubnis hätte haben müssen, sei ihm nicht bewusst gewesen. "Der Kurs wurde öffentlich beworben, jeder konnte sich anmelden. Ich bin als Kunde davon ausgegangen, dass alles mit rechten Dingen vor sich geht", betonte der Bundeswehrsoldat. Dieser Eindruck habe sich auch vor Ort, nach seiner Ankunft auf dem ehemaligen Kasernengelände in Neckarelz, nicht geändert: "Alles wirkte offiziell und keinesfalls verboten, niemand hat sich versteckt oder das Training geheim gehalten." Da er selbst keine Softair-Waffe besitzt, sei ihm eine gestellt worden. Mit Waffen habe er sich als Altenpfleger damals nicht ausgekannt. "Zur Bundeswehr kam ich erst später." Zudem habe "Uniter" als gemeinnütziger Verein einen seriösen Eindruck vermittelt. Mittlerweile sei er aus der rechtsgerichteten Vereinigung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ausgetreten.

"Es geht um die Frage, ob hier die Schwelle zur Fahrlässigkeit überschritten wurde oder nicht", fasste Richterin Haaß den rechtlichen Kontext zusammen. Während die Staatsanwaltschaft die Sorgfaltspflicht vernachlässigt sah – "er hätte sich einer waffenrechtlichen Genehmigung versichern müssen" – und eine Strafe von 30 Tagessätzen à 70 Euro forderte, verlangte Verteidiger Mauerer Freispruch für seinen Mandaten.

Der Angeklagte habe eine nach außen hin seriös wirkende Veranstaltung gebucht, erklärte Richterin Haaß in ihrer Urteilsbegründung. Ohne Weiteres hätte er nicht nachvollziehen können, dass keine waffenrechtliche Genehmigung vorlag. "Wer hätte ihm das vor Ort auch schon gesagt?", entschied die Richterin zugunsten des Angeklagten.

Auch interessant
Uniter-"Schießübungen" in Mosbach: Ex-Elitesoldat zu Geldstrafe verurteilt (Update)