Schweinefleisch, Milch, Getreide und Gemüse: Im Neckar-Odenwald-Kreis gibt es viele Erzeuger, die auch in der Coronakrise Lebensmittel produzieren – und verkaufen. Foto: dpa
Von Stephanie Kern
Neckar-Odenwald-Kreis. Toilettenpapier, Mehl, Nudeln – diese Produkte sind in vielen Supermärkten aktuell ausverkauft. An den Regalen hängt noch der Hinweis, dass sie nur noch in haushaltsüblichen Mengen abgegeben werden. "Die aktuelle Situation sorgt bei vielen Verbrauchern für Verunsicherung in Bezug auf die Versorgung mit Lebensmitteln", meint der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk.
Dabei gibt es im Landkreis viele Möglichkeiten, sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Das "Genussportal Neckar-Odenwald" bietet einen ersten Überblick über die vielen Direktvermarkter im Kreis. "Es ist genug da", versichert Ruth Weniger von der Bio-Musterregion Neckar-Odenwald-Kreis. Kühe müssen weiter gemolken werden, Hühner legen weiterhin Eier. "Mein Stall ist voll", sagt auch Simon Kunzmann. Der Bio-Landwirt aus Schefflenz bietet Schweinefleisch und Wurstwaren.
"Wir sind weiterhin auf den Wochenmärkten vertreten", wirbt Kunzmann für den Einkauf unter freiem Himmel. "Man kann die Landwirte vor Ort unterstützen. Das ist jetzt wichtiger denn je", meint Kunzmann. Zusätzlich zum Angebot auf den Wochenmärkten und in der Biomarktscheune in Dallau gibt es nun auch zwei Liefertage (Dienstag und Freitag), um die Menschen mit dem Angebot des Heimentaler Biohofs zu versorgen. Per Telefon oder auch im Internetshop kann man jederzeit Waren bestellen. "Bei mir besteht aktuell keine Gefahr, dass das Schweinefleisch ausgehen könnte", so Kunzmann.
Das Bild teils leerer Regale in den Supermärkten weckt Unsicherheit und treibt Hamsterkäufe weiter in die Höhe. "Die sind aktuell in keinem Fall nötig. Ich bitte die Verbraucher, solidarisch zu sein und nur in normalem Maße einzukaufen. Eine gewisse Lagerhaltung ist zu jeder Zeit wichtig, aber das aktuelle Ausmaß ist nicht gerechtfertigt und unnötig", appelliert Peter Hauk. "Wie wichtig die regionale Lebensmittelproduktion ist, zeigt sich derzeit intensiv. Neben dem klassischen Lebensmitteleinzelhandel sollten Verbraucher auch auf Produkte in Hofläden, regionalen Geschäften und Wochenmärkten zurückgreifen", so Hauk.
So wie in der Bäckerei "Fritze Beck" in Großeicholzheim. "Wir haben genug Rohstoffe", erläutert Selma Troißler. Da ausschließlich regionale Waren verbacken werden, müsse man auch nicht bangen, ob Auslandsimporte rechtzeitig kommen. "Das Korn in Deutschland ist ja eingeplant – bis zur nächsten Ernte." Durch das Coronavirus habe sich aber die Nachfrage der Kunden geändert: Es wird jetzt mehr Brot gekauft. "Süßstückchen und Belegte brauchen wir jetzt nicht mehr so viel", sagt Troißler. Dafür kauften die Kunden auch mal ein bis zwei Laib Brot mehr. "Um es einzufrieren."
Für die kleine Bäckerei ist diese veränderte Nachfrage kein Problem: "Wir müssen ja nichts bestellen, sondern können ganz flexibel reagieren." Auch darauf, dass nicht mehr alle Kunden selbst vorbeikommen können oder wollen. Es sei schwierig vorherzusagen, ob die Kunden auch nach der Krise die regionalen Erzeuger unterstützen. "Es ist aber auf jeden Fall eine Chance. Vielleicht gewinnt man auch den ein oder anderen Kunden zurück", sagt Selma Troißler noch.
"Wir erleben gerade herausfordernde und besondere Zeiten. Wir machen ganz neue Erfahrungen und sind als Solidargemeinschaft extrem gefordert", richtet der Heinrichhof aus Obrigheim persönliche Worte an seine Kunden. Für viele seien der Kontakt mit anderen und das Verlassen des Hauses ein großes gesundheitliches Risiko oder mit Angst verbunden. "Trotzdem muss die Versorgung gewährleistet sein", so das Schreiben weiter. Deshalb bieten die Landwirte aus Obrigheim ab kommender Woche an, Einkäufe nach Hause zu liefern oder vorbestellte Waren am Hofladen in Obrigheim abzuholen.
Neben den Bäckereien, Metzgereien, Hof- und Dorfläden in der Region weist Ruth Weniger auch auf die "Regiomaten" hin, u.a. in der Biomarktscheune in Dallau. "Ich denke, in der jetzigen Situation bietet sich die Chance, dass regionale Lebensmittelerzeuger besser wahrgenommen werden. Viele Verbraucher können nun sehen, welche hochwertigen Produkte es hier in der Region gibt", sagt Weniger. Damit man in Krisenzeiten regionale Lebensmittel kaufen könne, sei es aber wichtig, dass heimische Produzenten unterstützt werden – und zwar immer. Weniger: "Es steht und fällt mit den Verbrauchern." Nur wenn Verbraucher bei Metzgereien, Bäckereien oder Hofläden vor Ort einkaufen, könne dort auch in einer Krise gekauft werden.
Cornelia Schaaf vom "Milchhäusle" in Dallau beobachtet an der angegliederten Biomarktscheune, dass die Käufer nicht mehr so stark zu den Stoßzeiten kommen, sondern ihren Einkauf lieber in die Abendstunden verschieben. "Und die Menschen halten Abstand voneinander", sagt Schaaf. "Viele warten im Auto, bis andere fertig sind." Auch sie verspricht: "Die Milch geht uns nicht aus."
Info: www.genussregion-nok.de