Aufheulende Motoren, Fehlzündungen: Den Anwohnern am westlichen Stadteingang von Mosbach reicht’s mit dem Verkehrslärm. Die Polizei will im Sommer auch Schritte gegen die Poser-Szene einleiten. Foto: Heiko Schattauer
Von Nadine Slaby
Mosbach. Lärm macht krank - das ist keine neue Erkenntnis. Wer an viel befahrenen Straßen wohnt, muss sich wohl oder übel mit einer hohen Lärmbelastung arrangieren. Davon können die Anwohner an der Bundesstraße 27 in Mosbach ein Lied singen.
"Seit Jahren erdulden wir den stetig wachsenden Straßenlärm, Martinshorn von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Korsos von Hochzeiten, aber nun ist das Maß voll", ärgert sich Johannes Großkinsky, der mit seiner Familie seit über 60 Jahren unweit des westlichen Mosbacher Ortseingangs an der B 27 wohnt. Und so wie ihm geht es vielen seiner Nachbarn. "Es geht nicht um den normalen Verkehr oder den Rettungsdienst", sagt Johannes Großkinsky. In den vergangenen Jahren seien allerdings Lärmbelästigungen hinzugekommen, die nicht mehr zu tolerieren seien. "Ich kann nachts kein Fenster mehr offen lassen", erläutert eine Nachbarin. Am Wochenende im Garten zu sitzen, sei sowieso undenkbar.
Ein Dorn im Auge ist den Anwohnern rund um die Herm-Tankstelle die sich dort seit einigen Jahren entwickelnde "Poser-Szene". Doch auch viele Gewerbeschüler würden "fahren wie die Bekloppten". Dass die glänzenden, hochmotorisierten Blechkarossen ihren Reiz haben, verstehen einige der Anwohner durchaus. "Es kommt aber immer darauf an, wie damit gefahren wird."
Unverständlich sind ihnen die Autorennen auf der von ihnen als "Stadtautobahn" bezeichneten Bundesstraße. Die Rennen seien besonders am Wochenende häufiger zu beobachten. "Ich bin schon zwei Mal fast über den Haufen gefahren worden", erklärt ein Rentner. Das Aufheulenlassen der Motoren an den Ampeln, das schnelle Beschleunigen sowie die gewollten Fehlzündungen der Auspuffanlagen - all das verursacht zusätzlichen Lärm, der an den Nerven zerrt.
"Wir können während der Arbeit kein Fenster mehr öffnen, wenn wir Kundengespräche haben. Man würde nichts verstehen", sagen Cornelia Körner und Uwe Wanke vom GRI-Büro verärgert. Einige Anwohner hätten bereits die Reißleine gezogen und seien weggezogen.
Auch in anderen Teilen der Stadt gibt es mittlerweile eine stärkere Lärmbelästigung durch Autofahrer. Im Hammerweg beklagen sich Anwohner gegenüber der RNZ über eine "Poser-Szene", die mit ihren PS-starken Fahrzeugen den dortigen Bürgern gehörig auf die Nerven geht. Dort wünscht man sich Blitzersäulen, um den lautstarken Rasern Einhalt zu gebieten.
Bisherige Beschwerden gegenüber dem Landratsamt, dem Ordnungsamt oder im Rathaus hätten nichts gebracht, erläutern die Betroffenen an der B 27. Über den Hinweis, dass beim Ausbau der Bundestraße Schallschutzfenster vom Land für die Anwohner bezahlt worden seien, können sie nur noch müde schmunzeln. "Das war eine Lachplatte", lautet die einhellige Meinung. Denn diese seien nur den Anwohnern direkt an der Straße bezahlt worden - und auch nur für Wohnräume, also nicht in Bad oder Flur.
Die Betroffenen äußern den Wunsch, dass sich die Verkehrsteilnehmer an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h halten und mehr Rücksicht nehmen. Und eine stärkere Kontrolle seitens der Polizei möchten sie.
Verwundert sind sie darüber, dass alle anderen Orte Blitzersäulen haben, nur eben Mosbach noch nicht. Die "Sinnhaftigkeit einer festen Blitzersäule" stellt Joachim Weis, Abteilungsleiter Sicherheit, Ordnung und Standesamt, jedoch in Frage. Er kennt das Problem der Lärmbelästigung und der Raser am Mosbacher Ortseingang. Mobile Blitzgeräte sind seiner Meinung nach aber besser. Allerdings seien die Standorte solcher Blitzer aufgrund der sozialen Medien "schnell verbrannt".
Auch bei der Polizei weiß man um die Probleme. "Das Thema Lärmbelästigung ist uns bewusst", erklärt der Leiter des Polizeireviers Mosbach, Jürgen Helfrich. "Ich kann die Anwohner gut verstehen." Die Lärmbelästigung durch die "Poser-Szene" bekäme man mit einer Blitzersäule aber nicht in den Griff, auch wenn er sich eine solche durchaus vorstellen kann.
"Wenn wir Manipulationen feststellen, werden die Fahrzeuge natürlich aus dem Verkehr gezogen", erklärt Helfrich. Künftig will man verdächtige Fahrzeuge auch schneller stilllegen und einem Sachverständigen vorführen. Denn die Szene nehme überhand. Warum die Rennen nicht auf dem Hockenheimring gefahren werden, erklärt sich für die Polizei schnell. Inzwischen gehe es nicht mehr um das Ausfahren der PS-Zahlen, sondern um das Gesehenwerden. Um gegen Raser vorzugehen, bittet Helfrich die Anwohner um Mithilfe: "Die betroffenen Menschen sollen sich nicht scheuen, die Polizei anzurufen." In den Sommermonaten will man mit weiteren Schritten "agieren".