Miramar beklagt "zweistelligen Millionenschaden"
Das Weinheimer Freizeitbad geht am Montag wieder in Betrieb und hält eine Auslastung von 50 Prozent für möglich. Der Geschäftsführer ist enttäuscht von der Politik.

Von Philipp Weber
Weinheim. Seit November war der Bäderbetrieb auf Anordnung der Behörden geschlossen, doch nun kann es wieder losgehen: Das Weinheimer Freizeit- und Familienbad Miramar ist ab dem kommenden Montag, 21. Juni, wieder geöffnet. Sinkende Infektionszahlen, Abstimmungen mit den Behörden und die schrittweise Wiederinbetriebnahme der Badeanlagen haben den Neustart ermöglicht.
Vor der Wiedereröffnung spricht Geschäftsführer Marcus Steinhart (54) von einem "zweistelligen Millionenschaden". Dank einer "soliden Geschäftsführung" und der guten Zusammenarbeit mit der Hausbank habe der Betrieb diese Zeit überstanden. Aber: "Ein nochmaliger, monatelanger Lockdown würde unzweifelhaft in den Konkurs führen. Ich erwarte von der Politik bessere und tragfähige Konzepte, um diese Krisenzeit überstehen zu können." Die staatlichen Hilfen hätten nicht einmal ansatzweise Entlastung gebracht: "Wir kommen vermutlich gut über den Sommer – mir graut aber vor der dunklen Jahreszeit, falls sich das wiederholt."
Miramar-Angaben zufolge hatten vor Corona jährlich rund 700.000 Gäste das Bad besucht. Der Betrieb beschäftigt rund 130 Mitarbeiter. "In der Zeit des Lockdowns hat das Miramar trotz fehlender Umsätze investiert", teilte das Bad mit. Umkleiden wurden saniert, ein digitales Kontrollsystem eingerichtet. Die Spinde öffnen und schließen per Chip, in den Gastronomien kann man nun auch ohne Bargeld zahlen. Der Chip regelt zudem die Zugänge zu Saunalandschaft und Therme: "Damit ist nun eine exakte Überwachung der Besucherzahlen möglich."
Coronabedingt wird die Zahl der gleichzeitig anwesenden Gäste auf etwa 50 Prozent der Höchstauslastung begrenzt. Je nach Besucherzahlen von Saunalandschaft, Spaß- und Familienbad mit Rutschenwelt und Therme entspricht das zwischen 1800 und 2100 Personen.
Auch interessant
Nach den aktuellen Corona-Vorgaben müssen die Gäste einen gültigen Schnelltest vorlegen oder ihre Genesung oder die vollständige Impfung nachweisen. Die Anwendung "2FDZ" erfasst die Daten per Mobiltelefon über einen QR-Code oder durch händische Eingabe durch die Mitarbeiter, wenn ein Gast kein Handy dabei hat. Wie 2020 soll ein Ampelsystem auf der Webseite des Miramar die Auslastung der drei Badbereiche anzeigen. Zeitkontingente oder Buchungen werden nicht angeboten.
Unmittelbar am Miramar gibt es ein Testzentrum. Darüber hinaus biete der Betrieb den Mitarbeitern eine Impfung an, die der Betriebsarzt vornimmt. Aktuell seien rund 50 Prozent der Beschäftigten geimpft. Es wird von einer finalen Quote von 70 Prozent ausgegangen. Der Rest wird getestet.
Geschäftsführer Steinhart zeigt sich enttäuscht darüber, dass die Politik Bäder nicht als systemrelevant einstuft. Er sieht hier einen wichtigen Teil der Gesundheitsfürsorge. Und er habe keine Erkenntnis darüber, dass Bäder Infektionstreiber sein könnten. Zudem verweist er unter anderem auf die Therme mit Heilwasser und die ausgefallenen Schwimmkurse im Bad. Lediglich die Physiotherapie sei weitergelaufen.
Die RNZ konfrontierte den Weinheimer Landtagsabgeordneten Uli Sckerl (70, Grüne) mit Steinharts Kritik. Sckerl wurde nach der Landtagswahl mit der Leitung eines Übergangsausschusses betraut, sprich: mit dem parlamentarischen Arm des Corona-Managements. Sckerl verweist auf den "Stufenplan" des Landes: Dieser ermögliche Schritte zur Wiedereröffnung in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Die komplexe Einschätzung von Infektionsrisiken unterliege einer engen wissenschaftlichen Begleitung. Eine zentrale Rolle nehme das Robert-Koch-Institut mit seiner "Toolbox" zu den Stufenkonzepten der Länder ein. Daneben würden viele "Non-Covid-Aspekte" berücksichtigt, allen voran das Kriterium der Verhältnismäßigkeit. Auch wenn es um Bäder geht, so Sckerl.