Ein futuristisches rotes Gebilde mit gelben Noppen in einer Vitrine. Das gehäkelte Virus im knallgrünen Rahmen ist in der Medicus-Ausstellung zu sehen. Archivfoto: Alfred Gerold
Von Harald Berlinghof
Speyer.Restaurants, Schwimmbäder, Theater und Kinos sind zu. Jeder, der vom gegenwärtigen Lockdown geschäftlich betroffen ist, fühlt sich ungerecht behandelt. Vom Coronavirus, vom Schicksal, von der Politik, von den Experten. Auch die Museen in Deutschland und einigen Nachbarländern, die im Arbeitskreis "Museen für Geschichte" organisiert sind, machen Einwände geltend, dass bei ihnen die Gefahr einer Ansteckung extrem gering sei.
Der Arbeitskreis hat sich 2007 gegründet und umfasst gegenwärtig 35 große Geschichtsmuseen, darunter Häuser für Kulturgeschichte und Stadtmuseen, in Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und Belgien. Mit dabei sind auch das Historische Museum der Pfalz in Speyer und die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim.
"Wir hatten ja bei uns ein umfangreiches Hygienekonzept mit Besucherzählungen, Einbahnstraßensystem und einem berührungslosen Audio-Guide umgesetzt, das in der Zwischen-Lockdown-Zeit sehr gut funktioniert hat", betont der Direktor des Historischen Museums der Pfalz, Alexander Schubert. Man empfindet es als "bedauerliche Fehleinschätzung", dass Museen in verschiedenen Veröffentlichungen der Lockdown-Vorgaben als Freizeit- und Vergnügungseinrichtungen eingestuft werden. "Wir haben einen wichtigen Bildungsauftrag", so Schubert. Anders als beim ersten Lockdown im Frühjahr, sind gegenwärtig bestimmte Branchen ausgenommen. Nicht aber die Museen, die aus Sicht des Arbeitskreises und auch von Schubert als Bildungseinrichtungen zu werten seien.
Museen seien nicht nur besonders sichere Orte, sondern auch relevante Orte, die informieren und bilden. In normalen Jahren machen alleine Schüler in Speyer eine sechsstellige Besucherzahl aus. Der Arbeitskreis fordert deshalb, dass Museen und andere Kultureinrichtungen als Lernorte ernst genommen und bei den nächsten Entscheidungsrunden wieder geöffnet werden.
"Museen sind sehr sichere Orte", so Schubert. Es gebe Aufsichten durch Museumspersonal wie kaum an einer anderen Stelle. Die Disziplin der Besucher sei sehr hoch, die Besucherdichten aufgrund der ausgedehnten Räumlichkeiten und der Wegeführung meist sehr gering. Moderne Lüftungsanlagen und Luftreiniger seien weit verbreitet, und ein Rundgang ohne Besucherbegegnung durch Ausstellungen sei auch vor Corona bereits üblich gewesen, so Schubert.
Die Auswirkungen auf die Besucherzahlen sind massiv. Die ersten drei Monate des Jahres waren 85.000 Besucher in die "Medicus"-Ausstellung geströmt. Dann kam der erste Lockdown. Zwischen Anfang September und Ende Oktober war die Ausstellung wieder zugänglich. "Aber man spürt, dass die Menschen zögerlicher geworden sind", so Schubert. Die Zahlen der ersten Monate hat man nicht mehr erreichen können.
"Damals haben wir die Ausstellung bis zum 21. Juni 2021 verlängern können, dank der Großzügigkeit unserer Leihgeber von herausragenden Exponaten", erklärt Schubert. "Das wird aber, über dieses Datum hinaus, ein zweites Mal nicht mehr möglich sein", bedauert der Museumschef.
Der 21. Juni wird somit definitiv das Ende der "Medicus"-Ausstellung markieren. Man hofft aber, dass man nicht erst im Mai, sondern bereits früher das Museum wieder für Besucher öffnen kann. "Doch das bleibt abzuwarten. Die Gesundheit der Menschen geht immer vor. Da haben wir eine hohe Solidarität mit der Politik", sagt Schubert.