Mancher Besucher konnte es kaum glauben: Der IT-Experte Erwin Markowsy (l.) führte im Lutherhaus vor, was beim Surfen im Internet alles schief gehen kann. Sogar beim Akkuladen können Daten verloren gehen. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Schwetzingen. Lange Gesichter und nachdenkliche Mienen gibt es zuhauf am Donnerstagabend. Ein Blick in die Gesichter derjenigen, die den Vortrag von Erwin Markowsky im Schwetzinger Lutherhaus gehört haben, spricht Bände. Da waren die meisten gekommen, um von dem IT-Experten im Auftrag der Sparda Bank etwas darüber zu erfahren, wie sie mit dem Internet-Konsum ihrer Sprösslinge umgehen sollen, und dann so etwas. Eine echte Schocktherapie verpasst der "gute Hacker" den Erwachsenen im Publikum.
Und garantiert jeder marschiert direkt nach Hause, um sofort oder spätestens am nächsten Tag alle seine Passwörter, die er im Internet benutzt, zu ändern. Das ist laut Markowsky das Mindeste: Dass man komplexe Passwörter benutzt und niemals identische für verschiedene Zugänge. Das beliebteste in Deutschland ist 12345678. International liegt LOVE vorne - nicht sehr sicher. Wichtig ist auch, dass Passwörter nach einer gewissen Zeit gewechselt werden. Denn garantiert sind alte Passwörter längst geknackt. Das kann übrigens jeder selbst nachprüfen auf der Internetseite "Have i been pwned". Dass noch nichts passiert ist, ist reines Glück.
Doch wenn es einen trifft, kann das extrem teuer werden. Sechsstellige Summen stehen da im Raum. Das kann auch durch illegales Downloaden von Musik oder Filmen geschehen, ein beliebter Zeitvertreib von Jugendlichen. Denn wer ein Musikstück herunterlädt, der stellt es ungewollt auch zum weiterdownloaden ins Netz. Dann ist es im schlimmsten Fall keine einzelne Urheberrechtsverletzung mehr sondern eine tausendfache.
Markowsky hat ein Beispiel mitgebracht, das vielen ebay-Nutzern - und das sind viele im Publikum - ins Mark fährt. Ein Hacker hat das ebay-Passwort ausgespäht. Damit verändert er die Angabe der Kontonummer des ebay-Nutzers. Dann bietet er 250 extrem günstige iPhone X an. Die Telefone sind innerhalb von zwei Minuten verkauft. Die jeweils 500 Euro fließen auf sein eigenes Konto im Ausland. Der gehackte ebay-Nutzer merkt erst davon, wenn er Abmahnungen bekommt, endlich die versprochene Ware zu liefern. Da ist es schon zu spät. Er wird auf den Kosten in Höhe von 125.000 Euro sitzen bleiben, weil sein ebay-Zugang manipuliert war. Im schlimmsten Fall stehen bald die Inkasso-Knochenbrecher vor der Tür.
Und das ist nur ein Beispiel von vielen, die Markowsky im Lutherhaus, immer spannend und niemals langweilig, unter die Leute bringt. Live-Beispiele demonstriert er auf der Bühne, wie man Handys hackt, mit ihren Kameras oder Mikrofonen die Besitzer bespitzelt, sie erpresst oder einfach verunglimpft. Ein Publikumshandy ruft er an. Es klingelt nicht. Aber plötzlich ist bei Markowsky am Handy zu hören, was dort gesprochen wird. "Die haben das nicht gemerkt", witzelt er. Solcherart Schadsoftware und Trojaner-Baukästen gibt es heute für wenige hundert Dollar. Doch einen absoluten Schutz im Internet gibt es nicht, meint er. "Einiges kann man tun, einiges kann man lernen", betont er. Doch Sicherheitslücken gibt es überall. Antiviren-Software ist nützlich. Sie kann aber auch nicht alles. Letztlich geht es darum, mit einem sorgsamen und vorsichtigen Umgang mit dem Internet seine Angriffsfläche zu verkleinern.
Niemals der Neugier nachgeben und Anhänge von E-Mails öffnen, deren Absender man nicht kennt, ist eine der bekanntesten Schutzmechanismen. Aber es ist nicht schwer, Absenderangaben zu fälschen und so als "bekannt zu erscheinen". Mit Windows XP nicht mehr ins Internet gehen. "Das hackt ihnen jeder 15-Jährige", so Markowsky. Mit Telekom-Routern oder Fritz-Boxen, die älter als zwei Jahre alt sind, nicht mehr surfen. Zu unsicher. Zumindest die Zugangsdaten ändern. Auch das eigene W-Lan muss verschlüsselt sein. Sprachassistenten am Handy lieber deaktivieren, auch bei der TV-Fernbedienung. Selbst das Aufladekabel fürs Handy ist eine Datenleitung, nicht nur eine Stromleitung. Deshalb niemals öffentliche Lademöglichkeiten nutzen, weil man dabei im schlimmsten Fall seine Daten preis gibt.
Die Initiative SpardaSurfSafe der Sparda Bank will Eltern, Jugendliche und Schüler auf die Gefahren im Internet aufmerksam machen. "Verbote sind kontraproduktiv", heißt es. Einsicht und Wissen sind die besseren Methoden.