Der Sicherheitsaspekt spielt eine Rolle
Hockenheimer Gemeinderat bestimmt Standortkriterien für eine Unterkunft für Flüchtlinge, Obdachlose und sozial (finanziell) schwache Bürger - Dritter Bürgerdialog in der Stadthalle

Das Hockenheimer Rathaus. Foto: Reinhard Lask
Hockenheim. (hab) Es gibt in der Rennstadt Hockenheim einen Autofahrer, der mit einer "rollenden Disco" unterwegs ist. Und über den häufen sich die Beschwerden. FDP-Stadtrat Klaus-Daniel Jahnke brachte das Ärgernis, "bei dem die Fenster und die Zähne klappern", auf der jüngsten Gemeinderatssitzung zur Sprache und bekam Zustimmung von Oberbürgermeister Dieter Gummer. "Das habe ich auch schon am eigenen Leib erfahren. Da hat das Rathaus gebebt. Der Fahrer spielt in einer eigenen Liga. Aber dem werden wir jetzt nachgehen, wegen Ruhestörung", so Gummer.
Zuvor hatte es im Gremium einen Vorfall gegeben, der nur selten eintritt: Ein Tagesordnungspunkt wurde abgelehnt. Es ging um die Verlegung von Leerrohren in einem Abschnitt der Oberen Hauptstraße. Die wäre nötig gewesen, um dort später Internetkabel durchzuleiten, ohne die Straße noch einmal aufgraben zu müssen. Außerdem wären der Stadt 46.500 Euro Kosten erspart geblieben.
Der Breitbandanschluss für schnelles Internet hätte aber frühestens im Jahr 2022 verlegt werden können. Das lag einigen zu weit in der Zukunft. "Niemand weiß, wie sich die Technik weiterentwickelt und ob Rohre in dieser Dimension überhaupt noch gebraucht werden", begründete Markus Fuchs (CDU) seine Ablehnung. Jahnke (FDP) erkannte keine unternehmerische Grundlage, solange niemand wüsste, wie viele Anwohner überhaupt schnelleres Internet brauchten. Nicht nur er befürchtete, auf den Kosten für die Verlegung von insgesamt 89.000 Euro sitzen zu bleiben. Und so kam es, dass die Abstimmung mit einem Patt von neun zu neun Stimmen ausging, wobei Gummer für den Antrag stimmte. Der Gleichstand bedeutete aber dessen Ablehnung.
In der Sitzung sollten außerdem über Kriterien für Standorte abgestimmt werden, an denen man Flüchtlinge, Obdachlose und sozial (finanziell) schwache Bürger unterbringen möchte. Das Thema "sozialer Wohnraum hatte schon bei zwei Bürgerdialogen viele Leute interessiert. Allerdings wurde die zusätzliche Bestuhlung im Ratssaal nicht benötigt.
Die Kriterien waren in einer Bürgerversammlung und einer Online-Befragung ermittelt worden. Ralf Eggert vom beteiligten Beratungsbüro und Christian Engel vom städtischen Fachbereich Bauen trugen sie noch einmal vor: Das Gelände muss verfügbar sein (1), die Standorte müssen über das gesamte Stadtgebiet verteilt werden (2), die Kosten müssen im Rahmen bleiben (3), das Planungsrecht muss schnell umsetzbar sein (4) und die Umweltaspekte müssen beachtet werden (5).
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Als neues Kriterium wurde der Sicherheitsaspekt (6) aufgenommen. Auch wenn es keine objektiven Zahlen für das Aufkommen von Problemen gibt, spiele das subjektive Sicherheitsempfinden von Bürgern eine Rolle in der Planung, sagte Gummer. Hingegen könnten drei andere Standortkriterien entfallen. Grünflächen in der Nähe (1), eine ÖPNV-Anbindung (2) sowie Kindergärten, Einkaufsmöglichkeiten und Ärzte (3) seien in Hockenheim von überall her gut erreichbar. Am Ende wurde einstimmig über die neun Kriterien beschlossen. Im nächsten Schritt werden nun potenzielle Standorte aufgelistet und bei einem dritten Bürgerdialog in der Stadthalle vorgestellt. Erst nach erneuter Bürgerbeteiligung sollen die Standorte im Dezember im Gemeinderat beschlossen werden.



