Das Schwetzinger Schloss und der dazugehörige Garten sind bei Besuchern aus dem In- und Ausland äußerst beliebt. Foto: Anspach
Von Marion Gottlob
Schwetzingen. Wer trotz der Corona-Krise den Schwetzinger Schlossgarten betreten darf, den überkommt ein eigenartiges Gefühl – man ist fast allein in dieser großzügigen Anlage, wenn aus Sicherheitsgründen Tagestouristen und Jahreskarten-Inhabern der Zutritt verwehrt bleibt. Nur das Gärtner-Team und die Parkaufsichten schauen nach dem Rechten. Inzwischen watscheln Gänse durch den gesamten Park, Hasen hoppeln über den Rasen, Füchse sagen sich vor dem Schloss "Gute Nacht".
Andreas Falz, früher einer der Geschäftsführer der "Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg", lächelt: "Die Natur erobert den Garten zurück. Jahrelang habe ich dafür geworben, dass möglichst viele Menschen den Schlossgarten besuchen. Jetzt ist das seit Monaten nicht möglich, ein komisches Gefühl."
Das Leben von Andreas Falz ist eng mit den Schlössern von Heidelberg, Mannheim und Schwetzingen verbunden. In Heidelberg ist er geboren und in Mosbach aufgewachsen. Später studierte er in Heidelberg Jura. Als er seine Frau Adelheid am Heidelberger Landgericht bei ihrem Examen abholte, bekam er einen Tipp: "Im Staatlichen Liegenschaftsamt wird jemand gesucht." Er wehrte spontan ab: "Klingt recht langweilig." Trotzdem sprach er dort vor. Sein zukünftiger Chef überzeugte ihn: "Das macht Spaß bei uns."
Zunächst war Andreas Falz mit seinem Team für die Verwaltung von landeseigenen Grundstücken zuständig – mit der Ausnahme von Straßen, Gewässern und Wäldern. Es ging um den An- und Verkauf, die Vermietung oder die anderweitige Nutzung von Immobilien für die Behörden und Universitäten. "Wir haben gehandelt wie Privatleute." Spannender wurde es, als 1988 die Abteilung "Schlösser und Gärten Baden-Württemberg" gegründet wurde. Andreas Falz wurde Leiter der Abteilung und zum heimlichen und guten "Schlossherrn" in Mannheim, Heidelberg und Schwetzingen. "Gott sei Dank war ich nicht der Eigentümer – die Kosten für die Erhaltung gehen jährlich in die Millionen", sagt er mit einem Augenzwinkern. Er hatte freie Hand für seine neue Aufgabe. Sein Chef sagte nur: "Machen Sie mal, junger Mann, entwickeln Sie neue Ideen zur Vermarktung der historischen Schlösser und Gärten."
Und Andreas Falz hatte Ideen: Im normalen Alltag war er für die Verwaltung, das Personal und die Finanzen zuständig. "Nebenbei" beschäftigte er sich zusammen mit Fachleuten mit der Gartenarchitektur: Als die mehr als 30 Meter hohen Lindenbäume im Schlossgarten von Schwetzingen aufgrund von statischen Problemen nicht mehr standsicher waren, mussten in einer bundesweit beachteten Aktion Hunderte von Linden gefällt und durch Jungbäume ersetzt werden. Die neuen Bäume wurden und werden gemäß historischen Vorgaben so geschnitten, dass sie niedrig und damit standsicher bleiben. Statt – wie früher – die barocke Architektur zu verdecken, betonen sie nun die Harmonie und Ausgeglichenheit des durch Zirkelgebäude und Laubengänge gebildeten kreisrunden Gartenparterres.
Kurfürst Carl Theodor öffnete einst den Schlossgarten als einer der ersten Schlossherren in Deutschland für seine Bürger. Was dann in den 1980er und 1990er Jahren passierte, hätte sich der Adlige wohl niemals träumen lassen: Falz entdeckte den Schlossgarten als Location für Open-Air-Konzerte. In diesem traumhaften Ambiente traten unter anderem Weltstars wie der Violinist Yehudi Menuhin oder die Sänger José Carreras und Plácido Domingo auf.
Andreas Falz war einst zuständig für 60 Schlösser, Gärten, Klöster und Burgen. Foto: privatAus kleinen Schloss-Festen wurden mit Hilfe einer neuen Marketing-Strategie Großveranstaltungen wie beispielsweise das Lichterfest. "Wir haben diese Feste völlig alleine organisiert und durchgeführt, darauf waren wir mächtig stolz. Anfangs habe ich an den Wochenenden die Tickets zum Verkauf bei den Vorverkaufsstellen in Heidelberg und Umgebung persönlich vorbeigebracht", erinnert sich Falz. "Damals wurden die Karten noch alle in der Druckerei hergestellt, nummeriert und handverteilt, ein unglaublicher Aufwand." Veranstaltungen wie das Lichterfest mit seinen rund 25.000 Besuchern sind kein Selbstzweck. Die Einnahmen, die die Kosten übersteigen, werden immer in die Schlösser investiert.
Schritt für Schritt wurden pädagogische Konzepte entwickelt, um Menschen anhand von Führungen durch die Schlösser mit der Geschichte der Kurpfalz vertraut zu machen. Waren am Anfang noch weniger als 20 Schlossführer in Heidelberg, Mannheim und Schwetzingen tätig, so sind es jetzt mehr als 100 Gästeführer. Sobald die Corona-Krise es zulässt, werden sie wieder Besucher durch die steinernen Zeugen einer vergangenen Zeit führen.
Im Jahr 2013 wurde Falz dann Geschäftsführer der "Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg" und war damit jetzt zuständig für 60 Schlösser, Gärten, Klöster und Burgen im ganzen Land. "Durch meine Urlaubsreisen kannte ich etliche ferne Länder besser als die wunderbaren Klöster in Oberschwaben, die ich dienstlich und auch privat für mich neu entdeckt habe", sagt er.
Ein Intermezzo war seine Kandidatur zum Oberbürgermeister von Schwetzingen. Nach dem ersten Wahlgang fehlten ihm 31 Stimmen für die Stichwahl. "Ich war nur wenige Tage echt enttäuscht, denn eigentlich wollte ich meinen wunderbaren Job nie aufgeben."
Vor drei Jahren ging er in den Ruhestand. "Ich habe das Glück, dass meine Frau und ich, uns auf mehr gemeinsame Zeit gefreut haben. So habe ich den Übergang gut bewältigt. Von 150 auf null", beschreibt er seine damalige Gefühlslage. Im Ruhestand klingelt das Telefon viel seltener, die meisten beruflichen Kontakte brachen ab. Damit hatte er gerechnet, er nimmt es gelassen, zumal er mit seinen Lieblingskollegen noch in Verbindung steht und auch mancher ehemalige Vertragspartner seinen Rat sucht.
Heute ist er gerne mit den drei Enkelkindern zusammen, das Jüngste ist noch kein Jahr alt. Außerdem schätzt er den Ort Schwetzingen: "Es ist eine liebenswerte Stadt mit schönen, kleinen Geschäften, einem guten Einzelhandel und einem hervorragenden Kulturangebot." Er fragt, wieder mit einem Lächeln: "Ist man als Pensionär nicht out?" Mitnichten. Am Schicksal der Schlösser nimmt er immer noch Anteil, auch als Pensionär und in Corona-Zeiten.