Das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in Heidelberg. Foto: Reinhard Lask
Von Stefan Hagen
Rhein-Neckar. Auch in der Weihnachtszeit wird nicht jeder Wunsch erhört. Das wird der Personalrat des Landratsamtes Rhein-Neckar-Kreis am kommenden Dienstag erleben. Dann wird der Kreistag wohl in seiner Sitzung in Sinsheim-Steinsfurt, dessen Antrag auf Wiedereintritt in den Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) mit Mehrheit ablehnen.
Der Rhein-Neckar-Kreis war zum 1. Januar 2005 aus dem KAV - und damit dem verbindlichen Tarifvertrag - ausgetreten. Zum Austrittszeitpunkt galt für die Beschäftigten eine Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche. In der Folge wurde die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Vollbeschäftigte auf 40 Stunden festgelegt. Alle weiteren Vereinbarungen des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst - beispielsweise die Vergütung - wurden beibehalten. Wichtig dabei: Der Rhein-Neckar-Kreis ist der einzige Landkreis in Baden-Württemberg, der nicht Mitglied im KAV ist.
Jetzt hat der Personalrat des Landratsamtes Rhein-Neckar-Kreis einen Antrag auf Wiedereintritt in den Arbeitgeberverband gestellt. Zentraler Punkt sei dabei die Anpassung der Arbeitszeit. Davon werde auch der Kreis profitieren, heißt es in dem Antrag. Denn damit werde die im Rhein-Neckar-Kreis gelebte Familienfreundlichkeit sichtbar gefördert und gefestigt. Das Landratsamt werde als Arbeitgeber attraktiver und konkurrenzfähiger - und auch positive Auswirkungen auf Arbeitszufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter seien nicht auszuschließen.
Landrat Stefan Dallinger und die Verwaltung können sich scheinbar mit diesem Vorstoß des Personalrats anfreunden. Das Landratsamt könnte als zertifizierter, familienfreundlicher Arbeitgeber an Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Arbeitgebern gewinnen, heißt es in der Vorlage zur Kreistagssitzung.
Gerade bei den jüngeren, zukünftigen Mitarbeitern spiele die "Work-Life-Balance" eine immer größere Rolle. Eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden könne deshalb zunehmend ein Grund dafür sein, zu einem anderen Arbeitgeber, mit dem man um Beschäftigte konkurriere, zu wechseln beziehungsweise ein Arbeitsplatzangebot beim Rhein-Neckar-Kreis erst gar nicht anzunehmen.
Durch die Verringerung der Arbeitszeit auf dann 39 Stunden würden in der Woche 1035 Arbeitsstunden wegfallen, was einen Mehrbedarf von 26,5 Stellen bedeuten würde.
Auch bei den Kreistagsfraktionen von Grünen, SPD und Linken stößt der Antrag des Personalrats auf Sympathie. In ihrem Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt machen die Linken deutlich, dass man die Forderung des Personalrats unterstützen werde. Als Stichtag für den Wiedereintritt hat man sich für den 1. Januar 2020 entschieden - denn dann hätte der Beschluss keine Auswirkungen mehr auf den Haushalt 2019. Im kommenden Jahr könne man dann entscheiden, wie die Mehrkosten von etwa 1,2 Millionen Euro kompensiert werden könnten.
Eine positive Entscheidung habe auch etwas mit der Frage der Wertschätzung gegenüber den eigenen Mitarbeitern und mit der Frage der Zukunftsfähigkeit des Rhein-Neckar-Kreises zu tun, sagt Fraktionsvorsitzender Edgar Wunder. Denn bei der Gewinnung von Fachpersonal habe man Nachteile gegenüber anderen Landkreisen, wenn die Umworbenen hier schlechtere Bedingungen vorfinden würden.
Auch die Grünen solidarisieren sich mit der Forderung des Personalrats. Dem in Baden-Württemberg einwohnerstärksten und wirtschaftlich starken Rhein-Neckar-Kreis "würde es besonders gut anstehen, wenn er in den Kreis der anderen 34 Landkreise zurückkehren würde", heißt es in ihrem Antrag.
Als Stichtag für den Wiedereintritt haben die Grünen den 1. Januar 2019 vorgemerkt. Die genannten Kosten - etwa im Antrag der Linken - sehe man nicht als realistisch und notwendig an. Eine Änderung des Personalstandes durch einen Beitritt in den KAV solle und müsse erneut diskutiert und beraten werden.
Auch die Sozialdemokraten werden den Antrag des Personalrats unterstützen. Man sei der Meinung, dass diese Maßnahme aus 2005, die die SPD damals schon mehrheitlich abgelehnt hatte, kaum etwas bewirkt habe, sagt Fraktionsvorsitzender Ralf Göck. "Wir sind für den Wiedereintritt in den Kommunalen Arbeitgeberverband, auch um den Rhein-Neckar-Kreis als Arbeitgeber noch attraktiver zu machen."
CDU, Freie Wähler und die FDP hingegen finden den Ist-Zustand jedoch völlig in Ordnung und lehnen einen Wiedereintritt in den Arbeitgeberverband ab. Am Widerstand dieser drei Fraktionen wird der Antrag des Personalrats voraussichtlich scheitern. Denn sie stellen die Mehrheit der Kreisräte.
Der Rhein-Neckar-Kreis sei auch ohne Mitglied im KAV zu sein ein überaus attraktiver Arbeitgeber, der umfangreiche soziale Leistungen anbiete, betont CDU-Fraktionsvorsitzender Bruno Sauerzapf. Es herrsche eine "Win-win-Situation" für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Der Christdemokrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es "lediglich" um eine Stunde Arbeitszeit in der Woche gehe - von allen anderen Teilen des Tarifvertrags würden auch die Mitarbeiter des Kreises profitieren.
Aber diese eine Stunde habe es in sich, so Sauerzapf, denn eine Rückkehr zur 39-Stunden-Woche würde einen Mehrbedarf von 26,5 Stellen erfordern, was eine finanzielle Mehrbelastung von rund 1,5 Millionen Euro für den Kreis zur Folge hätte.
Hans Zellner (Freie Wähler) und Claudia Felden (FDP) blasen ins gleiche Horn. Zellner fügt hinzu, dass es im Falle eines Beitritts zum KAV zu einer größeren "Spreizung" der Arbeitszeit zwischen Angestellten und Beamten (39 beziehungsweise 41 Stunden/Woche) kommen würde. Dies sei nicht akzeptabel.