Vor dem Landgericht Mannheim wird derzeit über eine Schlägerei verhandelt, die sich im Dezember 2018 in Schwetzingen zugetragen hat. Dabei fielen auch zwei Schüsse. Foto: Gerold
Von Volker Widdrat
Schwetzingen/Mannheim. Erst war es nur ein verbales Scharmützel. Doch dann tauschten die beiden Männer nicht nur Beleidigungen, sondern auch Ohrfeigen und Schläge aus. Schließlich zog einer die Pistole und feuerte zweimal. Über das Drama, das sich am späten Abend des 27. Dezember 2018 im Bistro "Rossini" in der Lindenstraße abspielte, wird nun vor der Strafkammer des Landgerichts Mannheim verhandelt.
Ein 36-jähriger Italiener, damals Wirt in dem von seiner Ehefrau betriebenen Lokal, ist wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes angeklagt. Erster Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge wirft ihm vor, mit einer Pistole zweimal auf seinen ebenfalls 36-jährigen Gast geschossen zu haben.
Anfangs hätten andere Gäste den heftigen Streit unterbunden. Der Geschädigte, den Verteidiger Thomas Franz als Nebenkläger vertritt, habe das Café schon fast verlassen, sei aber wieder zurückgekehrt. Der Angeklagte habe dem 36-Jährigen zuerst in den Bauch geschossen. Das Opfer habe den Schützen daraufhin trotz Verletzung zu Boden geworfen und mit Faustschlägen traktiert.
Im Gerangel um die Waffe habe der Angeklagte einen weiteren Schuss abgefeuert, durch den der Nebenkläger eine Verletzung an der linken Hand erlitt. Der gebürtige Sizilianer hatte bei der Tat mehr als ein Promille Alkohol im Blut. Die Angaben zu seiner Person las sein Verteidiger vor. Der Angeklagte äußerte sich nicht. Der gelernte Elektriker, spricht nur wenig Deutsch. Er kam 2010 ins Land und arbeitete zunächst als Hausmeister in Schwetzingen. Parallel dazu war er bei einem Sicherheitsdienst beschäftigt.
Ab 2017 betrieb der Vater von drei Kindern das Café in der Lindenstraße, das zunächst auf seine Frau angemeldet war. Vergangenes Jahr trennte sich das Paar. Von da an habe er dem Alkohol zugesprochen, heißt es in seiner schriftlichen Einlassung. Schon morgens trank er Grappa, danach Wein und Bier. Auch Kokain habe er probiert. Den mit sechs Patronen geladenen Revolver habe er als Bezahlung von einem Gast bekommen.
Eine Polizistin aus Hockenheim, die am Tatort war, berichtete von Blutspuren am Knauf des Treppengeländers und auf den Stufen vor dem Bistro. Das Opfer lehnte sitzend an einem Auto und wurde von Rettungssanitätern versorgt. Die Polizistin befragte auch die Freundin des Angeklagten. "Alle anderen wollten nichts sagen." Der Beschuldigte selbst sei ruhig und unauffällig gewesen.
Ein 36-jähriger Zeuge, nach eigener Aussage ein guter Freund des Angeklagten, erzählte von einer "angespannten Atmosphäre". Nach gegenseitigen Beleidigungen sei es zur körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Es sei schwer gewesen, die beiden Streithähne zu trennen. Als das Gericht wissen wollte, welche Beleidigungen fielen, mauerte der Zeuge. "Der Grund für die Probleme zwischen den beiden war immer Geld", verriet er aber schließlich. Möglicherweise gebe es noch andere Motive, etwa Eifersucht oder der Streit um eine Frau, so die Kammer.
Ein 39-Jähriger, der Vermieter des Geschädigten und zugleich ein Freund des Angeklagten, war am frühen Abend in der Bar. Er habe Karten gespielt, die Stimmung sei gut gewesen: "Wäre ich später noch da gewesen, wäre das nicht passiert." Der aus Sizilien stammende Angeklagte habe den ganzen Abend gegen ihn gestichelt, erklärte der Geschädigte. Dabei sei es vor allem um seine Heimat Kalabrien gegangen. Der Angeklagte habe ihn massiv beleidigt. Deshalb habe er versucht, ihm einen Kopfstoß zu geben. Als der Beschuldigte einen Revolver zog, dachte er: "Der ist nicht echt." Als er die Schusswunden bemerkte, sei er nach draußen gegangen und habe sich hingelegt. Der Angeklagte sei nachgekommen und habe sich unter Tränen entschuldigt: "Nach den Schüssen war er ein komplett anderer Mensch. Wir haben uns eigentlich immer gut verstanden", sagte der Geschädigte.
Der Vorsitzende des Schwurgerichts forderte ihn auf, sich beim Erinnern mehr anzustrengen. Er habe den Angeklagten ein paarmal ermahnt, mit den Beleidigungen aufzuhören, erklärte der 36-Jährige daraufhin. Schließlich habe er die Beschimpfungen nicht länger ertragen und sei auf den Angeklagten losgegangen: "Jetzt siehst du, was Kalabrien ist." Der habe ihm geantwortet: "Verpiss dich, sonst knall ich dich ab." Dabei habe es doch keinen Grund gegeben, die Pistole zu ziehen, so der 36-Jährige.
Der nächste Prozess-Termin, zu dem auch ein Gutachter geladen ist, findet am Donnerstag, 27. Juni, 9 Uhr, statt.