Bereit für die lange Wanderung in die Sargassosee: Ein etwa zehn Jahre alter, weiblicher Aal aus dem Rhein. Foto: Regierungspräsidium KA
Karlsruhe/Mannheim. (cab) Das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) sowie der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg haben am Mittwoch über 110.000 Aale in Rhein und Neckar aussetzen lassen. Unterstützt wurden die Behörden dabei von etwa 100 Anglern. Die Aktion diente dem vom Aussterben bedrohten Europäischen Aal, den es schon längst nicht mehr gäbe, würde der Mensch nicht auf diese Weise nachhelfen. Außerdem gelten für den Aal beim Fischen strenge Schonbestimmungen im Land.
Einst war dieser Fisch weit verbreitet. Von Natur aus schaffen es die Aale heute aber nicht mehr, im Rhein bis nach Mannheim oder Karlsruhe zu schwimmen, geschweige denn bis in den Neckar hinein. Die Jungtiere wurden daher jetzt im Rhein zwischen Iffezheim und Mannheim ins Wasser gelassen, im Neckar zwischen Mannheim und Neckargemünd.
Experten hoffen, dass die Aale nach etwa sieben Jahren wieder die Tausende Kilometer lange Reise in die Sargassosee im Atlantik antreten, um dort in 1000 Metern Tiefe zu laichen. Der Lebenszyklus des Aals ist damit genauso spannend, wie jener des Atlantischen Lachses. Nur eben in umgekehrter Richtung. Denn Lachse laichen im Süßwasser und Aale im Salzwasser.
Rhein und Neckar bieten den jungen Aalen sehr gute Lebensbedingungen. Das Land verfolgt das Ziel, den Aalbestand in den beiden Flüssen wieder naturnäher zu entwickeln. Auch ein wertvoller Beitrag zur heimischen Biodiversität soll damit geleistet werden.
Für seinen Lebenszyklus benötigt der wanderfreudige Aal aber quasi barrierefreie Gewässer. Im Rhein flussabwärts, von der Staustufe Iffezheim aus, gibt es keine Wanderhindernisse. Im Neckar hingegen sind die vielen Staustufen mit ihren Wasserkraftanlagen kritische Stellen, in deren Turbinen die Aale Schaden nehmen können.
Deshalb wurden sie jetzt auch nicht weiter flussaufwärts als bis Neckargemünd eingesetzt. Schutzanlagen für abwandernde Aale sind an den rund 20 Wasserkraftwerken zwar angedacht, jedoch noch nicht gebaut worden. Der Energieversorger EnBW aus Karlsruhe sieht sich hier in der Verantwortung. Das Unternehmen hat daher eine Art Evakuierungsprogramm für abwandernde Aale entwickelt, um zumindest einen Teil der Fische zu retten. Auch das RP versucht seit Jahrzehnten, den Aalbestand im Rhein möglichst stabil zu halten. Dabei stimmt sich die Behörde mit der Fischereiforschungsstelle des Landes ab.
Ein Mal im Jahr werden die Aale entlang des Oberrheins und des unteren Neckars ausgesetzt. Am Mittwoch fuhr ein Fischtransporter wieder die Abladestellen an und übergab die Tiere an Pächter und Anglervereine. Diese ließen die Fische dann zu Wasser. "Die Fischereivereine stehen der Fischereibehörde seit vielen Jahren als zuverlässige Partner des Aalbesatzes zur Seite", betont das RP in einer Mitteilung.
Die ausgesetzten Fische werden als sogenannte "Glasaale" an den Küsten und Flussmündungen von Portugal bis Großbritannien gefangen und zur weiteren Aufzucht in eigens dafür errichtete Aufzuchtanlagen gebracht. Dort werden sie gepäppelt, bis sie ein Gewicht von circa acht bis zehn Gramm haben. Die kontrollierten Haltungsbedingungen sollen hier dafür sorgen, dass die Aale in ausgezeichnetem Gesundheitszustand ausgesetzt werden und möglichst viele von ihnen gute Überlebenschancen haben. Sonst müssten sich die Behörden und Angler nicht die ganze Mühe machen.
Untersuchungen zeigen aber, dass die Aktionen etwas bringen. Nach Angaben der Fischereibehörde steigen die Aalbestände im Rhein in den vergangenen Jahren wieder.