Traditioneller Auftakt: Was mit einem leichten Fegen der Akteure begann, mündete in eine brillante Theaterperformance und eine fulminante Show. Das Publikum war begeistert. Foto: vaf
Von Wolf H. Goldschmitt
Mannheim. Im Duden steht es nicht, das Wort "stompen" als aus dem Englischen eingedeutschtes Synonym für "stampfen". Eigentlich unverständlich, denn seit einem Vierteljahrhundert tut sich allerhand auf den Bühnen der Welt, wenn die internationale Stampfergruppe antritt. "Stomp", das einzigartige Zusammenspiel von Perkussion, Bewegung und Humor füllt seit Jahrzehnten die Konzertsäle rund um den Globus. Auch im ausverkauften Rosengarten Mannheim trampeln und jubeln die Zuschauer nach 100 Minuten akustischem und optischem Dauerfeuerwerk ohne Umweltbelastung.
Zweifellos, das Werk ist und bleibt eine Herausforderung für das Trommelfell mit viel Interaktion mit dem Publikum. Und es ist abwechslungsreich in seinem visuellen und klanglich-rhythmischen Querschnitt. Wo sonst kann man Besen, Radkappen, Mülleimerdeckel, Streichholzschachteln und sogar Benzinfeuerzeuge sehen und hören, mit denen so seltsame und gleichzeitig schöne Musik gemacht wird?
Die Ursprünge der Schau reichen bis ins Jahr 1988 zurück, als der autodidaktische Perkussionist Luke Cresswell und der Schauspieler Steve McNicholas den Kurzfilm "Brooms" ("Besen") drehen. Der Streifen wird für einen Oscar nominiert und die Folgedokumentation "Stomp out loud" für den Fernsehkanal HBO heimst gleich vier Emmy-Nominierungen ein. Der unaufhaltsame Aufstieg der beiden und ihrer Crew beginnt. Vor fünf Jahren verleiht die Universität Brighton den beiden Briten sogar die Ehrendoktorwürde.
Allein schon der Blick auf das schmuddelige, farbenfrohe Straßenszenen-Set verspricht eine Heidengaudi. Die gigantische Kletterwand, an der später herumgestompt wird, ist voll beladen mit Mülltonnen und Plastikrohren. Schilder aus aller Herren Länder garnieren das schräge Erscheinungsbild. Ganz links liest man eine Hommage an den Mann, der die Mannheimer Konzertagentur BB Promotion gegründet und "Stomp" erstmals nach Deutschland geholt hat: "Michael-Brenner-Platz". Die Show beginnt harmlos und traditionell. Mit einfachen Besen betreten die acht Akteure die Bühne. Und was als leichtes Fegen anfängt, mündet in eine brillante Theaterperformance. Der organisierte Wahnsinn hat Methode.
Ob bei rhythmischen Stockkämpfen, beim Zerreißen von Zeitungen oder dem donnernden Schieben von Einkaufswagen, die Mannschaft hat ihr Genre im Griff – sogar Cross-Stage-Jonglieren mit den "Werkzeugen". In einer der wohl faszinierendsten Sequenzen sind Feuerzeuge die Stars. Wenn sie im Takt zu flackern beginnen, wird es still im sonst so lauten Auditorium. Präzise wie eine Maschine, die Kunstlicht in genauem Sekundenabstand aufblitzen und erlöschen lässt, zündeln die Protagonisten der "Stompkultur" ihre "Zippos" mal symmetrisch, mal im Gegentakt. Eine optische und akustische Höchstleistung. Ein Sonderlob auch für die Beleuchter, die wirkungsvoll die Solisten ins rechte Licht rücken oder ausblenden.
Die nie langatmige Performance zum Hören und Sehen lebt auch von den Charakteren. Mozzie, die witzige Super-Mario-Type, lockert fast alle Nummern mit trockenem Humor und Slapstick auf. Sarge, der unumstrittene "Chef" dominiert die ganze Rasselbande und das Publikum. Er belegt, wie leicht es ist, mit nur zweimal Klatschen einen voll besetzten Saal zu faszinieren. Und noch etwas: "Stomp" hat deswegen überall Erfolg, weil seine Kommunikation international ist.
Dominik Schad, der einzige Deutsche in der Mannheimer Besetzung, erklärt die Wirkung: "Musik machen, wie Klatschen oder mit den Fingern trommeln, gibt es seit Anbeginn der Menschheit. In der heutigen industrialisierten Zeit liefert ’Stomp’ den Kontrast zu unserem technologisierten Alltag". Nach zwei Zugaben heißt es "Kehraus" und die fulminante Show endet unspektakulär, wie sie begonnen hat: mit einem über den Bühnenboden fegenden Besen.
Info: "Stomp" gastiert im Rosengarten Mannheim noch am Montag, 30. Dezember, 20 Uhr und am Dienstag 31. Dezember, 19 Uhr.