Marius Müller-Westernhagen. Foto: vaf
Von Philipp Weber
Mannheim. Es läuft erst die dritte Nummer, als die ersten Besucher von den Sitzen springen. Marius Müller-Westernhagen singt, röhrt und jauchzt seinen Uralt-Hit "Mit Pfefferminz" von der Bühne. Im Publikum johlen Studenten, Familienväter und Rentner laut mit, als es heißt: "Pippi ist kein Name und auch kein Getränk, und mancher muss schon rennen, wenn er nur an Pipi denkt." Als der Star die Zuschauer im Parkett endgültig vom Sitzzwang befreit, stürmen Dutzende Menschen vor die Bühne.
Sie haben lange warten müssen: Eigentlich hätte Westernhagens Mannheimer Unplugged-Konzert schon im Oktober steigen sollen. Eine Grippe verhinderte diesen und weitere Auftritte des 69-Jährigen. Der Nachholtermin am Samstagabend in der SAP Arena bringt den 7000 Zuschauern mehr als gute Rock- und Bluesmusik mit allerlei Unfug: Westernhagen, seine Lebenspartnerin Lindiwe Suttle und die starke US-Band schaffen tatsächlich zeitlose Momente.
Schnulzen wie "Weil ich dich liebe" oder Hits wie "Es geht mir gut" kennt jeder, der die letzten 20 Jahre erlebt hat. Älteres Material wie "Taximann" ergänzen den Auftritt und erinnern an Westernhagens Anfänge vor über 40 Jahren. Der Star thront mit Bob-Dylan-Hut inmitten seiner Musiker - und wirkt gerade bei den ruhigeren Songs beinahe entrückt. Geschickt lassen er und seine Band Neuheiten einfließen. Etwa die Singer-Songwriter Nummer "Luft zum Atmen", die Suttle für ihren Mann komponiert hat.
Unterhaltung pur? Nein, ganz ohne Politik macht er’s nicht. Eher nach "Wort zum Sonntag" klingt sein Appell, sich für Demokratie und Gesellschaft zu engagieren. Den Rebell lässt er raus, als er "Rosen" anmoderiert und die Stimmung nach 9/11 umschreibt. Am meisten habe ihn geärgert, dass die "Amis" nur darauf gewartet hätten, "den Afghanen aufs Maul zu hauen". Gerne hätte man die Band nach deren Meinung gefragt.
Musikalisch mutig - und dank etlicher Akustik-Instrumente gelungen - ist die folkige Version von "Willenlos". Ebenso wie die Interpretation von Bowies "Heroes". "Der war beim MTV-Unplugged im Sommer irgendwie dabei", so Westernhagen. Der Rest ist gehobener Standard: "Sexy" eröffnet das Finale, mit "Wieder hier" gibt’s was zum Mitsingen - und schon folgt der Zugabe-Block. Der endet mit "Johnny W.". Die Arena kocht. "Oh wie ist das schön"-Gesänge verabschieden Star und Band von der Bühne - ehe die Musiker unter ohrenbetäubendem Jubel zurückkehren. Dann singt alles: "Freiheit".