Macht zwischen Bedürftigen keine Unterschiede: das Team der Hockenheimer Tafel mit (v.l.) Andrea Engelhardt, Tina Meinhardt, Norbert Drumm und Christiane Schneider. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Hockenheim. "Zucker raffiniert, fein" und Milka-Schokolade liegen im Regal. Cola und Mineralwasser steht in der Ecke am Boden, und Rosenkohl lagert im Gemüseregal. Es ist nicht viel anders als im kleinen Tante-Emma-Laden von einst. Doch einen Joghurt gibt es für zehn Cent, die Preise für Bananen und Äpfel sind ebenfalls der Erwähnung kaum wert. Im rund 22 Quadratmeter großen Lädchen der Hockenheimer Tafel sind viele Lebensmittel extrem günstig zu haben. Allerdings nicht für jeden. Denn einkaufen dürfen hier nur Menschen, die knapp bei Kasse sind.
"Nur wer nachweisen kann, dass er höchstens 410 Euro monatlich zur Verfügung hat, also den Hartz-IV-Satz, darf sich hier bedienen", erklärt Hubert Mitsch vom Kreisverband Mannheim des Deutschen Roten Kreuzes. Er ist zuständig für die Tafeln in Hockenheim, Mannheim und Edingen-Neckarhausen. Wer den Nachweis der Bedürftigkeit mit Hilfe eines Sozialhilfebescheids oder mit Kontoauszügen belegen kann, erhält einen Kundenausweis mit Lichtbild, der ihn berechtigt, in der DRK-Tafel Hockenheim einzukaufen.
Andrea Engelhardt ist eine erfahrene ehrenamtliche Mitarbeiterin der Tafel im Gewerbegebiet Hockenheim. Gerade hat ein Fahrer eine neue Lieferung von Lebensmitteln gebracht, die von Supermärkten in der Umgebung an die DRK-Einrichtung abgegeben wurden. Es handelt sich dabei um Lebensmittel, die kurz vor oder kurz nach dem Ablaufdatum stehen. "Das ist kein Verfallsdatum, sondern ein Mindesthaltbarkeitsdatum", betont Mitsch. Und das sei ein Unterschied. Der Hersteller garantiert die Qualität und Unbedenklichkeit bis mindestens zum aufgedruckten Datum.
Was aber gleichzeitig bedeutet, dass viele Lebensmittel über das Datum hinaus noch genießbar sind. In der Tafel angekommen, werden alle Lebensmittel ausgepackt und stichprobenweise getestet. "Es kommt nichts ins Regal, was wir selbst nicht auch essen würden", sagt Engelhardt. Und es wird alles zu kleinen Preisen verkauft. Nichts wird verschenkt. Auch um den Menschen, die bei der Tafel einkaufen, das Gefühl zu nehmen, sie würden betteln oder für Almosen anstehen. Meistens sind fünf Ehrenamtliche im Laden, um die Kunden ab 15 Uhr zu bedienen. 25 bis 30 Menschen kommen in Hockenheim pro Tag. Und tatsächlich sind es mehr Geflüchtete geworden.
Andrea Engelhardt will auch subjektiv festgestellt haben, dass ein paar deutsche Nutzer nicht mehr kommen, seit die Geflüchteten die klare Mehrheit haben. Aber das soll die Ausnahme sein. Probleme mit Geflüchteten hat man bislang nicht gehabt. Und an eine Vorgehensweise wie in der Essener Tafel, wo man nur noch Deutsche als Berechtigte aufnehmen will, denkt man in Hockenheim nicht einmal im Traum. Insgesamt sind es etwa 30 ehrenamtliche, meist weibliche Helferinnen, die sich wechselweise auf die drei Öffnungstage Dienstag, Donnerstag und Samstag auf Schichten verteilen. Hinzu kommt ein hauptamtlicher Fahrer und ein Beifahrer, der als Ein-Euro-Jobber unterstützend mitarbeitet. Insgesamt hat der DRK Mannheim für seine Tafeln drei Fahrer auf festgelegten Touren im Einsatz.
Von etwa 30 Bäckereien und Supermärkten bekommt man im Umkreis der Rennstadt Ware, die sich regulär nicht mehr verkaufen lässt. Zusätzlich bekommt die Tafel regelmäßig Lebensmittelspenden von Mitbürgern, Vereinen oder auch den Kirchen. Der Kopfsalat ist ein bisschen welk, die Salatgurken sind ein wenig gelblich in der Farbe, und die Cola trägt das Ablaufdatum Februar 2018. "Was heute über den Tag nicht verkauft wird, das werden wir zum Großteil heute Abend endgültig entsorgen. Die Bananen wären morgen alle braun, auch wenn sie im Kühlwagen gelagert werden. Dann kann man die niemandem mehr anbieten", so Mitsch - weder deutschen Bedürftigen noch geflüchteten Mitbürgern.