Von Alexander Albrecht
Frankenthal. Der Vorwurf wog schwer: An der Frankenthaler Stadtklinik sollen schwerstkranke Patienten aus finanziellen Gründen teilweise länger an Beatmungsgeräte angeschlossen worden sein als nötig. Das berichtete die "Süddeutsche Zeitung" 2019. Die pfälzische Stadt schaltete daraufhin Experten ein, die in medizinischer Hinsicht kein Fehlverhalten feststellten. Dafür fanden sie Hinweise auf Abrechnungsbetrug und Untreue, die an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden. In der Folge entließ der Frankenthaler Oberbürgermeister Martin Hebich den langjährigen kaufmännischen Direktor per außerordentlicher Kündigung.
Jetzt dreht der 52-Jährige den Spieß um – und hat laut einer Pressemitteilung Strafanzeige gegen das Stadtoberhaupt sowie dessen Berater und Anwälte erstattet. Die ehemalige Führungskraft argumentiert, Hebich und Co. hätten gegenüber den Arbeitsgerichten in Schriftsätzen "nachweislich unvollständige und unwahre Angaben" gemacht. Dies begründe in der Rückschau den Anfangsverdacht eines "versuchten Prozessbetrugs" und einer "falschen Verdächtigung".
Parteiverrat und Untreue?
"Und es muss bis auf weiteres davon ausgegangen werden, dass die gleichen tatsachenwidrigen Sachverhalte auch den Mitgliedern des Stadtrats unterbreitet wurden", schreibt der Kaufmann. Personalräte und die Staatsanwaltschaft seien von Hebich und seinen Beratern ebenfalls unwahr oder unvollständig informiert worden. Damit sei der Anfangsverdacht des Parteiverrates erfüllt. Das Arbeitsgericht habe die Kündigung in erster Instanz verworfen. Sein Ziel sei und bleibe die Wiederaufnahme seiner Tätigkeit. Die Stelle des kaufmännischen Direktors ist laut der Homepage der Klinik immer noch vakant.
Hebichs Berater, so heißt es in der Erklärung weiter, hätten Honorare in Millionenhöhe verschlungen. "Diese dürften auf Grund der angezeigten Straftaten am Ende unberechtigt sein", argumentiert der Kaufmann. Ein "rechtsgrundloser Ausgleich von Honoraren" begründe wiederum den Anfangsverdacht der Untreue. Um neues Vertrauen zu schaffen, müssten die Ereignisse objektiv aufgearbeitet werden, erklärt die Ex-Führungskraft. Er stehe der Stadt dafür weiterhin mit seiner Fach- und Sachkenntnis zur Verfügung.
Eine Rathaussprecherin sagte der RNZ, der Verwaltung liege die Strafanzeige bislang nicht vor. Die Klinik-Affäre ist allerdings an diesem Mittwoch Thema einer Sondersitzung von Stadtrat und Krankenhausausschuss. Die Fraktion der Freien Wähler hat dazu einen "sofortigen Stopp der noch laufenden Untersuchungen und Beraterleistungen" beantragt.