An Stauenden ereignen sich besonders viele Lkw-Unfälle. Foto: Reichwein
Von Alexander Albrecht
Rhein-Neckar. Konrad Fischer war geschockt, wie er heute sagt. Im März lauschte der Managing Director des Mannheimer Logistikers Contargo einem Vortrag von Verkehrspolizeichef Dieter Schäfer im Hafenclub. Thema: die vielen schlimmen Lkw-Unfälle an Stauenden auf der Autobahn am Walldorfer Kreuz. Fischer war danach schnell klar: "So kann es nicht mehr weitergehen, wir müssen etwas unternehmen."
Und sie tun was: Mehrere Speditionsunternehmen aus der Stadt haben die Präventions-Initiative "Hellwach mit 80 km/h" aus der Taufe gehoben, den Startschuss gaben sie jetzt bei einer Tagung der IHK Rhein-Neckar, die sich wie auch die Mannheimer Versicherung ebenfalls in dem Bündnis engagieren will. Weitere Transportfirmen sind ausdrücklich erwünscht.
Die beteiligten Unternehmen verpflichten sich, dass ihre Fahrer das Tempo-80-Limit auf der Autobahn auch tatsächlich einhalten. "Bisher reizen sie die Geschwindigkeit aus", weiß Schäfer. Die Radargeräte blitzten erst einer Überschreitung von sechs Kilometern pro Stunde. Da die Behörden zudem drei km/h als Toleranz abziehen, macht das Tempo 89. Mit möglicherweise fatalen Folgen: "Plus neun km/h bedeuten einen längeren Anhalteweg des Lasters. Das sind rund zwei Autolängen", erklärt Schäfer.
Andere Zahlenbeispiele sind nicht minder erschreckend: Schon ein 5,5-Tonner zerstört bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 70 km/h zwei Pkw - mit oft tödlichen Folgen. Und: Eine Sekunde Ablenkung bei Tempo 80 verursachen 22 Meter "Blindflug". Die größte Unfallgefahr berge Unachtsamkeit am Steuer, weniger die Geschwindigkeit der "Brummis" und die Abstände zwischen den Fahrzeugen.
Deshalb verbieten die Unternehmen der Initiative auch fahrerfremde Aktivitäten im Cockpit: Filme schauen auf dem Tablet etwa, Auftragspapiere lesen oder WhatsApp-Nachrichten auf dem Handy schreiben. "Wir wollen auch unseren Leuten den Zeitdruck nehmen", sagt Konrad Fischer von der Contargo, die täglich mehrere Hundert Lastwagen auf die Straße bringt. Das Unternehmen stellt 10.000 Euro als Anschubfinanzierung für die Kampagne zur Verfügung.
Schäfer setzt auch auf die Technik. So ist er bei seinen Recherchen auf digitale Verkehrsbeeinflussungsanlagen gestoßen, die in Echtzeit vor der Staugefahr warnen und abgelenkten Laster-Fahrern einen optischen "Weckreiz" ähnlich dem "Blitzen" geben. Bis zur Installation der teuren Geräte würden aber noch viele Jahre vergehen. Einstweilen hofft Schäfer, dass Innenminister Thomas Strobl (CDU) seine Ankündigung vom Februar rasch umsetzt. Danach will das Land einen "Enforcement-Trailer" anschaffen, das ist ein mobiles, automatisches Blitzgerät. Für tägliche Messungen habe die Polizei zu wenige Personal.